29.06.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 243 / Zusatzpunkt 4

Armin SchusterCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur parlamentarischen Kontrolle in Zeiten der großen Koalition

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. von Notz, Herr Dr. Hahn, weil ich nicht Mitglied des NSA-Untersuchungsausschusses war, war es jetzt eigentlich eine amüsante Debatte für mich. Gestern wurde der Abschlussbericht dieses Ausschusses debattiert. Heute kam es mir vor, als wollten Sie systematisch nachtreten.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Wir wollen, dass Sie was zu Sensburgs Mut sagen!)

Dafür hat vielleicht die Zeit gestern nicht ausgereicht. Aber wissen Sie: Nachtreten ist ein klarer Beleg dafür,

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kennen Sie sich mit aus!)

dass die ganze angebliche NSA- und Snowden-Affäre, die Sie als Popanz aufgebaut haben,

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie doch mal was Inhaltliches!)

am Ende nicht dem standhält, was Sie belegen konnten.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, Herr Schuster! Kommen Sie halt in den Ausschuss!)

Sie sind enttäuscht über Ihre Ergebnisse im NSA-Untersuchungsausschuss.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Überhaupt nicht!)

Sie sind enttäuscht, dass Sie nicht einmal fähig waren, ein Sondervotum zu schreiben, das man veröffentlichen kann.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)

Das leben Sie jetzt hier aus. Ich sage Ihnen ganz offen: Dafür ist mir das Thema zu groß, als dass ich es mir von Ihnen mit Ihrer Miesepeterlaune jetzt kleinlich zerreden lasse.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Herr Mayer hat so gut geendet! Und jetzt so was, Herr Schuster! – Frank Tempel [DIE LINKE]: Da spricht der Experte!)

In dieser Wahlperiode hat der Deutsche Bundestag – die Bürger in diesem Land haben uns dafür gewählt – etwas getan wie vielleicht noch nie, nämlich die parlamentarische Kontrolle ausgeübt gegenüber der Bundesregierung. Ich glaube, so gab es das noch nie. Ich hätte mir zu Zeiten der RAF einen Untersuchungsausschuss gewünscht, der so glasklar aufklärt, wie wir das beispielsweise fünf Jahre lang im NSU-Untersuchungsausschuss gemacht haben.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Das wäre gut gewesen!)

Ich weiß als Vertreter einer Regierungsfraktion, wie schlecht gelaunt die Regierung angesichts unserer Aufklärungsarbeit war – ein gutes Zeichen dafür, dass wir hier kontrollieren. Wir haben im Untersuchungsausschuss zum Fall Edathy, in dem ich auch Mitglied war, nichts ausgelassen und keinen Regierungsvertreter geschont, ob das Herr Steinmeier und Herr Gabriel oder – in der ersten Auflage des NSU-Ausschusses – Herr Schäuble waren.

Meine Damen und Herren, dieses Parlament kontrolliert ohne Ansehen der Person.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)

Wir haben damit vielleicht das schärfste Schwert der Demokratie in der Hand, und wir nutzen es. Das darf man nicht kleinreden. Sie haben vollkommen recht, Herr Hartmann: Die Oppositionsfraktionen machen uns klein mit ihrer Debatte. Ich bin der Überzeugung: Wir haben schonungslos das Systemversagen im Fall des NSU aufgeklärt.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sagen Sie mal was zum Oktoberfest! Sagen Sie mal was zum U-Bahn-Mord! Sagen Sie mal was!)

Wir haben im PKGr schonungslos, Herr Dr. von Notz, die BND-Selektoren-Affäre aufgeklärt. Ich kenne Journalisten, die zu mir gesagt haben: So etwas gab es im Deutschen Bundestag noch nie, dass ein PKGr so präzise Schwachstellen aufzeigt, veröffentlicht und dass dann ein BND-Gesetz gemacht wird, das genau das abstellen soll. Meine Damen und Herren, das ist die Königsdisziplin, und die haben wir in dieser Wahlperiode wunderbar absolviert.

Übrigens fällt mir jetzt noch etwas sehr Interessantes ein:

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihnen ist noch was eingefallen? – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt bitte wieder beleidigen! Unbedingt!)

Wer war der Sonderermittler des PKGr in Sachen ­Corelli? Es war der ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete ­Jerzy Montag.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat er gut gemacht!)

Und Sie wollen uns erklären, dass bei uns die parlamentarische Kontrolle nicht funktioniert.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nicht zugehört, Herr Schuster!)

Wir hatten sogar die Größe, einen grünen Bundestagsabgeordneten, mit dem wir sehr zufrieden waren, mit diesem Auftrag zu versehen. Und er hat schonungslos aufgeklärt; das werden Sie ja wohl nicht bestreiten wollen – hoffe ich jedenfalls.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Susanne Mittag [SPD])

Ich kenne Sachverständige, die in der Anhörung zum Thema „PKGr- und BND-Reform“ gesagt haben, das sei epochal, wie wir hier die parlamentarische Kontrolle ausüben. Das ist für mich die Richtschnur.

(Zuruf der Abg. Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Dr. Hahn und Herr Dr. von Notz, ich wiederhole jetzt – wahrscheinlich nicht so gut – die Gedanken von Herrn Hartmann:

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben halt viel Redezeit, Herr Schuster! Das merkt man!)

Wir sind in das Parlamentarische Kontrollgremium nicht von unserer Fraktion gewählt worden. Wir sind mit Kanzlermehrheit vom gesamten Parlament gewählt.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)

Deswegen ist für die Bürger der Vertreter der Grünen oder der Linken in diesem Kontrollgremium in erster Linie Kontrolleur dieses Parlaments.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und warum kann er nicht Vorsitzender werden?)

Wenn Sie das nicht beherrschen und nicht können, dann ist das Ihre Sache.

Ich kann jedenfalls feststellen, Herr Ströbele – ich darf Sie hoffentlich zitieren, obwohl es ein Geheimgremium ist –, dass auch Sie gesagt haben, dass das PKGr sich in dieser Legislaturperiode gewaltig nach vorne entwickelt hat.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Frage des Maßstabs!)

Insofern stellt diese Debatte, die Sie heute führen, die Dinge auf den Kopf. Das lassen wir nicht zu.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht, Herr Schuster! Oktoberfest, U-Bahn, NSU!)

Herr Ströbele, ich möchte schließen mit den Worten: Wir schaffen es nicht, dass wir eine Meinung haben. Aber ich fand es für mich unheimlich wertvoll, Sie erleben zu dürfen. Das sage ich mit vollem Ernst; das sage ich jetzt zum ersten Mal und auch zum letzten Mal. Es war für mich wichtig, mit Ihnen die Stunden im PKGr zu verbringen. Für mich sind Sie eine Person der Zeitgeschichte. Man kann noch so viele Meinungsunterschiede haben: Von Ihnen kann man auch lernen.

Danke schön.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7125407
Wahlperiode 18
Sitzung 243
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur parlamentarischen Kontrolle in Zeiten der großen Koalition
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