Albert WeilerCDU/CSU - Gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf den Tribünen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich musste an mich halten bei der Rede von Frau Karawanskij. Bei uns in Thüringen regiert schon seit einigen Jahren die Linke,
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Da läuft’s!)
und die zu DDR-Zeiten geschiedenen Frauen haben des Öfteren einen Ausgleich von der Landesregierung gefordert. Das ist ja ein Problem, das es nur in Ostdeutschland gibt.
Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?
Die Linke ist aber nicht bereit, auch nur einen Pfennig zu geben.
(Zurufe von der LINKEN)
Man hört nur Ausreden vonseiten der Thüringer Landesregierung. Und was hier abgeht, ist nicht nur nicht schön, sondern unredlich. Es ist schon unerträglich, was man sich hier anhören muss.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Jetzt möchte ich einige Worte zur Rentenangleichung sagen. Die Rentenangleichung in Ost und West haben wir in sieben Schritten geschafft. In 27 Jahren haben wir endlich auch die soziale Einheit geschafft. Als Thüringer Bundestagsabgeordneter bin ich froh, dass die unionsgeführte Bundesregierung einen konkreten Fahrplan für die Angleichung des Rentenwertes verabschiedet hat. In Zukunft wird die Rente in Deutschland einheitlich berechnet. Davon profitieren in den neuen Bundesländern über 6 Millionen Menschen, die derzeit in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dieser Schritt ist dringend notwendig. Schließlich ist das Rentensystem das einzige Sozialsystem in Deutschland, das bisher noch nicht angeglichen ist. Mit der Rentenangleichung schaffen wir noch mehr Rentengerechtigkeit. Der Bund ist sich bei diesem Thema seiner gesamtdeutschen Verantwortung bewusst. Der Bundeszuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung erhöht sich zukünftig dauerhaft um jährlich 2 Milliarden Euro. Damit werden die Beiträge zur Rentenversicherung auf längere Sicht stabilisiert.
(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Die beschlossene soziale Einheit im Rentensystem schafft auch mehr soziale Sicherheit im Alter.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Kollege, es besteht noch Fragebedarf aus der Fraktion Die Linke.
Natürlich, da werden noch mehr Fragen kommen. Aber dann müssen Sie auch die Zeit anhalten.
So viele Fragen werden nicht mehr kommen, lieber Kollege Weiler. Wenn Sie hier darstellen, dass die Ost-West-Renten ab dem Jahr 2025 angeglichen sind, dann muss ich Sie schon fragen: Ist Ihnen bewusst, dass man im Osten im Durchschnitt bei Vollzeitbeschäftigung immer noch 25 Prozent weniger verdient? Renommierte Forschungsinstitute belegen, dass es noch Jahrzehnte dauern wird, die Löhne im Osten an die im Westen anzugleichen, und wir haben die Situation, dass wir diese Hochwertung bzw. Umrechnung – wie immer man das auch nennt – dringend brauchen, damit die Leute im Osten nicht benachteiligt werden. Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass diejenigen im Osten, die jetzt ins System einzahlen, im Jahr 2025 – da gibt es Berechnungen der Deutschen Rentenversicherung, die Sie sicherlich auch kennen – bis zu 100 Euro weniger im Portemonnaie haben werden als die im Westen? Finden Sie das gerecht?
Frau Zimmermann, ich möchte gerne darauf antworten. – Ich war einer derjenigen, die gesagt haben: Vorsicht bei Gleichmacherei! Gerade Sie von der Linken wollten gleiches Recht in Ost und West.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
– Ja, genau, klatschen Sie ruhig. – Aber wenn man gleiches Recht fordert, dann muss man auch gleiches Recht ernten wollen. Wir haben jetzt gleiches Recht, und gleiches Recht heißt: 100 Prozent in Ostdeutschland sind 100 Prozent in Westdeutschland; wenn man von 100 Prozent in Ostdeutschland spricht, meint man auch 100 Prozent in Süddeutschland und 100 Prozent in Norddeutschland.
Wir haben ein immenses Lohngefälle zwischen Schleswig-Holstein und Südbayern. Es wird nie – darauf komme ich nachher zu sprechen – gleiche Löhne in allen Teilen der Bundesrepublik geben. Dafür gibt es auch nicht gleiche Lebenshaltungskosten. Wenn man in München eine Dreizimmerwohnung haben will, zahlt man um die 2 000 Euro, wenn ich in Thüringen, bei mir im Dorf in Milda, eine haben will, zahle ich Gott sei Dank nur 500 Euro.
(Zuruf von der SPD: So ein Glück!)
Das sind 1 500 Euro Unterschied. – Das muss man dabei auch bedenken.
Ihre Gleichmacherei – das muss ich ehrlich sagen – hat genau zu dem geführt, was Sie jetzt bejammern. Ich glaube, an dieser Stelle – an manch anderer Stelle auch – sollten Sie sich etwas zurückhalten. Sie sollten sich auch beim Beschimpfen anderer Parteien zurückhalten.
(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Warum denn? So ein Quatsch! Man muss schon sagen, wie es ist!)
Das würde Deutschland helfen, das würde auch Thüringen helfen, es würde uns allen helfen, besonders hier im Bundestag.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Rentenreform reiht sich in eine Vielzahl weiterer Reformen ein, die unsere von Angela Merkel geführte Bundesregierung zur Stärkung des Rentensystems in dieser Legislatur auf den Weg gebracht hat. Dazu gehört – das muss man in den Ohren klingen lassen – die Ausweitung der Mütterrente, die Verbesserung der Erwerbsminderungsrente, die Einführung der Flexirente und die Verabschiedung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, wir haben unser bestehendes Rentensystem nachhaltig gestärkt; wir haben unsere Hausaufgaben ernst genommen. Wir haben die gesetzliche Rentenversicherung verbessert, und sie steht gut da.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Höhe der Renten hat sich sehr positiv entwickelt. In den Jahren 2014 bis 2017 ist sie insbesondere in Ostdeutschland um bis zu 15 Prozent gestiegen. Den aktuellsten Zahlen zufolge wird sie in Ostdeutschland dieses Jahr im Juli noch einmal um 3,59 Prozent steigen. Insgesamt nähert sich der Rentenwert im Osten damit weiter an den Rentenwert im Westen an; er beträgt mittlerweile schon 95,7 Prozent und steigt damit sogar schneller als im Abschlussgesetz vorgesehen.
(Thomas Jurk [SPD]: Durch den gesetzlichen Mindestlohn!)
– Genau. – Unsere starke Wirtschaft und die erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik der von Angela Merkel geführten Bundesregierung machen diese Steigerung möglich.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Sie hat genau was alles gemacht?)
Meine Damen und Herren von der Linksfraktion, regen Sie sich wieder ab. Angesichts dieser positiven Entwicklung ist Ihr Antrag nichts als purer Populismus. Sie versuchen hier wieder einmal, Ost gegen West auszuspielen, anstatt die gelungene Wiedervereinigung zu feiern.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Kurz vor der Wahl mit einfachen Lösungen auf Stimmenfang zu gehen, finde ich absolut unredlich. Sie fordern in Ihrem Antrag wieder einmal Gleichmacherei, die den vielfältigen Lebensverhältnissen in Deutschland eben nicht gerecht wird.
Schon immer hat es in Deutschland Unterschiede gegeben – ich habe es eben schon gesagt –, und die Unterschiede wird es auch immer geben. Es macht eben doch einen Unterschied, dass man in einem Ort, in dem man vielleicht 100 Euro mehr verdient, vielleicht auch 300 Euro mehr zahlen muss, zum Beispiel für die Miete. Sie wollen wieder eine Mauer, damit Sie alle Menschen – aber nur nach Ihren Vorstellungen – gleichmachen können und niemand flüchten kann. Dies, meine Damen und Herren, ist aber Gott sei Dank vorbei.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, ich komme nun zu einem zweiten Antrag der Linken, der eine tatsächliche Ungerechtigkeit anspricht. Es geht hier um das Schicksal der in der DDR geschiedenen Frauen und deren Rentenansprüche nach der Überleitung des DDR-Alterssicherungssystems in das bundesdeutsche Recht – ein Thema, das mir schon lange auf den Nägeln brennt und mir persönlich sehr wichtig ist. In den letzten drei Jahren habe ich den Verein der in der DDR geschiedenen Frauen in meinem Wahlkreis in Gera viele Male besucht. Außerdem habe ich Briefe geschrieben, Telefonate geführt und sogar die ehemals zuständige Ministerin auf diese Frage persönlich angesprochen.
Mein Ziel ist es, eine konstruktive und mehrheitsfähige Lösung bzw. Möglichkeit zu finden, das Anliegen dieser Frauen umzusetzen.
Meine Damen und Herren, in der Vergangenheit wurden immer wieder viele Gründe aufgeführt, warum das eben nicht gehen soll. Dazu gehört vor allem der Hinweis auf das geltende Rentenüberleitungsgesetz. Aber leider sind bis heute die Auswirkungen dieses Gesetzes für bestimmte Gruppen unbefriedigend. Der Verein der in der DDR geschiedenen Frauen e. V. hat auf eindrucksvolle Weise wiederholt auf das Anliegen der Betroffenen aufmerksam gemacht.
(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Da könnte man doch was machen, oder?)
In Gesprächen mit vielen Abgeordneten und mit Ministerien haben sie sich für ihre Sache eingesetzt. Mit Petitionen sowie in mehreren Verfahren und Gerichtsprozessen auf Landes- und Bundes- und sogar EU-Ebene haben sie für ihre Sache gekämpft.
(Daniela Kolbe [SPD]: Dann schreiben Sie das in Ihr Regierungsprogramm rein!)
Dieses Engagement hat mich tief beeindruckt. Ich habe großen Respekt vor den Leistungen jener Frauen, die oft in hohem Alter viel Kraft aufwenden, um ihre Belange durchzusetzen.
Weil mir dieses Thema sehr am Herzen liegt, habe ich gemeinsam mit meinem Kollegen Tankred Schipanski in einem Brief an die damalige Bundesministerin Schwesig die Forderung gestellt, einen Lösungsentwurf zu erarbeiten. Dieser ist aus meiner Sicht angebracht. Mir liegt mittlerweile ein Antwortschreiben von der Parlamentarischen Staatssekretärin, Frau Elke Ferner, vor. Dieses Schreiben ist zwar fast drei Seiten lang, aber einen konstruktiven Vorschlag finde ich darin leider nicht.
(Thomas Jurk [SPD]: Was sagt denn Frau Merkel dazu?)
Allerdings spielt die Staatssekretärin den Ball zurück zum Bundessozialministerium, das aus ihrer Sicht für die Rentenangelegenheiten federführend ist. Ich muss leider feststellen, dass hier ein SPD-geleitetes Ministerium einem anderen die Verantwortung zuwirft,
(Katja Mast [SPD]: Was hat nun Merkel gemacht? Frau Merkel kennt doch alles!)
ohne dabei auch nur ansatzweise einen Lösungsvorschlag zu präsentieren.
(Daniela Kolbe [SPD]: Was macht denn Frau Merkel in der Sache?)
Das hilft den betroffenen Frauen nicht weiter. Der Hinweis auf künftige Wahlprogramme und ein Gesprächsangebot unter Ausschluss der engagierten CDU-Abgeordneten macht es dabei nicht viel besser.
Aus diesem Grund möchte ich heute an dieser Stelle wiederholt selbst für einen Lösungsvorschlag werben. Hören Sie zu! In unserem umlagefinanzierten Rentensystem leisten Mütter einen wichtigen Beitrag zum Generationenvertrag. Kindererziehungszeiten sollen daher bei der Rente berücksichtigt werden. Dieser Gedanke ist bereits bei der Mütterrente angewandt worden und sollte nun auch Grundlage möglicher Lösungsvorschläge für die Altersversorgung der in der DDR geschiedenen Frauen sein. Ein entsprechender kindbezogener Ausgleichsfonds wäre aus meiner Sicht hier eine sinnvolle Lösung.
(Daniela Kolbe [SPD]: Ein „kindbezogener Ausgleichsfonds“!)
Nach meinen Recherchen haben der Druck und die Nachhaltigkeit der Forderungen der vielen in der DDR geschiedenen Frauen und vielleicht auch der Druck von Kollege Schipanski und mir dazu geführt, dass sich die SPD jetzt doch einen Schritt nach vorne bewegt hat,
(Lachen der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke)
was mir spätestens für die nächste Legislatur Zuversicht gibt.
Eine Kurzschlussreaktion, wie sie die Linke hier fordert, ist in einem Monat sicher nicht zu erreichen. Daher kann ich dem vorliegenden Antrag leider nicht zustimmen.
Meine Damen und Herren, soziale Einheit bedeutet auch, dass niemand in Deutschland bei der Rente ungerecht behandelt werden darf. Ich werde mich weiterhin persönlich für eine gute Lösung in dieser Angelegenheit einsetzen, damit den betroffenen Frauen auch nach so langer Zeit endlich geholfen werden kann.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Bevor wir die Aussprache fortsetzen, erteile ich dem Kollegen Lenkert für die Fraktion Die Linke das Wort für eine Kurzintervention. Ich betone „kurz“; wir haben schon eine Stunde Verzug.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7125645 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 243 |
Tagesordnungspunkt | Gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West |