Wilhelm PriesmeierSPD - Verordnung über den Umgang mit Nährstoffen
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für mich ist heute nicht Wehmut angesagt. Ihr kennt mich alle als jemanden, der immer aufrecht und geradlinig im Deutschen Bundestag für seine Ziele gekämpft hat, im Sinne seiner Fraktion und für die Sache. So ist es auch heute Abend. Ich freue mich, dass ich das Projekt, das ich vor sechs Jahren begonnen habe, die Novellierung unseres Düngerechts, längst überfällig, heute zumindest mit dem dritten Teil, der noch fehlt, abschließen kann.
Ich glaube, dass wir den eben geprägten Begriff, das sei dann die Priesmeier-Bilanzverordnung, in der Schublade verschwinden lassen sollten. Das kann man vielleicht im Nachhinein, ex post, beurteilen. Zu viel Lob ist auch nicht angesagt. Es stört mich aber auch nicht, dass dieser Begriff für heute geprägt worden ist. Aber ich glaube, er hat keinen Bestand.
(Heiterkeit bei der SPD)
Ich freue mich jedenfalls, dass wir damit den notwendigen Paradigmenwechsel, den wir längst hätten vollziehen müssen, jetzt endlich vollziehen können. Es geht vordergründig zunächst einmal um die Umsetzung der Nitratrichtlinie aus dem Jahr 1991. Das hat lange gedauert. Wir sind seit 2013 im Vertragsverletzungsverfahren. Das macht deutlich, dass es aus den unterschiedlichsten Gründen und Interessen schwer war, mit allen eine Einigung zu erzielen. Das muss man auch nicht, wenn man Politik macht. Man muss vielmehr eine klare Linie haben. Man muss hinterher aber auch einen vernünftigen Konsens finden, der für alle tragfähig ist und der die wirtschaftliche Existenz der Betriebe, die in besonderer Weise betroffen sind, nicht infrage stellt. Ich glaube, das ist gelungen.
(Beifall bei der SPD)
Nicht alles ist perfekt. Geholfen hat mir dabei natürlich die Entschlossenheit der Kommission. Das Klageverfahren, das in Luxemburg auf dem Tisch lag, hat natürlich die Einsichtsfähigkeit des großen Deutschen Bauernverbandes ein bisschen befördert. Nachdem von dort aus Konsensbereitschaft signalisiert wurde, gab es auch im Rahmen der Koalition mit dem Koalitionspartner ein ausreichendes Fundament, um das Düngepaket letztendlich nicht nur auf den Weg zu bringen, sondern auch zu verhandeln und zum Erfolg zu führen. Das hoffe ich jedenfalls.
Mit dem neuen System, das die Bruttobilanzierung neben der Bedarfsorientierung umfasst, schaffen wir Transparenz und Vergleichbarkeit. Nicht nur der Bedarf ist hinterher Grundlage für die Düngung, sondern auch die Immissionsbetrachtung. Wie viel wird in die Umwelt freigesetzt, und wo bleibt der Eintrag? Wir wissen alle um den Zustand vieler Gewässer, vor allem in den Regionen, wo wir eine hohe Veredelung und Verdichtung haben. Dort gibt es dringenden Handlungsbedarf.
Für die Kontrolle der Verbesserung dieses Zustands haben wir mit dieser Verordnung und mit der Gesetzgebung in Gänze die Grundlagen gelegt. Wir haben das justiziabel gemacht; die alten Vorgaben waren das nicht.
Insofern haben wir es möglich gemacht, dass man zukünftig, wenn wir das Bruttobilanzierungssystem als Grundlage nehmen, mit der Weiterentwicklung der Grundlagen, die wir an sich noch gebraucht hätten, die wir aber im Augenblick nicht haben, einfach Daten aus der betrieblichen Buchführung für diese Bilanzierungsvorgänge übernimmt, um hinterher Rückschlüsse über die Fläche und über die Frage, ob der Betrieb mehr oder weniger als die zulässige Menge an Nährstoffen ausgebracht hat, zu ziehen. Das wird dann einfacher sein, aber diese Grundlagen haben wir im Augenblick noch nicht. Deshalb sind die verschiedensten Verstöße noch nicht durch Bußgelder sanktioniert. Sie führen dazu, dass der Betrieb eine Beratung in Anspruch nehmen muss. Erst wenn er das nicht tut, wird gegen ihn ein Bußgeld verhängt. Ich glaube, das ist der richtige Weg. Wir müssen das, was wir auf die Schiene gesetzt haben, ans Laufen bekommen.
(Beifall bei der SPD)
Wir haben durchgesetzt, die Biogasanlagen in Gänze einzubeziehen. Das war vorher nicht der Fall. Wir haben auch durchgesetzt, dass wir die jetzigen Vorgaben bis zum 31. Dezember 2022 befristet haben. Das wird die dann im Amt befindliche Bundesregierung dazu verpflichten, dieses System, das wir jetzt anschieben, letztendlich in der Weise zu verfeinern und zu verbessern, dass es ein effizientes und wirksames Instrument sein wird, um hinterher unsere Umwelt vor übermäßigen Emissionen zu schützen. Es wird vielleicht auch einen Beitrag leisten, dass wir der Wasserrahmenrichtlinie, der NERC-Richtlinie und der Meeresschutzrichtlinie, die wir noch zu erfüllen haben, entsprechen können.
Ob das ausreichend ist, zweifle ich mit Blick auf die Größen und die Vorgaben an. Da hätten wir mehr erreichen können. Wir haben nur das Notwendige getan; mehr war leider nicht machbar. Aber ich glaube: Das ist der erste Aufschlag. Er muss weiterentwickelt werden – dann natürlich von Kollegen, die in diesem Hause sind; ich werde das dann nicht mehr sein.
Aber ich freue mich natürlich heute nicht nur über den Besuch bei der kleinen Feier, die ich veranstaltet habe, sondern auch darüber, dass ich in Gänze von allen Fraktionen letztendlich, auch vom Koalitionspartner, im Wesentlichen vom Kollegen Westermayer und vom Kollegen Holzenkamp, die entsprechende Unterstützung erfahren habe, um dieses Paket so zu verhandeln.
Wir waren häufig am Rande des Scheiterns, aber irgendwie haben wir es dann doch zusammenbekommen in der Erwartung, dass wir der Umwelt natürlich auch etwas Gutes tun. Zu viel Dünger – das weiß jeder – kostet nur Geld. Die Reduzierung des Düngereinsatzes spart Ressourcen in den Betrieben. Aber es wird nicht ganz einfach sein. Das wird viele Betriebe vor allen Dingen in den Veredelungsregionen an die Grenze ihrer Möglichkeiten führen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob alle diese Grenze letztlich werden ertragen können. Einige werden das vielleicht nicht können. Das muss man der Ehrlichkeit halber sagen.
Wenn ich meine 15 Jahre im Deutschen Bundestag rekapituliere, erinnere ich mich noch an meine erste Rede hier. Da saß da vorne Ernst Hinsken. Der machte den ersten Zwischenruf. In der Folge gab es 19 Zwischenrufe in 7 Minuten Redezeit, aber ich habe die Redezeit um 2 Minuten überzogen.
(Heiterkeit bei der SPD – Katharina Landgraf [CDU/CSU]: Da sind wir sehr brav heute!)
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, meinen Dank richte ich an euch, an Sie alle. Bei den „Agrariern“ hat man sich im Regelfall immer geduzt, was in anderen Debatten nicht immer üblich ist. Aber das ist auch ein vernünftiges Zeichen, wie man miteinander in der Politik umgeht. Ich finde: Geradlinigkeit ist angesagt. Ehrlichkeit ist angesagt. Eine klare Ansprache ist angesagt. Dann, glaube ich, wird es mit der Agrarpolitik und den agrarpolitischen Debatten im Deutschen Bundestag auch in Zukunft die richtigen Ergebnisse und die richtigen Abstimmungen geben.
Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gelegentlich sieht man sich vielleicht auch noch mal wieder bei anderen Anlässen. Das hoffe ich zumindest. Wir alle sind ja nicht aus der Welt. Wenn ich in die Runde schaue, glaube ich schon: Es gibt genug Anlässe, die ich immer auch gern wahrgenommen habe. Da treffen wir uns dann und machen noch das eine oder andere obendrauf.
Vielen Dank.
(Lebhafter Beifall bei der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, lieber Wilhelm Priesmeier. – Ich kann mir von hier aus keine agrarpolitische Debatte vorstellen, an der du nicht teilnimmst und nicht mit uns debattierst. Aber wir wünschen jedenfalls von hier aus alles Gute und bedanken uns noch einmal für dein Engagement zum Wohle der Agrarwirtschaft in Deutschland als jemand, der immer wieder versucht hat, hier Kompromisse zu schmieden. Danke schön dafür.
(Beifall)
Nächster Redner ist der Kollege Friedrich Ostendorff für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7125692 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 243 |
Tagesordnungspunkt | Verordnung über den Umgang mit Nährstoffen |