29.06.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 243 / Tagesordnungspunkt 24

Marcus HeldSPD - Gesetz zur EU-Richtlinie über Versicherungsvertrieb

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die äußeren Umstände lassen es heute Abend nicht zu, dass jeder pünktlich zum Reichstag kommen kann. Aber jetzt bin ich da, um für die SPD-Fraktion zu der wichtigen Versicherungsrichtlinie, zur sogenannten IDD, zu sprechen. Das ist heute Abend ein wichtiges Thema. Wir wollen das noch in dieser Wahlperiode verabschieden, bevor es dann morgen noch zum Höhepunkt kommen wird.

Wir haben uns, was die IDD betrifft, sehr intensiv beraten. Seitdem uns der Entwurf der Europäischen Union am 20. Januar 2016 zugegangen ist, haben wir uns über ein Jahr Zeit gelassen. Wir haben erhebliche, intensive Prüfungen vorgenommen und Gespräche mit allen Beteiligten geführt – eben nicht nur, wie gerade behauptet worden ist, mit der Branche, sondern auch und vor allem mit den Verbraucherschützern und den Verbraucherschutzverbänden. Darauf werde ich aber noch im Einzelnen kommen.

Uns ist – deshalb freue ich mich, dass das Gesetz jetzt so zur Umsetzung kommt – die Weiterbildungspflicht wichtig. Denn wir wollen mehr Qualität bei den Versicherern – und damit beim Verbraucher – haben. Für Gewerbetreibende und die unmittelbar bei der Vermittlung und Beratung mitwirkenden Beschäftigten haben wir eingeführt, dass es pro Jahr mindestens 15 Stunden Weiterbildung geben muss. Diese Pflicht ist hier auch entsprechend aufgenommen worden. Das Nähere wird eine Verordnung regeln, die wir mit einem entsprechenden Parlamentsvorbehalt versehen haben, sodass sich das Hohe Haus in der kommenden Wahlperiode mit den Details der Weiterbildung zu befassen hat.

Wir haben auch dadurch für mehr Verbraucherschutz gesorgt, dass wir mit diesem Gesetz die Beratungspflicht verschärft haben. Künftig ist die Beratung auch für den Fall notwendig, dass der Vertrag im Rahmen eines sogenannten Fernabsatzes geschlossen wird. Also auch im Onlinegeschäft gibt es künftig keine Privilegierungen gegenüber den normalen Versicherungsvermittlern und Versicherungsmaklern. Das war uns sehr wichtig.

Wir haben entgegen dem, was ursprünglich in der Diskussion behandelt wurde, eine neue Situation. Im Ergebnis haben wir jetzt nämlich gesagt: Die Versicherungsvermittler sollen weiterhin gegenüber Privatkunden sowohl auf Honorarbasis als auch auf der Basis von Provisionen arbeiten können. Hier hat der ursprüngliche Entwurf der Bundesregierung noch eine strikte Trennung vorgesehen. Wir sind aber der Meinung: Honorarversicherungsberater sollen künftig im Umkehrschluss nicht nur beraten, sondern auch Versicherungen vermitteln dürfen. Sie sollen für ihre Leistungen ausschließlich von den Kunden, nicht aber von den Versicherungen bezahlt werden. Wir schaffen mit diesem Gesetzentwurf also alle Flexibilität in alle Richtungen und nehmen hier keine scharfe Trennung vor, wie das ursprünglich vorgesehen war.

Das Thema der letzten Tage und Wochen war die Restschuldversicherung. Man hätte fast den Eindruck gewinnen können, dass es bei der IDD nur um die Restschuldversicherung gegangen ist. Es war ganz im Gegenteil, aber dieses Thema hat uns in der öffentlichen Diskussion noch einmal sehr beherrscht.

Deshalb haben wir gesagt: In diesen Gesetzentwurf werden besondere Regelungen zur Restschuldversicherung aufgenommen. Anlass dafür war vor allem, dass bei Verbrauchern in vielen Fällen der falsche Eindruck erweckt worden war, ein Darlehen nur dann zu erhalten, wenn auch eine Restschuldversicherung abgeschlossen wird.

Gleichzeitig sind sich viele Verbraucher nicht bewusst, welche Risiken eine Restschuldversicherung tatsächlich abdeckt und welche Kosten damit verbunden sind. Die Verbraucher sollen daher losgelöst von der konkreten Verkaufssituation im Abstand von einer Woche nochmals besonders darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Vertrag zur Restschuldversicherung widerrufen werden kann, ohne dass damit verbunden auch der Darlehensvertrag gefährdet würde.

Dabei muss auch das vollständige Produktinformationsblatt mit übermittelt werden, damit die Betroffenen künftig nochmals die Gelegenheit bekommen, den Abschluss der Restschuldversicherung zu überprüfen und zu überdenken. Insofern sind wir auf die Forderung nach der zeitlichen Trennung, die eben auch von der Kollegin genannt worden ist, sehr wohl eingegangen.

Es freut mich ebenfalls, dass wir den § 155 ins VVG aufnehmen konnten, nämlich die Verpflichtung, dass künftig Versicherungsnehmer bei Versicherungen mit Überschussbeteiligung jährlich in Textform über die Entwicklung der Ansprüche unterrichtet werden müssen. Dies ist bisher nicht ganzheitlich geregelt, und das ist auch eine Verbesserung, die vom Verbraucherschutz gefordert worden ist.

Ich möchte mich zum Schluss ganz herzlich für die gute Zusammenarbeit und die konstruktiven Diskussionen bedanken, die wir insbesondere auch in der Koalition zu diesem Thema führen durften.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch noch einmal ganz herzlich bei Frau Lanzinger bedanken, die eben schon verabschiedet worden ist. Frau Lanzinger, die roten Nelken werden wir Ihnen noch nachschicken. Es hat immer viel Spaß gemacht mit Ihnen, und ich hoffe, dass Sie noch an die Weißwurst denken, die wir gemeinsam verzehren wollen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ganz herzlichen Dank für die Zusammenarbeit an dieser Stelle genauso an den Kollegen Flosbach, der heute Abend ja auch seine letzte Rede hier im Hohen Hause halten wird.

Ein Dankeschön aber auch an alle, die bei der öffentlichen Anhörung mit dabei waren; denn diese öffentliche Anhörung hat uns tatsächlich zu einem Umdenken in vielen Bereichen veranlasst. Deshalb ist es, glaube ich, ganz wichtig, darauf hinzuweisen, dass das Struck’sche Gesetz hier in besonderem Maße Geltung hat und dass solche öffentlichen Anhörungen kein Schaulaufen sind und von den Fraktionen nicht für Demonstrationen und die Vermittlung ihrer Auffassungen genutzt werden, wie immer wieder behauptet wird. Nein, hier war es im Gegenteil so, dass wir uns tatsächlich von den fachlichen Aussagen und von den Aussagen der Branche sowie vor allem auch der Verbraucherschutzverbände haben leiten lassen. Darauf sind wir im Ergebnis ganz besonders eingegangen.

Ich denke, die Kriterien Verbraucherschutz und Qualitätsverbesserung stehen im Mittelpunkt dieses Gesetzentwurfes. Deshalb freue ich mich, dass wir zum Abschluss der Wahlperiode die wichtige IDD in dieser Form umsetzen können.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das Wort hat jetzt die Kollegin Nicole Maisch für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7125743
Wahlperiode 18
Sitzung 243
Tagesordnungspunkt Gesetz zur EU-Richtlinie über Versicherungsvertrieb
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