30.06.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 244 / Zusatzpunkt 12

Elisabeth Winkelmeier-BeckerCDU/CSU - Netzwerkdurchsetzungsgesetz

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Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir bringen heute ein wichtiges Gesetzgebungspaket auf den Weg. Anspruchsvolle Arbeit liegt hinter uns. Und wer hier wen überfordert hat, das muss man vielleicht der öffentlichen Bewertung überlassen. Ich stelle jedenfalls fest, dass wir einen Gesetzentwurf gehabt haben, der in der Anhörung von den Sachverständigen unisono sehr stark kritisiert worden ist. Wir haben uns dann aber in sehr konstruktive Beratungen begeben. Gerade wir von der Union haben uns mit sehr guten Vorschlägen eingebracht, die auch von den Experten ausdrücklich gelobt worden sind. Ich glaube, dass sich das Ergebnis, das wir heute vorlegen, sehen lassen kann.

Bei dem heutigen Projekt geht es um sehr viel; es geht nämlich mal wieder um nicht weniger als um den Primat der Politik, um die Frage: Wer bestimmt die Regeln?

Das erinnert mich an die Diskussionen, die wir hier vor einigen Jahren um den Primat der Politik gegenüber den Finanzmärkten geführt haben. Damals ging es darum, wer eigentlich bestimmt, gegen welchen Staat gewettet werden kann und wie die Regeln lauten. Auch da ging es darum, dass sich der demokratisch legitimierte Gesetzgeber mit den Regeln, die er für die analoge und die digitale Welt aufstellt, durchsetzt. Darum geht es auch hier. Wir dürfen das Internet nicht wie bisher den Konzernen überlassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wir dürfen es nicht den Konzernen überlassen, die die Holocaustlüge für nicht so schlimm halten, auf der anderen Seite aber jeden Busen eliminieren, egal ob es sich um einen medizinischen Kontext oder was auch immer handelt. Wir dürfen es auch nicht den Hetzern und Mobbern überlassen, die meinen, dass sie die Anstandsregeln komplett hintanstellen können, sondern wir müssen wirklich die Regeln setzen.

Das ist nicht leicht. Viele Netzwerkbetreiber haben sich eine Zeitlang überhaupt nicht darum geschert und nur ganz langsam – auf großen Druck – reagiert. Das ist aber auch technisch nicht einfach; das muss man zugestehen. Trotzdem ist es notwendig, denke ich, auf jeden Fall das zu tun, was möglich ist; denn sonst bleibt die Schülerin, die in der Umkleidekabine fotografiert wird und deren Bild in die Netzwerke gestellt wird, schutzlos. Sonst bleiben die Politikerin und der Politiker und auch der Schiri, dem nach dem Spiel gedroht wird, schutzlos. Und das geht nicht. Deshalb ist es gut, dass wir hier heute die Facebooks dieser Welt in die Pflicht nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wie das funktioniert? Innerhalb von 24 Stunden müssen die eindeutig rechtswidrigen Posts gelöscht werden. Innerhalb von 7 Tagen müssen auch schwierigere Dinge jedenfalls bearbeitet sein. Wenn sich herausstellt, dass man erst rückfragen muss, dann ist auch dafür die notwendige Zeit gegeben. Daneben haben wir die regulierte Selbstregulierung eingeführt.

Ich denke, mit diesem neuen Angebot – dieser Struktur, die wir neu eingeführt haben – haben wir die Gefahr des Overblockings gut gebannt.

Mit dieser gestuften Fristsetzung haben wir erreicht, dass nicht schon im vorauseilenden Gehorsam wegen der Androhung eines spürbaren Bußgeldes auf Nummer sicher gegangen und vieles gelöscht wird, was doch eigentlich hätte stehen bleiben können.

Es wurde klargestellt, dass eine Entscheidung des Bundesamts für Justiz, möglicherweise Sanktionen zu verhängen, nur dann erfolgen kann, wenn wirklich systemische Mängel nachgewiesen sind. Nicht die einzelne Entscheidung ist es, die dafür zum Anlass genommen werden kann, sondern es muss sich insgesamt herausstellen, dass das Beschwerdesystem nicht funktioniert, dass es unterfinanziert, unterbesetzt oder nicht qualifiziert ist.

Wir haben also, wie gesagt, die regulierte Selbstregulierung eingeführt, und sie hat noch mehr Potenzial. Wir hätten gerne schon jetzt in den Gesetzentwurf geschrieben, dass diese Selbstregulierung maßgeblich in die Beantwortung der Frage mit einbezogen werden kann, ob das System insgesamt ausreichend ist.

Dieses Instrument, das wir jetzt im Gesetzentwurf angelegt haben, wird weiter auszubauen sein. Obwohl wir einen konkreten Formulierungsvorschlag dafür hatten, wurden unsere Vorschläge jetzt noch nicht übernommen. Es mag sein, dass auch das Notifizierungsverfahren dabei ein Stück weit eine Rolle gespielt hat. Wir werden dabei aber nicht stehen bleiben, sondern das Instrument noch weiter ausbauen. Mit ihm ist eine sehr gute Systematik gegeben, um einen Ausgleich zwischen Meinungsfreiheit auf der einen Seite und Kontrolle im Sinne des Persönlichkeitsschutzes auf der anderen Seite zu schaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wichtig ist für uns auch der Aspekt – Frau Künast hatte es schon angesprochen –, dass dieses Gesetz für andere Länder eine Blaupause sein kann. Ich glaube, dass sehr stark beobachtet wird, was wir hier liefern. Wir sind das erste Parlament, das sich mit dieser Aufgabe auseinandersetzt.

Ich glaube, in diesem Zusammenhang stellt die Struktur der regulierten Selbstregulierung einen ganz wichtigen Vorschlag dar. Wenn sich nämlich die Erdogans oder Putins dieser Welt darauf berufen, dass Deutschland ja jetzt auch das Internet und damit die Meinungsfreiheit reguliert, dann können wir ihnen entgegenhalten: Der Staat will hier nicht das Monopol haben, sondern er bietet konkret an, dass diese Regulierung durch ein gesellschaftlich plural besetztes Gremium geschieht. Mit diesem Vorschlag können sich die Diktatoren dieser Welt gerne mal auseinandersetzen. Wir stärken gerade nicht die staatliche Durchgriffsbefugnis, sondern die gesellschaftlichen Kräfte.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Uns ist auch der Auskunftsanspruch wichtig. Wir sagen: Die strittigen Dinge müssen von einem Gericht entschieden werden. Genau dieser Auskunftsanspruch ist aber die Voraussetzung dafür, dass einzelne Fälle vor ein Gericht gebracht werden können. Deshalb ist auch das ein wichtiger Beitrag.

Wir sind in diesen Fragen noch nicht am Ende der Diskussion, aber ich bin am Ende meiner Rede. Ich bitte um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Johannes Fechner das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7125803
Wahlperiode 18
Sitzung 244
Tagesordnungspunkt Netzwerkdurchsetzungsgesetz
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