Michaela Noll - Urheberrechts-Wissensgesellschafts- Gesetz
Frau Präsidentin! Verehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Ende des vergangenen Jahres gab es große Unruhe an den Hochschulen. Viele Hochschullehrer und Professoren haben befürchtet, dass sie ihre Lehrinhalte bzw. Auszüge aus Werken nicht mehr in ihre elektronischen Semesterapparate einstellen können und dass die Studierenden wieder in die Sekretariate gehen müssen, um aus Papierordnern zu kopieren. Das ist Studierenden im Jahr 2017, in Zeiten der Digitalisierung, nicht zumutbar.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es entspricht auch nicht dem Anspruch Deutschlands, innovativ und zukunftsgewandt zu sein. Deshalb freue ich mich sehr, dass wir heute nach langen Diskussionen die vorliegende Novelle zum Urheberrecht am letzten Sitzungstag noch verabschieden. Viele haben darauf gewartet: die Bibliotheken, die Schulen und die Archive, aber vor allen Dingen die Forschungseinrichtungen und die Hochschulen. Diese haben sich besonders engagiert.
(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])
Mit dem Gesetz schaffen wir einen neuen Rechtsrahmen, der für den Umgang mit urheberrechtlich geschützten Werken in Wissenschaft und Lehre gut ist. Das, was wir bisher hatten, ist nicht praxistauglich und passt vor allen Dingen nicht zu den modernen Formen, zur Digitalisierung. Mit diesem Gesetz wird das Problem nun gelöst. Es ist rechtssicher und praktikabel. Des Weiteren regelt es Sachverhalte, die noch nie gesetzlich festgelegt wurden. Schließlich ist die technologische Entwicklung weitergegangen.
Ich nenne ein Bespiel für die Auswirkungen der Digitalisierung. Das Gesetz regelt nun das sogenannte Text und Data Mining. Es ist klargestellt, dass Forscherinnen und Forscher große Textmengen mit dieser Methode – diese ermöglicht unter anderem das Suchen nach bestimmten Begriffen – auswerten können. Wir verdeutlichen zudem, dass jeder Lehrende an einer Hochschule Auszüge aus Werken rechtssicher in elektronische Semesterapparate einstellen kann. Das ist für die Wissenschaftsszene sehr gut. Ich weiß natürlich – das war unüberhörbar und unübersehbar –, dass es eine heftige Diskussion über dieses Gesetz und viele Bedenken vonseiten der Verlage gab. Wir haben diese Bedenken ernst genommen und geprüft. Ich muss deutlich sagen – das war eines der Argumente, die mich am meisten aufgeregt haben –: Es geht nicht um Bildung zum Nulltarif. Im Gesetz wurde von Anfang an klargestellt, dass die Nutzungen nach den gesetzlichen Schranken angemessen vergütet werden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wer die Praxis an den Hochschulen kennt, weiß: Viele haben Lizenzverträge mit Verlagen. Was dort geleistet wird – ich nenne als Stichworte „Onlinesuche“ und „Verlinkung“ –, wird auch weiterhin lizenziert und den Verlagen entsprechend vergütet werden. Das Gesetz lässt den Verlagen auch genügend Spielraum für neue Möglichkeiten.
Wir haben immer wieder gehört, wie schwierig die Situation der Verlage ist. Durch die Digitalisierung gehen den Verlagen klassische Geschäftsmodelle verloren; sie müssen sich auf neue einstellen. Aber die Digitalisierung ist nicht nur eine Herausforderung für die Verlage, sondern auch für die Wissenschaftsszene. Wir müssen in Deutschland aufpassen, dass wir international leistungsstark sind. Deswegen ist es zwingend notwendig, dass der Zugriff auf Texte und die Art und Weise des Umgangs miteinander so geregelt werden, dass wir uns im internationalen Wettbewerb nicht ein Bein stellen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Was ist Aufgabe des Gesetzgebers? Aufgabe des Gesetzgebers ist es, eine Balance zwischen widerstreitenden Interessen herzustellen; das ist an dieser Stelle geschehen. Aufgabe ist es aber auch, das Grundgesetz zu respektieren. Wissenschaftsfreiheit ist ein hohes Gut. Gerade in der heutigen Zeit ist es ein als besonders wertvoll geschätztes Gut. Ich glaube, dass wir dem gerecht geworden sind mit den Kompromissen, die eingegangen wurden, vor allen Dingen mit dem Kompromiss, der den Durchbruch brachte. Wir verabschieden das Gesetz nun mit einer Befristung auf fünf Jahre. Nach vier Jahren gibt es eine Evaluation. Das ist eine angemessene Zeit, um zu schauen, wie es wirkt und was wir eventuell ändern müssen, aber auch zu demonstrieren, dass es nicht die befürchteten Auswirkungen auf die Verlagslandschaft hat, wovon ich ganz fest überzeugt bin.
Ich glaube, man kann sagen, dass wir zum Ende der Legislaturperiode mit dieser Novellierung einen Kraftakt geschafft haben; wir haben diskutiert bis zur letzten Minute. Es ist ein ganz entscheidender, ein wichtiger Schritt, ein wichtiges Signal für eine moderne Wissenschaftslandschaft sowie die Leistungsfähigkeit und Innovationskraft unseres Landes, und das bewirkt eine hohe Lebensqualität. Deswegen ist heute ein schöner Tag.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank, Frau Ministerin. – Jetzt erteile ich dem Kollegen Kai Gehring für Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7125814 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 244 |
Tagesordnungspunkt | Urheberrechts-Wissensgesellschafts- Gesetz |