30.06.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 244 / Zusatzpunkt 13

Stefan HeckCDU/CSU - Urheberrechts-Wissensgesellschafts- Gesetz

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf der Tribüne! Wir setzen heute den Koalitionsvertrag um, in dem festgelegt wurde, dass wir eine Bildungs- und Wissenschaftsschranke einführen wollen. Aber ich will ganz ehrlich sagen: Ich kann die Euphorie, die hier teilweise in den Wortmeldungen aus den Reihen der Koalition aufkam, als Rechtspolitiker der Union nicht so richtig teilen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)

Wir haben in dieser Legislaturperiode ein ausgesprochen anspruchsvolles Arbeitsprogramm im Bereich des Urheberrechts gehabt.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit den Börsen!)

Wir haben zu Beginn auf Grundlage einer europäischen Richtlinie das Verwertungsgesellschaftengesetz neu geregelt. Wir haben uns dann sehr intensiv mit dem Urhebervertragsrecht beschäftigt und die Novelle gemeinsam zum Abschluss gebracht. Es war gut, dass wir bei all diesen Gesetzen eines immer ganz besonders im Blick hatten: die Rechte der Urheberinnen und Urheber und der Rechteinhaber, die dafür sorgen, dass das geistige Eigentum, über das wir sprechen, überhaupt erst entsteht. Uns als Union war dabei immer wichtig, dass wir die grundlegenden Regeln und Überzeugungen, die wir im analogen Zusammenleben haben, auf das Digitale zu übertragen versuchen. Das gilt für viele Rechtsbereiche; das gilt für die Innenpolitik, und das gilt ganz besonders auch für die Rechtspolitik. Da ist es eben so, dass ein Ausgleich der Interessen, von dem gesprochen worden ist, im Regelfall dadurch stattfindet, dass eine Seite für die Leistungen der anderen Seite Geld bezahlt.

(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Das wird auch in Zukunft so sein!)

Es ist schade, dass wir diesen Weg heute ein Stück weit verlassen. Wir haben Schranken im Urheberrecht, und sie haben ihre gute Berechtigung. Ja, es geht um die Wissenschaftsfreiheit, die im Grundgesetz zu Recht einen besonderen Schutz erfährt; aber es geht eben auch um die Eigentumsfreiheit aus Artikel 14 des Grundgesetzes. Wir wissen, dass im Urheberrecht immer auch in besonderer Weise das Persönlichkeitsrecht der Urheberinnen und Urheber eine Rolle spielt. Ich glaube, dass in diesem besonderen Spannungsfeld der Grundrechte für uns als Gesetzgeber besondere Vorsicht geboten sein sollte.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will zu dem Gesetz, das wir heute beschließen, vier kurze Anmerkungen machen.

Erster Punkt. Als wir im Dezember 2013 den Koalitionsvertrag beschlossen haben, war nicht absehbar, welche dramatische Veränderung sich für viele Verlage ergeben würde. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Fall Reprobel und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, bekannt geworden unter dem Schlagwort „Vogel-Urteil“, hätten wir damals nicht kommen sehen können. Ich muss Ihnen sagen: Ich bin unsicher, ob wir, wenn wir das geahnt hätten, diese Verabredung so getroffen hätten. Wir haben die Situation, dass gerade kleine und mittelständische Verlage durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die ich gar nicht kritisieren möchte, in eine teilweise existenzbedrohende Situation gekommen sind. Aber es hätte niemals ein Deutscher Bundestag sehenden Auges eine Regelung beschlossen, die zu dieser Situation führen würde. Deswegen waren wir, glaube ich, gut beraten, zunächst auf nationaler Ebene sehr viel dafür zu tun, hier Abhilfe zu schaffen. Wir warten jetzt darauf, dass die endgültige Regelung auf europäischer Ebene getroffen wird. Es war uns schon ein wichtiges Anliegen, dass wir das hinkriegen. Herr Minister, hier mussten Sie zum Jagen getragen werden. Wir hätten uns gewünscht, das Ganze wäre schon sehr viel eher geschehen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Johannes Fechner [SPD]: Na ja! Das war schon euer Dauerberatungsbedarf, der das so verzögert hat! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich glaube, Herr Kauder war ein größeres Problem! Herr Kauder war mal wieder die große Bremse!)

Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist der Vorrang von vertraglichen Vereinbarungen. Es ist hier mehrmals angesprochen worden: Dass vertragliche Vereinbarungen Vorrang haben vor freiem Zugang zu Leistungen, ist ein Element, das wir in keinem anderen Rechtsgebiet überhaupt diskutieren würden. Wir hätten uns sehr gewünscht, dass wir dieses Instrument im Urheberrecht weiterhin nutzen. Es ist schade, dass es uns am Ende nicht gelungen ist, dies aufzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die dritte Anmerkung. Wir haben gerade im Bereich der Wissenschaft unglaublich viel an Digitalisierung erlebt und sind erstaunt, was alles möglich ist. Was ich nicht begreife, ist, dass es uns nicht gelingt, ein funktionierendes System der Einzelabrechnung für urheberrechtlich geschützte Werke zu etablieren. Da haben wir als Gesetzgeber möglicherweise nicht genug getan, aber vor allem sind da die Hochschulen und die Verlage in der Pflicht. Deswegen ist es uns ein wichtiges Anliegen, innerhalb der nächsten Jahre eine rechtssichere Onlinelizenzierungsplattform zu schaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Eine letzte Anmerkung, wenn Sie mir das erlauben. Wir haben sehr lange mit diesem Gesetz gerungen; das ist ein offenes Geheimnis. Es gab auch in unserer Fraktion unterschiedliche Herangehensweisen und Ansätze. Für uns war am Ende Bedingung für die Zustimmung, dass wir dieses Gesetz befristen. Wir glauben, dass es nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Ich glaube, wir sollten die fünf Jahre als Zeitraum des Übergangs nutzen und gemeinsam daran arbeiten, dass wir insbesondere ein funktionierendes Lizensierungssystem hinbekommen.

Ich hoffe, dass wir, wenn wir das nächste Mal im Deutschen Bundestag über dieses Thema beraten, Mehrheiten finden, die das geistige Eigentum wieder höher schätzen, als wir es heute tun.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Dr. Heck. – Als Nächstes erteile ich Frau Marianne Schieder für die SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7125818
Wahlperiode 18
Sitzung 244
Tagesordnungspunkt Urheberrechts-Wissensgesellschafts- Gesetz
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta