Sylvia JörrißenCDU/CSU - Förderung des sozialen Wohnungsbaus
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Schon oft haben wir im Hohen Haus über die soziale Wohnraumförderung debattiert.
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dank der Opposition! – Ulli Nissen [SPD]: Es hat uns gefreut, dass wir darüber reden konnten!)
– Ja, zuletzt vor sechs Wochen, wegen der Großen Anfrage der Linken.
Ich glaube, das zeigt ein Stück weit, wie wichtig uns allen gemeinsam dieses Thema ist und wie ernst auch wir es nehmen. Zweifelsohne ist Wohnen die Basis für ziemlich alles, was unser Leben ausmacht. Wohnen muss jeder von uns. Eine angemessene Wohnung muss für jeden da sein und für jeden bezahlbar sein, auch für Bezieher unterer und mittlerer Einkommen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Aber, meine Damen und Herren, die Wohnungsmärkte sind differenziert, und genauso differenziert müssen auch unsere Antworten sein. Vor allem, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir als Bundespolitiker unseren Fokus zumindest mit auf die Themen richten, für die der Bund überhaupt zuständig ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Für den sozialen Wohnungsbau ist der Bund seit der Föderalismusreform 2006 nicht mehr zuständig. Dennoch haben wir in dieser Legislaturperiode alles darangesetzt, seine Förderung wiederzubeleben.
(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU])
Die Zahl der Sozialwohnungen ist seit 2002 um etwa 1 Million geschrumpft. Jährlich fallen rund 80 000 Wohnungen aus der Belegungsbindung. Nach dem aktuellen Bericht der Bundesregierung wurden 2016 insgesamt fast 62 000 Wohnungen gefördert, über 24 000 davon neu gebaut. Das entspricht einem Plus von 10 000 neuen Wohnungen im Vergleich zum Vorjahr.
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und im Saldo?)
Festzustellen ist allerdings, dass durch die Verdoppelung der Kompensationsmittel in 2016 keine entsprechende Verdopplung der Zahl der geförderten Sozialwohnungen erzielt wurde,
(Beifall bei der CDU/CSU – Ulli Nissen [SPD], an die CDU/CSU gewandt: Was gibt es denn da zu klatschen?)
vor allem deshalb, weil die Länder ihren Mitteleinsatz nicht im gleichen Maße wie der Bund erhöht haben.
Meine Damen und Herren, es geht mir hier nicht darum, den Schwarzen Peter der Verantwortung weiterzureichen. Es geht ganz klar um Zuständigkeiten.
(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU])
Die föderale Kompetenzordnung für den Bereich der sozialen Wohnraumförderung ist bis 2019 und darüber hinaus klar verfassungsrechtlich geregelt: Hierfür sind die Bundesländer zuständig.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das wollten die Bundesländer so, und das macht auch Sinn, da sich die Wohnungsteilmärkte regional sehr unterschiedlich entwickeln und die Länder passgenaue Maßnahmen für die Teilmärkte auf den Weg bringen können.
(Ulli Nissen [SPD]: Das wäre schön!)
– Ja. – Entscheidend ist eben nur, dass die zur Verfügung gestellten Mittel auch zweckgebunden eingesetzt werden, nämlich für den Bau von bezahlbaren Wohnungen und nicht für Investitionen außerhalb der Wohnraumförderung; aber genau dafür wird bis heute noch ein Teil der Mittel genutzt. Das nenne ich ein verantwortungsloses Verhalten der Länder.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Das erzähle ich der CDU in Sachsen! Da freut die sich!)
Zahlreiche Debatten haben wir hierzu schon geführt. Fakt ist, dass die Länder sehr unterschiedlich mit den Geldern umgehen.
Obwohl wir als Bund keine Zuständigkeit mehr haben, entziehen wir uns hier nicht der Verantwortung. Wir haben die Kompensationsmittel deutlich erhöht. Von 2016 bis 2019 erhalten die Länder insgesamt über 5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau. Allein in diesem Jahr sind es 1,5 Milliarden Euro.
Nachdem die Kompensationsmittel 2019 ausgelaufen sind, stehen den Ländern ab 2020 zusätzliche Umsatzsteuermittel zur Verfügung. Dies war in den Verhandlungen über die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen eine Forderung der Länder. Wegfallende Kompensationsmittel werden also durch andere Mittel kompensiert. Die Länder erhalten nicht weniger, sondern mehr Geld, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Eine Grundgesetzänderung, die hier eine gemeinsame Zuständigkeit vorsah, wurde von den Ländern ausdrücklich abgelehnt. Damit bleibt die vollständige Verantwortung bei den Ländern. Darauf haben wir uns am 14. Oktober 2016 geeinigt, und damit wurde ausdrücklich dem Wunsch der Länder entsprochen. Nun müssen die Länder in eigener Verantwortung entscheiden, wie sie ihre Einnahmen zur Erfüllung ihrer Aufgaben nutzen. Zu diesen Aufgaben gehört selbstverständlich auch die soziale Wohnraumförderung. Als Bund werden wir dies weiterhin beobachten und anmahnen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns aber auch über die Bereiche sprechen, für die der Bund zuständig ist. Denn soziale Verantwortung in der Wohnungspolitik bedeutet mehr als nur sozialer Wohnungsbau, und wir übernehmen sie erfolgreich. Neben der Objektförderung bauen wir auch auf die Subjektförderung. Hier betrachten wir die individuelle Situation der Menschen und fördern über das Wohngeld, das wir in dieser Wahlperiode deutlich erhöht haben.
(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Und das kommt dann auch da an, wo es hinmuss!)
Seit Januar letzten Jahres profitieren 870 000 Haushalte davon, und über ein Drittel der Bezieher sind als neue Berechtigte dazugekommen. Wir haben bereits im Gesetz eine regelmäßige Überprüfung – alle zwei Jahre – verankert, so wie es die Bauministerin erst kürzlich gefordert hat. Die regelmäßige Überprüfung der Höchstbeträge für Mieten, der Mietstufen und der Höhe des Wohngeldes steht bereits in § 39 des Wohngeldgesetzes.
Meine Damen und Herren, der Schutz der Mieter erfolgt darüber hinaus durch eine ausgewogene mietrechtliche Flankierung, wobei ein soziales Mietrecht immer die berechtigten Interessen beider Seiten, die des Mieters auf der einen Seite und die des Vermieters, also des Eigentümers, auf der anderen Seite, im Blick haben muss.
(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Auch das ist richtig!)
Wir haben ein sehr ausdifferenziertes Kündigungsschutzsystem, das nur wirklich berechtigte Kündigungen zulässt.
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss dringend reformiert werden!)
In dieser Wahlperiode haben wir mit der Mietpreisbremse die Rechte der Mieter weiter ausgebaut. Herr Groß, jetzt können wir darüber streiten, ob sie funktioniert.
(Ulli Nissen [SPD]: Da müssen wir intensiv nachschauen, bei der Mietpreisbremse, aber äußerst intensiv!)
Der Deutsche Mieterbund jedenfalls bestätigt, dass Mieter in allen Konstellationen, in denen sie sich auf die Mietpreisbremse berufen haben, in den Urteilen ausnahmslos recht bekommen haben.
(Ulli Nissen [SPD]: Aber leider erst ab Widerspruch und nicht ab Beginn der Miete!)
Meine Damen und Herren, die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen ist ein oberes Ziel unserer Fraktion. Um den Druck aus den überhitzten Märkten zu nehmen, ist es vor allem wichtig, neuen Wohnraum zu schaffen. Aber die Fokussierung allein auf den sozialen Wohnungsbau reicht dabei nicht aus. Wir müssen auch privates Kapital mobilisieren. Aus einer Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung geht hervor, dass private Vermieter mit etwa 15 Millionen Wohnungen die mit Abstand größte Anbietergruppe auf dem deutschen Mietwohnungsmarkt sind. Sieben von zehn Wohnungen privater Vermieter befinden sich in Mehrfamilienhäusern. Wir müssen auch diese Gruppe unterstützen; denn sie leistet einen wichtigen Beitrag zur Versorgung unserer Gesellschaft mit Wohnraum.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Eine steuerliche Förderung hätte, richtig eingesetzt, schnell und genau dort wirken können, wo der Druck auf die Wohnungsmärkte am größten ist.
(Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und warum habt ihr das nicht gemacht?)
Insofern hat es mich sehr enttäuscht, dass dies mit unserem Koalitionspartner nicht möglich war.
(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Mindrup [SPD]: Gott sei Dank! Wir verschwenden kein Geld!)
Denn dieses Mittel war nicht nur eine Forderung des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen, sondern auch ein gemeinsamer Vorschlag Ihrer Bauministerin und des Bundesfinanzministers.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zu kurz kommt mir derzeit auch der Blick auf das selbstgenutzte Wohneigentum. Deutschland liegt mit seiner Eigentumsquote im europäischen Vergleich an vorletzter Stelle. Wir müssen dringend auch diese Form des Wohnens fördern, vor allem für Familien und Bezieher mittlerer Einkommen. Selbstgenutztes Wohneigentum stabilisiert Wohnquartiere, ist eine wichtige Altersvorsorge und macht durch Umzugsketten am Ende immer auch eine Mietwohnung frei.
Meine Damen und Herren, egal wie: Wir müssen bauen, bauen, bauen. Sinkende Kosten beim Bauen – ich wäre schon mit nicht ständig weiter steigenden Kosten zufrieden – wären ein wichtiger Faktor, um Investitionen anzuregen, und auch eine Voraussetzung, dass die Mieten bezahlbar bleiben.
Im Rahmen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen wurden einige Kostentreiber identifiziert und Maßnahmen entwickelt, die hier entgegenwirken. Diese müssen mit noch mehr Nachdruck umgesetzt werden. Gleichzeitig muss auch die Verwaltung ihren Teil dazu tun. Prozesse sind zu straffen, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Nachverdichtung und Aufstockungen sind ein wichtiges Instrument, jedoch nicht immer möglich und auch nicht ausreichend. Wir müssen unsere Kommunen dazu bringen, mehr und zügiger Bauland auszuweisen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zu guter Letzt müssen wir auch mutig sein, beim Bauen auf Innovation zu setzen. Serielles und modulares Bauen wird in Zukunft wichtiger werden. Mit hohen Vorfertigungsgraden sind erhebliche Einsparungen möglich, zeitlich und finanziell. Hier müssen innovative Formen entwickelt werden, selbstverständlich bei gleichzeitiger Berücksichtigung der baukulturellen Qualitäten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat denn die Union bei dem Thema in dieser Legislaturperiode gemacht? Nichts!)
Meine Damen und Herren, wir haben viel geschafft in dieser Legislaturperiode. Wir sind noch nicht am Ziel, aber auf einem guten Weg.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Christian Kühn hat jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen als nächster Redner das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7125953 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 244 |
Tagesordnungspunkt | Förderung des sozialen Wohnungsbaus |