Hermann Otto Solms - Eröffnung der Sitzung durch den Alterspräsidenten
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bitte haben Sie Verständnis, dass ich meinen Ausführungen eine sehr persönliche Erklärung vorausschicken möchte.
Ich freue mich ganz außerordentlich, dass gerade ich als Mitglied der Fraktion der Freien Demokraten die Sitzungsperiode des 19. Deutschen Bundestages eröffnen darf. Nach vier schwierigen Jahren in der außerparlamentarischen Opposition haben wir das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler zurückgewonnen. Jetzt können wir der liberalen Stimme im Deutschen Bundestag wieder Gehör verschaffen, und das war unsere zentrale Aufgabe und unser Ziel. Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Meine Damen und Herren, vorweg möchte ich allen Kolleginnen und Kollegen zu ihrer Wiederwahl bzw. Neuwahl in den Deutschen Bundestag herzlich gratulieren. Abgeordneter des Deutschen Bundestages zu sein, ist eine große Ehre, aber eine noch viel größere Verpflichtung; dieser müssen wir alle in den nächsten Jahren gerecht werden.
Der Deutsche Bundestag ist das einzige direkt vom Volk legitimierte Staatsorgan. Er steht damit im Mittelpunkt unserer staatlichen Ordnung, auf den sich alle anderen Organe beziehen.
Der Deutsche Bundestag ist darüber hinaus eines der einflussreichsten demokratischen Parlamente der Welt. Das wird schon dadurch deutlich, dass sich der Bundestag seine Regierung wählt, diese beauftragt, kontrolliert und gegebenenfalls wieder ersetzen kann. Die Regierung ist also immer auf das Vertrauen des Bundestages angewiesen.
Der Bundestag wählt seine Regierung, nicht die Regierung ihren Bundestag. Das wird in der öffentlichen Übertragung häufig nicht eindeutig dargestellt. Die in der Verfassung vorgesehene Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers bzw. der Bundeskanzlerin bezieht sich nur auf das Handeln der Regierung und nicht auf die Entscheidungsfindung im Deutschen Bundestag, auch wenn das in den Medien häufig anders dargestellt wird.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD und der FDP)
Der Bundestag bestimmt die politischen Zielsetzungen und die grundsätzlichen Lösungswege. Die Regierung führt sie aus.
An zwei Beispielen möchte ich deutlich machen, wie weit die Entscheidungsbefugnisse des Bundestages reichen. Zu Beginn der 90er-Jahre verklagte die FDP-Bundestagsfraktion die eigene Regierung vor dem Bundesverfassungsgericht wegen der Zulässigkeit der Out-of-Area-Einsätze der Bundeswehr. Als damaliger Fraktionsvorsitzender habe ich die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten, genauso wie der bis heute unvergessene Kollege Peter Struck, der die gleichzeitige Klage der damaligen Oppositionsfraktion SPD vertreten hat.
Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts bedürfen seither alle Auslandseinsätze der Bundeswehr der Zustimmung des Parlamentes. Deswegen sprechen wir ja heute von einer Parlamentsarmee. Das ist der Zusammenhang: eine Verantwortung, die in anderen Ländern unbekannt ist und häufig auf Verwunderung stößt, sich aber bei uns nach meiner Meinung bewährt hat.
(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)
Diese Regelung, die Staat und Soldatinnen und Soldaten vor leichtfertigen Entscheidungen schützt, sollte bei einer Einbettung der Bundeswehr in europäische Verteidigungsstrukturen grundsätzlich beibehalten werden.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)
Auch im Rahmen der Euro-Stabilisierung haben wir ein Höchstmaß an parlamentarischer Kontrolle erreicht und im September 2011 Rechtsgeschichte geschrieben. Damals ist es zum ersten Mal gelungen, einen flächendeckenden Parlamentsvorbehalt gegenüber den Vorrechten der Regierung bei der Außenvertretung des Staates zu installieren. Dieser gilt bei allen die Haushaltsverantwortung des Bundestages betreffenden Entscheidungen der Bundesregierung zur Euro-Stabilisierung.
Wir haben dieses Königsrecht des Parlaments, nämlich das Haushaltsrecht, in Gesetze gegossen, welche dieses Recht garantieren. Das Recht des Parlamentes, über die Einnahmen und Ausgaben des Staates zu bestimmen, darf auch in Zukunft nicht eingeschränkt werden. In dieser Auffassung hat uns damals das Bundesverfassungsgericht bestärkt. Ich zitiere:
Ende des Zitats.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Wahlergebnis vom 24. September hat die Kräfteverhältnisse im 19. Deutschen Bundestag stärker verändert, als gemeinhin erwartet wurde, und zugleich auch die politischen Rollen neu verteilt. Diese Entscheidung der Wähler haben wir zu akzeptieren.
(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das Parlament muss ein Spiegelbild der Meinungsvielfalt in der Bevölkerung sein. Ich warne davor, Sonderregelungen zu schaffen, auszugrenzen oder gar zu stigmatisieren.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der AfD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir alle haben das gleiche Mandat, gleiche Rechte, aber auch gleiche Pflichten.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7164725 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 1 |
Tagesordnungspunkt | Eröffnung der Sitzung durch den Alterspräsidenten |