Michael Georg LinkFDP - Bundeswehreinsatz gegen die Terrororganisation IS (COUNTER DAESH)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde gern nach der letzten Stellungnahme wieder zur Sache zurückkommen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der AfD)
Viele von uns haben am Montag letzter Woche nach Paris geblickt, wo in aller Stille der 130 Todesopfer der schrecklichen Anschlagsserie vom November 2015 gedacht wurde. Zwei Jahre ist es her, dass diese Anschläge verübt worden sind, und noch immer sind wir angesichts dieses Terrors erschüttert und fassungslos. Noch frischer ist unsere Erinnerung an den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche, nur wenige Kilometer von hier entfernt, der sich in weniger als einem Monat zum ersten Mal jähren wird. Die Erinnerung daran bleibt wach. Unsere Gedanken werden am 19. Dezember bei den Opfern und deren Angehörigen sein.
Diese Anschläge und unzählige andere in den vergangenen Jahren haben eines gemeinsam, nämlich, dass sie grausam und hinterhältig waren, vor allen Dingen aber, dass sie in unmittelbarem Zusammenhang mit den Aktivitäten des sogenannten „Islamischen Staates“ stehen.
Frankreich hat deshalb – darauf will ich ausdrücklich hinweisen; es ist noch nicht erwähnt worden – zum ersten Mal von Artikel 42 des EU-Vertrages Gebrauch gemacht. Es ist ein ganz wichtiger, zentraler Artikel, den wir uns gegeben haben, der besagt, dass ein Angriff auf einen Staat der EU ein Angriff auf alle ist – eine Beistandsverpflichtung. Dazu möchte ich mich auch im Namen meiner Fraktion ganz ausdrücklich bekennen. Dieser Artikel 42, verehrte Kollegen auch der AfD, ist eine sehr wichtige Rechtsgrundlage.
Es gibt noch wesentlich mehr Rechtsgrundlagen. Wir können in den Ausschussberatungen gerne über Artikel 51 der UN-Charta und die verschiedenen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats diskutieren; darüber werden wir zu beraten haben. Aber eines ist klar: Spätestens nach den Ereignissen von Paris – deshalb hatte Frankreich um Hilfe gebeten – war es wichtig, etwas zu tun. Auch wenn meine Fraktion damals nicht im Bundestag war: Wir fanden und finden es richtig, dass sich Deutschland seit 2014, 2015 aktiv an der internationalen Allianz zur Bekämpfung des IS beteiligt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
In der Tat können wir auf Grundlage des Mandats, so wie es heute zusammengesetzt ist – es sind ja verschiedene Elemente dazugekommen –, einige Erfolge vorweisen. Die AWACS-Tornados, die seeseitige Aufklärung etc. pp. sind erwähnt worden. All das hat schon einiges bewirkt. Aber machen wir uns nichts vor: Wir sind noch längst nicht an dem Punkt, an dem die vom IS auch territorial ausgehende Gefahr gestoppt ist. Deshalb macht es Sinn, über eine Verlängerung dieses Mandats – nicht nur technisch, sondern tatsächlich – um ein weiteres Jahr nachzudenken. Wir werden uns sehr gerne im Ausschuss bei der Verlängerung des Mandates in der gegenwärtigen Form einbringen.
Klar ist, dass die militärischen Maßnahmen in eine politische Gesamtstrategie eingebettet sein müssen. Das übergeordnete Ziel unseres Engagements ist eine umfassende Friedenslösung für Syrien und eine dauerhafte politische Stabilisierung der Region.
Die vielleicht größte politische Herausforderung bleibt es, einen politischen Prozess aufs Gleis zu setzen, der die Grundlage für das Ende des innersyrischen Konflikts legen kann. Und da, liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es Anlass zur Sorge. Wir verzeichnen hier keine Fortschritte, und zwar weil sich das syrische Regime einem politischen Ansatz de facto verweigert und weiterhin auf eine militärische Lösung setzt.
Assad war von vornherein nicht an Verhandlungen interessiert und hat jetzt, wo er Oberwasser hat, auch dank der Hilfe Russlands und des Iran, noch weniger Grund, sich ehrlich darauf einzulassen. Hier steht deshalb auch Russland in der Verantwortung, auf Damaskus einzuwirken. Wenn Russland – zu Recht – internationaler Partner auf Augenhöhe sein will, wäre hier ein großer Bereich, um helfend als Konfliktlöser mitzuwirken.
Meine verehrten Damen und Herren, uns allen ist klar, dass der Bedrohung durch den Terrorismus nicht allein mit militärischen Mitteln begegnet werden kann. Nur durch vernetztes Handeln und durch den Einsatz militärischer, aber auch politischer, entwicklungspolitischer und humanitärer Mittel kann das gelingen. Aber dazu ist es erforderlich, dass wir daran denken, dass wir unsere Soldatinnen und Soldaten in ihrer aktiven Tätigkeit unterstützen, und zwar nicht nur abstrakt, sondern auch mit Besuchen. Deshalb fanden wir es gut und wichtig, dass die Verlegung der Bundeswehrkontingente von Incirlik nach Jordanien stattgefunden hat.
Es ist gut, dass ein Truppenstatut-Abkommen auf den Weg gebracht werden soll. Wir erwarten allerdings von der Bundesregierung ganz unzweideutig, dass auch weiterhin klargestellt wird, dass alle Versuche und Wünsche eines Besuchs bei den in Konya stationierten AWACS-Soldaten von der Türkei unverzüglich erlaubt, genehmigt und zugelassen werden.
(Beifall bei der FDP)
Das ist ein ganz entscheidender Punkt, den wir vor einer Verlängerung des Mandates nicht deutlich genug herausstellen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute hat eine Fraktion versucht – ich verweise auf meinen Vorredner –, sich als Anwalt der Soldaten aufzuspielen.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ja!)
Ich kann nur eines sagen: Die Bundeswehr ist, war und bleibt eine Parlamentsarmee, nicht die einer Fraktion, sondern eine Armee dieses gesamten Hauses. Wir werden uns bei der Sorgfalt in der Behandlung dieser Mandate nicht übertreffen lassen. Das war in der Vergangenheit so, das ist so, das wird auch so bleiben. Ich freue mich auf die Ausschussberatung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Jetzt hat das Wort die Abgeordnete Sevim Dağdelen für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7174044 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 2 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz gegen die Terrororganisation IS (COUNTER DAESH) |