Torsten HerbstFDP - Aktuelle Stunde zu Arbeitsplatzverlusten bei Siemens
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schulz, Sie machen es sich reichlich einfach. Wenn Ihnen die Debatte so wichtig ist, wenn die Arbeitsplätze und die Perspektiven für die Siemens-Werke Ihnen so wichtig sind und Sie die amtierende Wirtschaftsministerin loben, frage ich Sie: Wo ist eigentlich Ihre amtierende Wirtschaftsministerin? Ich kann sie nicht sehen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ihr Flug ist verspätet!)
Sie machen es sich auch aus einem anderen Grund sehr einfach. Im Gegensatz zu Ihnen glauben wir nicht, dass der Deutsche Bundestag direkt über Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft entscheidet. Aber das, was Sie mitverantworten, Ihre Regierungspolitik unter Schwarz-Rot,
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Sie hätten das ja ändern können!)
hat mit dazu geführt, dass kein Unternehmen in Deutschland im Moment bereit ist, in konventionelle Kraftwerkskapazitäten und in Versorgungssicherheit zu investieren.
(Zuruf von der SPD: Schuld daran war damals Schwarz-Gelb!)
Auch das sollten Sie zur Kenntnis nehmen, Herr Schulz.
(Beifall bei der FDP und der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir als Freie Demokraten billigen Unternehmen zu, unternehmerische Entscheidungen zu treffen, um wettbewerbsfähig zu bleiben; das ist so.
(Ulli Nissen [SPD]: Aber doch nicht zulasten der Mitarbeiter!)
Aber ich sage auch: Siemens ist kein kleiner Mittelständler, und Siemens steht finanziell auch nicht mit dem Rücken zur Wand.
(Zuruf von der SPD: Ja, genau! Gerade deshalb!)
Siemens hat deshalb eine Verantwortung, nicht nur für die eigene Aktie und die eigene Dividende, sondern auch für Mitarbeiter und Standorte, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Aus diesem Grund muss ich schon hinterfragen, warum begründet wird, dass die angeblich zu hohen Kosten gerade an den Standorten im Osten – in Erfurt, in Leipzig, in Görlitz, in Berlin – entscheidend dafür sein sollen, Werke zu schließen oder Produktionen zu verlagern. Günstige Produktionskosten sind doch eher im Osten zu finden und nirgendwo anders. Deshalb kann ich die Siemens-Entscheidung nicht nachvollziehen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
In meinem Heimatbundesland, in der Lausitz, kämpfen die Menschen heute noch mit den Auswirkungen des Strukturwandels, der durch die Wende entstanden ist. Sie waren gerade aus dem Gröbsten heraus, und es hat Hoffnung gegeben. Dann kündigte Bombardier an, die Mitarbeiterzahl in den Werken zu verringern. Das Damoklesschwert Kohle schwebt über der Region, was für die Wertschöpfung eine immense Bedeutung hat. Und jetzt Siemens! Meine Damen und Herren, ich kann den Frust der Menschen in der Region verstehen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Was den Standort Görlitz angeht, plant Siemens ja keinen sofortigen Ausstieg. Angesichts der langen Perspektive frage ich mich: Warum kann ein so großer Konzern, einer von Deutschlands führenden Technologiekonzernen, es sich nicht leisten, neue Produkte zu entwickeln und über Alternativen nachzudenken? Wenn man die Produktion schon konzentriert und über die Aufgabe von Standorten nachdenkt, dann kann man vielleicht auch darüber nachdenken, neue Produkte in Görlitz und anderswo herstellen zu lassen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Ich kann nur hoffen – das sage ich im Namen der Menschen in der Lausitz –, dass das Siemens-Management noch einmal über seine Entscheidung nachdenkt und den Standorten eine Perspektive gibt.
(Martin Schulz [SPD]: Da sind wir uns ja mal einig!)
Wie gesagt, das ist ein Appell der Politik. Im Gegensatz zu Ihnen gaukle ich den Menschen nicht vor, dass wir hier im Bundestag über die Arbeitsplätze entscheiden.
(Martin Schulz [SPD]: Hat doch kein Mensch gesagt! Was ist das denn für ein Blödsinn?)
Aber ich setze darauf, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist und die Standorte eine Perspektive bekommen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Für die Fraktion Die Linke hat Klaus Ernst das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7174114 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 2 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu Arbeitsplatzverlusten bei Siemens |