21.11.2017 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 2 / Tagesordnungspunkt 7

Christian DürrFDP - Irland: Vorzeitige Kreditrückzahlungen

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Verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Republik Irland bittet um Zustimmung, einen Teil ihrer internationalen Schulden, nämlich beim IWF sowie bei den Ländern Dänemark und Schweden, vorzeitig zurückzahlen zu dürfen. Irland kann sich – das ist vorhin vom Bundesminister gesagt worden – inzwischen wieder preisgünstiger an den Märkten refinanzieren, bei sechsjährigen Anleihen sogar zu einem negativen Zins. Eine Umschuldung ist geplant. Am Ende sollen für den irischen Haushalt Zinszahlungen gespart werden.

Die vorzeitige Rückzahlung – das will ich noch einmal betonen – stärkt das Vertrauen der Märkte in Irland. Sie stärkt insbesondere die Kreditwürdigkeit des Landes. Irland – das kann man mit Fug und Recht behaupten – ist eines der Musterländer, wenn nicht das Musterland der Euro-Rettungspolitik. Das ist erst einmal eine gute Nachricht. Das möchte ich zu Beginn meiner Rede betonen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es geht auf der einen Seite um die Kreditwürdigkeit Irlands. Auf der anderen Seite muss man sagen: Irland war in den letzten Jahren ein erfolgreiches Beispiel dafür, wie man aus einem notleidenden Land wieder eine erfolgreiche Volkswirtschaft machen kann. In Irland ist die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert worden. Beispielsweise sind die Lohnstückkosten zurückgegangen. Das Wachstum lag im Jahr 2016 mit 5,2 Prozent deutlich über dem europäischen Durchschnitt, und die Arbeitslosigkeit lag deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. Irland musste auf diesem Weg zeitweise auch – ich sage das in Richtung der Kollegen der SPD-Fraktion, weil Sie einen entsprechenden Entschließungsantrag eingebracht haben – seine Sozialleistungen reduzieren. Das Renteneintrittsalter – Frau Nahles sitzt hier vorne – ist auf 68 Jahre erhöht worden, und der Arbeitsmarkt ist erheblich flexibilisiert worden. Gleichzeitig konnte das Land in Krankenhäuser, öffentlichen Verkehr und Schulen investieren. Um es zusammenzufassen: Irland hat exakt das Gegenteil dessen getan, wozu die SPD in ihren Wirtschaftskonzepten rät, und Irland war damit sehr erfolgreich.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Aber anstatt uns gemeinsam über die gute Entwicklung zu freuen, wird Wasser in den Wein geschüttet.

Sie wissen, dass es sich meine Partei – das will ich in aller Klarheit sagen – in der Vergangenheit bei der Zustimmung zur Euro-Rettung alles andere als leicht gemacht hat.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Mit Irland haben wir aber einen Partner, der, anders als andere Länder, die auf den Rettungsschirm angewiesen waren, die gemachten Zusagen eingehalten hat. Sie haben es vorhin erwähnt, Herr Schneider: Es gab hier im Haus 2014 schon einmal eine solche Operation, sogar in größerem Volumen. Damals hat die SPD in der Großen Koalition der sogenannten asymmetrischen Tilgung – darum geht es jetzt – zugestimmt. Jetzt liegt ein Entschließungsantrag der SPD vor, in dem gefordert wird, dass die Bundesregierung die Zustimmung zur frühzeitigen Rückzahlung der irischen Schulden verweigert.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Weiter vorlesen!)

Wir haben in den letzten Tagen politisch viel darüber diskutiert, wie handlungsfähig die Bundesrepublik Deutschland auch im europäischen Geschäft ist. Wir führen diese Diskussion insbesondere seit Sonntagabend. Jetzt fordert die SPD-Fraktion die Bundesregierung auf, auf europäischer Ebene, entgegen allen anderen Gläubigern, eine Blockade zu errichten. Meine Damen und Herren, das ist das Gegenteil von staatspolitischer Verantwortung, um das in aller Klarheit zu sagen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Herr Schneider, ich will noch einen Schritt weiter gehen. Wir haben derzeit eine geschäftsführende Bundesregierung unter Ihrer Beteiligung. Ich frage mich: Wie oft telefoniert die SPD-Bundestagsfraktion eigentlich mit ihren Mitgliedern der Bundesregierung? Der vorliegende Antrag des Bundesfinanzministeriums ist mit allen Ressorts abgestimmt. Die SPD hier weiß nicht, was die SPD auf Regierungsebene zugesagt hat. Um auch das in aller Klarheit zu sagen: Sie sind entweder nicht informiert, oder Sie sagen der Öffentlichkeit nicht die Wahrheit, Herr Schneider. Das ist die Realität.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zum Schluss will ich noch Folgendes sagen, weil Sie, Herr Schneider, das Thema Steuervermeidung angesprochen haben:

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Das finden Sie doch gut!)

Sie brauchen meiner Partei an dieser Stelle nichts vorzumachen;

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Euch braucht man nichts vorzumachen! Das wissen wir!)

denn in der Frage der Steuervermeidung für multinationale Konzerne hat unsere liberale Parteifreundin, die EU-Kommissarin Margrethe Vestager, ein Verfahren gegen Irland ins Leben gerufen.

(Johannes Kahrs [SPD]: Das hat doch mit Ihnen nichts zu tun!)

– Das war unsere liberale Parteifreundin.

(Beifall bei der FDP – Dr. Marco Buschmann [FDP]: So ist es!)

Und unser Kollege Michael Theurer, heute Bundestagsabgeordneter, ein ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments, hat dazu beigetragen, dass das Thema ­LuxLeaks im Europäischen Parlament parlamentarisch aufgearbeitet wird.

Wir kümmern uns um dieses Thema; aber wir wissen die Dinge auseinanderzuhalten. Die SPD-Fraktion ist dazu offensichtlich nicht in der Lage. Herr Schneider, Sie versuchen, für den kurzfristigen politischen Erfolg die Dinge zu vermischen. Ich halte das für einen Fehler. Meine Fraktion übernimmt an dieser Stelle die politische Verantwortung.

Herr Dürr, ich unterbreche Sie ungern.

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Deswegen werden wir dem Antrag des Bundesfinanzministeriums zustimmen und Ihren Entschließungsantrag ablehnen, Herr Schneider.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Ich weiß, es ist eine besondere Situation, wenn man das erste Mal hier vorne steht; aber ich sage es noch einmal: Wir sind seitens des Präsidiums großzügig, gerade bei der ersten Rede. Aber wenn schon ein Minuszeichen vor der Redezeit steht, bitte ich, die Rede zu beenden.

(Christian Dürr [FDP]: Pardon!)

Das sage ich nur für alle Nachfolgenden. Für diejenigen, die schon etwas länger dabei sind, gilt natürlich: Wir halten uns an die Verabredungen.

Das Wort hat Fabio De Masi für die Fraktion Die Linke, ebenfalls für die erste Rede im Hohen Hause.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7174315
Wahlperiode 19
Sitzung 2
Tagesordnungspunkt Irland: Vorzeitige Kreditrückzahlungen
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