22.11.2017 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 3 / Tagesordnungspunkt 12

Ulrich OehmeAfD - Bundeswehreinsatz im Irak

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktion der AfD kann der beantragten Verlängerung des Mandats für die Ausbildungsmission in Kurdistan-Irak aus folgenden Gründen nicht zustimmen:

Erstens. Ursprünglich war das Mandat dem Kampf gegen den „Islamischen Staat“ im Norden des Iraks gewidmet. Frau Ministerin, auch wir erinnern uns an die Bilder der hilflosen Menschen, die bei Schnee und Kälte, meistens mit Kindern und ohne ausreichende Kleidung, vor den barbarischen Vernichtungsaktionen des IS in die Berge Kurdistans geflüchtet sind. Damals war es richtig, hilflose Menschen wehrfähig zu machen. Aber heute stellt sich die Situation anders dar: Der „Islamische Staat“ ist militärisch weitgehend besiegt.

Gleichzeitig haben kürzlich überwältigende 92 Prozent der Kurden im anerkannten Autonomiegebiet für ein unabhängiges Kurdistan gestimmt. Iraks Ministerpräsident jedoch hat das Ergebnis des Referendums nicht anerkannt. Daraufhin haben die militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Kurden und der Armee der irakischen Zentralregierung massiv zugenommen. Da die weitere Entwicklung völlig offen ist, droht damit ein neuer Bürgerkrieg.

Sehr geehrte Damen und Herren, es war einmal ein begründeter Pfeiler deutscher Außenpolitik, keine Waffen in Krisen- und Kriegsgebiete zu liefern.

(Beifall bei der AfD)

Dorthin müssen wir zurückkehren.

Zweitens. Die in die Berge Kurdistans geflüchteten Christen und Jesiden besiedelten vor ihrer Flucht den Osten Syriens und die Ninive-Ebene. Die Ninive-Ebene wird von kurdischen Militärs kontrolliert und als Teil eines neuen Kurdistans betrachtet. In einem möglichen Bürgerkrieg wäre diese Region absehbar mit am schlimmsten betroffen. Eine Rückkehr der Christen und Jesiden in ihre Heimat würde dann unmöglich. Daher lehnen auch die regionalen katholischen und orthodoxen Bischöfe das Referendum ab.

Drittens. Außenpolitisch sollten wir als Deutsche klug agieren. Was sollten wir bei der Unterstützung der Konfliktparteien beachten? Kurden leben auch in der Türkei, im Iran und in Syrien. Das gemeinsame Ziel der Kurden ist ein eigener Staat. Wir als AfD haben grundsätzlich – das wissen Sie, meine Damen und Herren – Sympathien für Völker, die nach Souveränität und Selbstbestimmung streben.

(Beifall bei der AfD)

Durch unsere Ausbildung könnten auch die diplomatischen Beziehungen Deutschlands zu den Ländern Iran, Türkei und Syrien über das ohnehin bereits bestehende Maß hinaus aus diesem Grund leiden.

Unsere Unterstützung der Peschmerga könnte auch nicht im Interesse der Türkei sein. Erdogan steht den Kurden jedenfalls nicht freundlich gegenüber. Er kann ein derartiges Verhalten Deutschlands, das völkerrechtlich zudem nicht durch ein UN-Mandat legitimiert ist, zutreffend als Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Türkei verstehen. Was das Verhalten Deutschlands noch verschlimmert: Wir handeln gegen die Interessen eines Bündnispartners.

Außerdem ist schon lange die Kontrolle, von wem deutsche Waffen tatsächlich verwendet wurden, unmöglich. Sie werden auf dem Schwarzmarkt gehandelt, sie werden an unterschiedliche Kämpfer weitergereicht, und sogar der „Islamische Staat“ hat zum Teil direkten Zugriff darauf.

Aber auch ohne Bürgerkrieg würden sich im Falle weiterer militärischer Unterstützung unsere Beziehungen zu den betroffenen Ländern in der Region und damit natürlich auch unsere diplomatischen Einflussmöglichkeiten verschlechtern. Diese Unterstützung wird ad absurdum geführt, wenn wir dadurch die sich gegenüberstehenden Parteien militärisch ertüchtigen.

Zudem verringern sich unsere Chancen auf eine Kooperation, zumindest auf der Arbeitsebene mit der syrischen Führung. Dabei wäre eine solche Kooperation sowohl für die Rückführung der nach Deutschland geflüchteten Syrer

(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ah!)

als auch für die verfolgten Christen in der Region sehr wichtig.

Bei aller notwendigen Kritik an Syrien: Für den chaldäisch-katholischen Bischof von Aleppo war und ist Syrien unter Assad der einzige Garant für die Christen, in relativer Sicherheit friedlich mit anderen Religionen zusammenleben zu können.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, all diese Punkte sollten Sie bei Ihrer heutigen Entscheidung berücksichtigen. Deutschland hat seit Zeiten Wilhelms II. beste Beziehungen in die Region,

(Niels Annen [SPD]: Wilhelm II.!)

und es wird von örtlichen Volksgruppen geachtet.

Konzentrieren wir uns auf unseren diplomatischen Einfluss. Wir schlagen daher Folgendes vor: Beenden wir heute dieses Mandat! Dafür treten wir ab sofort im gesamten Konfliktgebiet des Mittleren Ostens als unparteiische und vermittelnde Macht auf.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der AfD – Lachen des Abg. Niels Annen [SPD])

Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege Graf Lambsdorff, FDP.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7174478
Wahlperiode 19
Sitzung 3
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz im Irak
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