22.11.2017 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 3 / Tagesordnungspunkt 12

Jürgen HardtCDU/CSU - Bundeswehreinsatz im Irak

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war natürlich eine schwerwiegende Entscheidung, die wir uns nicht leicht gemacht haben, als wir vor drei Jahren beschlossen haben, entgegen dem bisherigen Grundsatz tatsächlich Waffen in ein Krisengebiet zu liefern und dort Ausbildungsunterstützung zu leisten. Es war aber eine richtige Entscheidung, und wir hätten die falsche Lehre aus der deutschen Geschichte gezogen, wenn wir uns aufgrund des gerade angesprochenen Prinzips von der Verantwortung zurückgezogen und das hingenommen hätten, was der IS speziell gegen die Jesiden, aber auch gegen die kurdische Bevölkerung dort unternommen hat.

Der Einsatz ist erfolgreich. Mittlerweile sind von uns und unseren Partnern rund 16 000 Peschmerga-Kämpfer ausgebildet worden. Der Einsatz ist aber in eine Phase geraten, in der tatsächlich für die Zukunft überlegt werden muss, wie es weitergeht. Wir haben die Auslieferung unserer Ausrüstungspakete, die Materiallieferungen, planmäßig abgeschlossen. Das, was vorgesehen war, ist, glaube ich, im September dieses Jahres zum Abschluss gekommen.

Mit der Ausbildung von 16 000 Kämpfern haben wir einen wesentlichen und wichtigen Beitrag geleistet, der auch erfolgreich war; denn der IS ist in der Region schwer in die Enge getrieben worden, und das Blatt hat sich zum Glück gewendet.

Der derzeitige Stand ist auch dadurch gekennzeichnet, dass – das müssen wir zur Kenntnis nehmen – das Verhältnis zwischen der kurdischen Autonomiebehörde und der irakischen Zentralregierung durch die Entscheidung der Regierung der autonomen Region Kurdistan-Irak unter Führung von Massud Barzani, das Referendum durchzuführen, eingetrübt worden ist. Wir haben immer davon abgeraten und davor gewarnt. Wir haben uns in dieser Frage klar positioniert und gesagt: Die Einheit des Staates steht nicht zur Disposition. Autonomierechte sind wichtig, aber das bedeutet nicht, dass wir eine Zukunft in der Abspaltung des kurdischen Teils des Iraks vom übrigen Staatsgebiet sehen. Deswegen ist es ganz wichtig, dass wir sowohl mit den Kurden als auch mit der Zen­tralregierung des Iraks laufend im Dialog darüber sind.

Es war fraglich, ob die Einladung, den Kurden zu helfen, die Bagdad seinerzeit ausgesprochen hat – was ja neben der UN-Resolution, die ebenfalls auffordert, Hilfe zu leisten, die völkerrechtliche Grundlage für unseren Einsatz dort ist –, formal bestehen bleibt und auch weiterhin inhaltlich von der Regierung so gewünscht und getragen wird. Deswegen war es gut, dass wir nach dem Referendum und nachdem es dort entsprechende Auseinandersetzungen gegeben hat, unsere Aktivitäten für einige Tage unterbrochen haben.

Ich glaube, insgesamt zeigen die letzten Wochen, dass unser Agieren und unsere aktive Rolle dort eher stabilisierend und beruhigend auf die Situation zwischen Bagdad und Erbil wirken, weil wir als Partner ernst genommen werden und weil man auf beiden Seiten weiß, wo wir stehen. Deswegen wäre es schlecht, wenn wir uns zurückziehen würden; denn dann würden wir auf diese Möglichkeit des Einflusses, der auf die Situation im Irak gegenwärtig, wie ich finde, befriedend wirkt, verzichten. Deshalb finde ich es mindestens wichtig, dass wir das Mandat jetzt um drei Monate verlängern.

Ich finde es auch wichtig, dass wir bei einem neuen Mandat über das jetzt gültige Mandat in dieser Form hinaus zwar über Veränderungen nachdenken – vielleicht auch über weitere zivile Komponenten –, aber nicht grundsätzlich die Verpflichtung infrage stellen, die wir mit dem, was wir vor drei Jahren begonnen haben, eingegangen sind.

Ich würde mir wünschen, dass wir im Rahmen der Beratungen des neuen Mandats im nächsten Frühjahr auch die Frage bedenken, auf welchem Grundgesetzartikel wir dieses Mandat abstützen.

(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Das fällt Ihnen aber früh ein!)

Die Bundesregierung stützt sich auf Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes. Das halte ich für eine tragfähige Grundlage für dieses Mandat. Ich bin aber der Meinung, dass auch der Artikel 87a des Grundgesetzes tragfähig wäre, in Verbindung mit Artikel 51 der UN-Charta, wonach jeder Staat das Recht hat, sich zu verteidigen, eine solche Hilfeleistung auch die Verteidigung im Sinne des Grundgesetzes sein kann.

Ich würde mir wünschen, dass wir bei der Verlängerung des Mandats nicht nur über die Struktur und die Inhalte des Mandats reden, sondern auch grundsätzlich über die Frage, was denn unsere deutsche, nationale verfassungsrechtliche Grundlage ist.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt einfach keine!)

Ich sage ausdrücklich, dass ich Artikel 24 Absatz 2 Grundgesetz für eine ausreichende Basis halte.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Abwegig!)

Deswegen kann ich die Gründe der Grünen an diesem Punkt nicht nachvollziehen. Wie bisher glauben wir, dass das Mandat verfassungsrechtlich einwandfrei abgesichert ist.

In diesem Sinne wünsche ich unseren rund 150 Soldatinnen und Soldaten weiterhin jegliches Soldatenglück und eine gute Rückkehr aus dem Einsatz. Möge dieser Einsatz weiterhin unter einem guten Stern stehen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7174488
Wahlperiode 19
Sitzung 3
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz im Irak
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta