22.11.2017 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 3 / Zusatzpunkt 5

Rolf MützenichSPD - Aktuelle Stunde zur Lage im Nahen- und Mittleren Osten

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat, in fünf Minuten kann man nur wenige Bemerkungen machen. Ich will versuchen, mich auf vier zu konzentrieren. Aber ich will mich anders als der Kollege Röttgen der Situation im Nahen und Mittleren Osten nähern.

Ich möchte gerne damit beginnen – ich finde, es ist notwendig, diese Frage hier in Deutschland und mit den europäischen Partnern anzugehen –: Ja, es ist richtig, dass die Proteste 2010 und 2011 auch der Beginn gewaltsamer Auseinandersetzungen waren, aber sie sind nicht die Ursache dafür. Die jungen Menschen, die mutigen Frauen, die damals für gutes Regieren, gegen Korruption und für mehr Respekt gegenüber der Bevölkerung demonstriert haben, sind auch heute im Recht. Solange diese Konflikte im Inneren der arabischen Welt nicht gelöst sind, so lange wird es auch nicht gelingen, Frieden in diese Region zu bringen. Das heißt, die deutsche Außenpolitik muss sich genau mit den Gesellschaften solidarisieren, die um gutes Regieren streiten.

Deswegen sage ich sehr deutlich: Ja, die Köpfe sind ausgewechselt worden, aber die Machtzentren im Inneren haben sich nicht verändert. Deswegen stehen gerade an der europäischen Außengrenze weiterhin diese Konflikte im Mittelpunkt. Ich will daran erinnern: Viele Menschen unter Militärgerichtsbarkeit sind heute immer noch in Gefängnissen, etwa in Ägypten, aber auch in anderen Ländern der Region.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zum Zweiten. Der politische Islam, der sich ein Parteiengefüge gegeben hat, ist in dieser Situation gewachsen. Er ist nicht verschwunden, sondern nur unterdrückt. Er bleibt sozusagen weiterhin unter der Oberfläche. Das wird uns vor viele Herausforderungen stellen, gerade wenn wir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier das Gespräch mit den dortigen Gesellschaften suchen.

Dritter Aspekt. Zum heutigen Zeitpunkt, wo Mladic vor dem Internationalen Gerichtshof verurteilt wurde, sagen wir Sozialdemokraten: Alle diejenigen, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt haben – in Syrien, im Irak, im Jemen oder anderswo –, müssen weiterhin verfolgt werden. Das Schwert der internationalen Strafgerichtsbarkeit muss gerade von Deutschland weiterhin unterstützt werden.

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Das muss für alle gelten! Für alle!)

Deswegen war es richtig, dass die Bundesregierung, als sie den Vorsitz beim Menschenrechtsrat in Genf innehatte, alles unternommen hat, um die Dokumente zu sammeln, die es ermöglichen, gegen schwerste Menschenrechtsverletzungen in Syrien vorzugehen, und dass deutsche Staatsanwaltschaften gegen die Betreffenden ermitteln und letztlich Völkerstrafrecht anwenden, um entsprechende Verfahren zu ermöglichen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Da von linker Seite die eine oder andere Bemerkung kommt: Die Linksfraktion hat damals hier in Deutschland eine wichtige Chance verpasst, als sie der deutschen Bundesregierung kein Mandat für die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen gegeben hat. Sie hat sich hinter einer militärischen Frage versteckt.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ein vierter Punkt, den der Kollege Röttgen bereits erwähnt hat: Ja, wir sehen mit großer Sorge auf die Situation, die sich aus der Auseinandersetzung zwischen dem Iran und Saudi-Arabien ergibt. Ich bin dankbar, dass der deutsche Außenminister – auch auf seinen Reisen – alles für eine Deeskalation getan hat. Ich hätte mir aber auch gewünscht, dass die Bundeskanzlerin bei ihrem Besuch, den sie nur Saudi-Arabien abgestattet hat, deutliche Worte gegen das saudische Königshaus und gegen das, was Saudi-Arabien in der Region zu verantworten hat, gefunden hätte. Das wäre aller Ehren wert gewesen. Sie hätte nicht nur über Waffenlieferungen sprechen sollen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Bundesregierung tut gut daran, alles zu unternehmen, dass die amerikanische Regierung nicht weiter einen Vertrag schwächt, der einen weiteren Krieg in der Region verhindert hat. Der Vertrag ist Ausdruck unseres Versuchs der Einhegung des Iran auf diplomatischem Weg. Es war richtig, nicht nur diesen Vertrag zu verteidigen, sondern nun auch alles zu unternehmen, um dort zusammen mit anderen ein regionales Sicherheitssystem zu schaffen. Frankreich, aber auch Großbritannien sind gut beraten, zusammen mit Deutschland diesen Weg zu gehen.

Zum Schluss möchte ich etwas deutlich machen, was gerade die Kolleginnen und Kollegen von der AfD berücksichtigen sollten, die Deutschland plötzlich in einer Rolle im Nahen und Mittleren Osten sehen, die es ermöglicht, nicht nur zu vermitteln, sondern auch neue Grenzen zu ziehen. Astana und Sotschi sowie der gestrige Besuch des syrischen Machthabers und der heutige Besuch des iranischen Revolutionsführers machen deutlich: Nicht mehr in Berlin werden neue Grenzen gezogen, sondern leider woanders. Wir Demokraten sind aufgefordert, in dieser Hinsicht eine andere Politik zu betreiben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank. – Als Nächstes hat das Wort für die Fraktion der AfD Herr Dr. Alexander Gauland.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7174493
Wahlperiode 19
Sitzung 3
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Lage im Nahen- und Mittleren Osten
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