Armin-Paulus HampelAfD - Aktuelle Stunde zur Lage im Nahen- und Mittleren Osten
Herr Präsident! Verehrte Kollegen! In den Zeiten meiner Jugend zählte Deutschland unangefochten zu den Freunden der arabischen Völker des Nahen Ostens.
(Niels Annen [SPD]: War das auch im Kaiserreich?)
Als junger Mann trug ich den verehrten Professor Georg Garbotz von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen zu Grabe, der im Ersten Weltkrieg für die Philipp Holzmann AG am Ausbau der Bagdadbahn beteiligt war. Später, in meinem journalistischen Beruf, begleitete ich oft genug den damaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher auch auf Reisen in den Nahen Osten. Hans-Dietrich Genscher, meine Damen und Herren, war ein Meister des diplomatischen Geschicks und der Konversation. Manchmal reichte bei ihm ein Hochziehen der Augenbraue aus – da brauchte er nichts zu sagen –, um auszudrücken, in welche Richtung er tendierte. Wenn wir dieses Geschick heute reflektieren, dann kann man nur feststellen – mein Respekt an die FDP; zumindest an ihre Geschichte –: Diese Kunst gibt es heute in der Form leider nicht mehr. Sie ist uns verloren gegangen.
Herr Gabriel, mit Ihrer Brüskierung Saudi-Arabiens – übrigens ein Land, dem auch die AfD äußerst kritisch gegenübersteht – haben Sie nicht nur für erhebliche Irritationen gesorgt, nein, Sie haben auch die Bemühungen unseres Nachbarn Frankreich torpediert. Im Gegensatz zur Bundesregierung hat der französische Staatspräsident auf jede rabulistische Rhetorik verzichtet, ist nach Saudi-Arabien gereist, hat mit den Saudis geredet, sich aufklären lassen und danach genauso konsequent den libanesischen Ministerpräsidenten inklusive Familie nach Paris eingeladen, um ein Zeichen zu setzen, dass der Mann sicher ist und alle anderen Behauptungen falsch sind. Das ist kluge Politik. Sie haben letztendlich die französische Politik und damit das, was wir wollen, nämlich dass Europa gemeinsam agiert, konterkariert. Sie sind dem französischen Präsidenten quasi in den Rücken gefallen.
(Lachen bei Abgeordneten der SPD)
– Da lachen Sie. Es stimmt aber.
Frau von der Leyen hat heute ein Bild gezeichnet – da gebe ich meinem Freund Alexander Gauland völlig recht –, als würde an unserem deutschen militärischen Wesen die Welt genesen. Was wir alles im Irak erreicht haben! Meine Damen und Herren, da darf ich Sie auf den Teppich holen. Es stimmt, was Herr Gauland gesagt hat. Auch der Blick in die Geschichte belegt es, und zwar sind es die Jahre 1917 ff. Vielleicht sollten Sie sich das einmal durchlesen. Das, was wir heute an Konflikten haben, ist mit Sicherheit nicht durch deutsche Aktivitäten in den letzten 100 Jahren entstanden, sondern es ist durch eine französische und vor allem eine britische Kolonialpolitik entstanden, und wir räumen heute den kolonialen Schrott der Geschichte auf.
(Beifall bei der AfD)
Später folgten Interventionen der Vereinigten Staaten von Amerika, die in einem Ausmaß die arabische Welt verändert haben, wie wir uns das vor zehn Jahren nicht hätten vorstellen können, meine Damen und Herren. Vor diesem Hintergrund müsste doch eine deutsche Bundesregierung sagen: Ja, auch wir wollen uns mit unseren guten Kontakten zu den arabischen Nachbarn engagieren, aber in der Reihenfolge, dass erst der postkoloniale Schrott von Briten und Franzosen aufgeräumt wird und vor allen Dingen die Verantwortung der Vereinigten Staaten von Amerika zur Geltung kommt. Sie haben das Unheil im Nahen Osten als Erste angerichtet, im Irak, jetzt in Syrien und anderswo. Frau Merkel hätte schon Herrn Obama die Leviten lesen müssen und sagen müssen, dass wir die arabische Welt auf den Kopf stellen. Jetzt haben wir die Situation so, wie sie heute ist. Der Nahe Osten ist ein Pulverfass, das wissen Sie – heute noch viel mehr als vor wenigen Jahren.
(Beifall bei der AfD)
Wir haben leichtfertig eine kurdische Peschmerga unterstützt, mit Waffen, Ausbildung. Die Bundesregierung muss sich fragen lassen: Wissen Sie heute, wo diese Waffen sind? Wissen Sie, wo sie eingesetzt werden? Diese Antwort bleiben Sie uns schuldig, weil man es nicht genau sagen kann; einige Andeutungen wurden heute hier schon gemacht. Das heißt, die Bundesregierung trägt durch diesen – wie wir finden – falschen Schritt zu dem Konflikt, wie wir ihn jetzt haben, bei. Die irakische Nationalregierung und die kurdische Unabhängigkeitsbewegung haben schon die Waffen miteinander gekreuzt. Wie die Entwicklung weitergeht, wissen wir nicht. Auf jeden Fall ist es gefährlich. Wir alle wissen, dass sich die Türken eine Entwicklung in diesem Raum ohne ihren Machteinfluss nicht gefallen lassen werden. Wir spielen also mit dem Feuer, und wir haben das wissentlich die gesamten Monate und Jahre unterstützt und haben eine Situation geschaffen, für die wir in diesem Falle allerdings mitverantwortlich sind. Es war nämlich die Politik der schwarz-roten Bundesregierung, die an dieser Eskalation beteiligt war. Sie wollen es nur nicht hören.
(Beifall bei der AfD)
Meine Damen und Herren, seit ihrem Bestehen hat die AfD eine Außenpolitik gefordert, die als Erstes eine Politik im deutschen Interesse sein muss. Wir halten das für selbstverständlich. Der frühere Außenminister Steinmeier hat einmal gesagt: Es gibt keine deutsche Politik mehr, es gibt nur noch eine europäische Außenpolitik. – Das Gelächter in den europäischen Städten hätte ich gerne gehört; denn sie alle machen erst einmal auch in Brüssel Politik im nationalen Interesse. Da es keine andere deutsche Regierung mehr gibt, bin ich der Überzeugung, dass wir erst einmal in unserem eigenen Interesse Außenpolitik gestalten müssen, weil es sonst kein anderer für uns tut.
(Beifall bei der AfD)
Herr Kollege, erlauben Sie mir eine kurze Bemerkung: Das Blinken vor Ihnen ist keine elektrische Störung, sondern verdeutlicht den stillen Wunsch des Präsidenten, dass Sie mit Ihrer Rede zum Ende kommen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich plädiere also dafür, dass wir von dem hohen Sockel herunterkommen. Sehen wir die Welt, wie sie ist, und nehmen wir sie nicht als ein Gutmenschentum an, wie Sie sie gestalten wollen. Wir allein als kleines Deutschland werden es nicht schaffen. Stellen wir uns den Realitäten! Machen wir das, was Hans-Dietrich Genscher klug gemacht hat: Machen wir Realpolitik!
Im Übrigen, mit Blick auf Assad, meine Damen und Herren – das ist mein letzter Satz, Herr Präsident –: Mit dem gleichen Maßstab hätten wir seit den 1950er-Jahren, von Konrad Adenauer bis zu Gorbatschow, keine Sowjetpolitik machen können, nicht mit den Sowjets reden können, weil diese keine demokratischen Staaten waren, genauso wenig wie Herr Assad demokratisch ist. Es hätte also keine deutsche Ostpolitik gegeben.
Herr Kollege, das war Ihr letzter Satz. Kommen Sie bitte zum Ende.
Das wäre ein Fehler gewesen. Heute ist es wieder ein Fehler. Lassen Sie uns Realpolitik machen! Das funktioniert.
Danke schön.
(Beifall bei der AfD)
Das Präsidium war langmütig, weil es Ihre erste Rede war, aber es wird sich so nicht wiederholen.
Als Nächster: Herr Roderich Kiesewetter von der CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7174509 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 3 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Lage im Nahen- und Mittleren Osten |