22.11.2017 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 3 / Tagesordnungspunkt 13

Stephan ThomaeFDP - Entwurf eines Einwanderungsgesetzes

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Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen! Verehrte Kollegen! Ich will versuchen, das, was wir soeben gehört haben, in den großen historischen Kontext unseres Landes zu stellen,

(Zurufe von der AfD: Oh!)

und in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass Deutschland schon immer ein Einwanderungsland gewesen ist.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn wir in der Geschichte zurückgehen, stellen wir fest, dass Einwanderer dieses Land schon immer mit geprägt haben, seien es die Hugenotten im 17. Jahrhundert,

(Dietmar Friedhoff [AfD]: Und die DDR-Bürger!)

Menschen aus Polen im 19. Jahrhundert, Menschen aus Südeuropa im 20. Jahrhundert, die von dem Wirtschaftswunder dieses Landes angelockt wurden. Auch ohne hier geboren zu sein, haben viele Menschen dieses Land mit geprägt, mit entwickelt, für Wohlstand und Stabilität in diesem Land gesorgt.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen muss man gar keine Angst vor Einwanderung haben. Unsere Gesellschaft schrumpft und altert ohne Zuwanderung. Angesichts unseres Fachkräftebedarfs ist es sinnvoll, unser Land für Zuwanderer und Einwanderer zu öffnen, wenn sie einen Beitrag zu Wohlstand und Stabilität leisten können.

(Beifall bei der FDP)

Natürlich muss es dafür Regeln geben. Die Regeln, die im Gesetzentwurf der SPD zu finden sind, Herr Kollege Hartmann, gehen aus unserer Sicht durchaus in die richtige Richtung. Erlauben Sie mir als Rechtspolitiker den Hinweis, dass das Urheberrecht dieser Gedanken bei der FDP anzusiedeln ist.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei der SPD)

Peter Caesar hat bereits in den 90er-Jahren als Justizminister in Rheinland-Pfalz einen Entwurf vorgelegt, der in diese Richtung geht.

(Dr. Marco Buschmann [FDP]: 1997!)

Sie haben ihn weiterentwickelt. Aber ich will darauf hinweisen, dass von unserer Seite schon immer eine Offenheit für diese Themen bestanden hat.

(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Aus Rheinland-Pfalz!)

Herr Kollege, erlauben Sie mir eine kurze Unterbrechung Ihrer Rede, weil meiner Bitte, im Plenarsaal nicht zu fotografieren, ausgerechnet von zwei Mitgliedern meiner Fraktion nicht entsprochen wurde. Ich weise noch einmal darauf hin, dass das Fotografieren im Plenarsaal nach Beschluss des Präsidiums untersagt ist. Der Nächste, den ich erwische, bekommt einen Ordnungsruf.

(Beifall des Abg. Thomas Ehrhorn [AfD])

Lassen Sie mich einen Blick auf Ihren Gesetzentwurf werfen, in dem Sie ein Punktesystem entwickeln. Grundlage sind verschiedene Kriterien wie Berufsqualifikation, Sprachkenntnisse, Alter, Integrationsaspekte, Berufserfahrung und Vorliegen eines Arbeitsplatzangebotes. Das sind gute Ansätze. Ich will nur beim Thema Integrations­aspekte auf Folgendes hinweisen: Es ist sicherlich richtig, dass Menschen, die unter anderen Aspekten ins Land gekommen sind – zum Beispiel weil sie Schutz vor Verfolgung oder vor Krieg und Bürgerkrieg gesucht haben –, einen Integrationsvorsprung vorweisen können. Das soll aber nicht zum Nachteil solcher Menschen gereichen, die sich von ihrer Heimat aus bewerben und einen solchen Integrationsvorsprung nicht besitzen können. Hier gibt es ein paar Punkte, über die wir gerne noch einmal diskutieren möchten. Dazu zählt auch die Kontingentierung. Sie schlagen vor, dass der Bundestag auf Vorschlag der Bundesregierung und mit Zustimmung des Bundesrates jährlich die Zahl der Menschen festlegen soll, die in unser Land einwandern können. Das erscheint uns etwas planwirtschaftlich. Das Problem in der Vergangenheit bestand ja nicht darin, dass zu viele hochqualifizierte Zuwanderer zu uns gekommen sind.

Der Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung. Er findet bei uns Zuspruch und Sympathie. Er springt aber in ein paar Punkten vielleicht etwas zu kurz. Sinn eines Punktesystems ist, eine Zuwanderung von Fachkräften auch ohne Arbeitsvertrag zu ermöglichen. Ansonsten brauchten wir gar kein Punktesystem. Aus unserer Sicht reicht es auch nicht, dass es „einen legalen Einwanderungsweg für Drittstaatsangehörige unterhalb der Voraussetzungen der Blauen Karte EU“, wie es im Gesetzentwurf heißt, geben soll. Wir meinen, dass die Regelungen betreffend die Blaue Karte EU grundlegend reformiert und in einem Einwanderungsgesetz zusammengeführt werden müssen. Dabei sollten Asylbewerber und Asylberechtigte, Flüchtlinge aus Bürgerkriegs- und Kriegsgebieten sowie Fachkräfte, die zu uns kommen wollen, gleichermaßen berücksichtigt werden.

(Beifall bei der FDP)

Aus unserer Sicht wäre es sinnvoll, eine Reform der Blue-Card-Regelungen für Einwanderer mit Arbeitsplatz­angebot durchzuführen und parallel dazu ein Punktesystem für Einwanderer ohne Arbeitsplatzangebot einzuführen. Das entspräche unseren Vorstellungen. Aber ohne Zweifel ist es Ihr Vorschlag wert, im Hauptausschuss behandelt zu werden. Deswegen stimmen wir für die Überweisung und eine eingehende Beratung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Thomae. – Als Nächstes – ich hoffe, dass ich den Namen richtig ausspreche – hat Zaklin Nastic das Wort für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7174527
Wahlperiode 19
Sitzung 3
Tagesordnungspunkt Entwurf eines Einwanderungsgesetzes
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