12.12.2017 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 4 / Zusatzpunkt 1

Achim PostSPD - Aktuelle Stunde zu Ständiger Strukturierter Zusammenarbeit, Brexit, Europäischer Rat

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dann wollen wir einmal über Europa reden. Warum ist es gut und richtig, dass wir das heute machen? Weil wir eine Aktuelle Stunde haben? Sicherlich. Weil es einen Gipfel am Donnerstag in Brüssel gibt? Auch das. Weil Europa immer irgendwie wichtig ist? Aber natürlich. Aber warum machen wir es wirklich? Wir machen es wirklich, weil in diesen Tagen, Wochen und Monaten grundlegende Entscheidungen in und für Europa anstehen und weil sich für diese Weichenstellungen und Entscheidungen jetzt ein Zeitfenster geöffnet hat, das wir nicht einfach so schließen sollten.

Warum nicht? Wir haben in den letzten zehn Jahren ein Europa im Krisenmodus erlebt. Wir haben in den letzten zehn Jahren gesehen, wie der Einfluss Europas global abgenommen hat und wie gleichzeitig innerhalb Europas, innerhalb der Europäischen Union, die Fliehkräfte zugenommen haben. Einige, wie die Briten, wollen sich ganz verabschieden aus der Europäischen Union. Andere, wie die Polen oder Ungarn – aber nicht nur sie alleine –, wollen sich verabschieden aus dem Wertekanon Europas, also Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Gewaltenteilung.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Frontex!)

Dritte wiederum begreifen Europa schlicht und einfach als ein Europa der Rosinenpickerei.

Schauen wir mal an drei Orte, nach Sotschi, nach  Budapest und nach Washington – drei Orte, an denen Europa nichts zu vermelden hatte. Nach Sotschi hat der russische Präsident erst den syrischen Präsidenten, dann den iranischen und den türkischen Präsidenten eingeladen, die gefühlten und wahrscheinlich wirklichen Sieger des Syrien-Konfliktes. Europa hat dabei keine Rolle gespielt.

(Andrea Nahles [SPD]: Richtig!)

Schauen wir nach Budapest, zu den 16-plus-1-Gesprächen, die China mit 16 europäischen Ländern führt, davon 11 Mitglieder der Europäischen Union. Die Europäische Union hat dabei keine Rolle gespielt.

Schauen wir auf die vor einigen Tagen getroffene Entscheidung von Präsident Trump zu Jerusalem. Mit uns, mit Deutschland, mit der Europäischen Union, wurde das nicht abgesprochen.

Wenn wir das ändern wollen – ich vermute mal, dass die Mehrheit des Hauses es ändern will –,

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Deutsche Großmachtfantasien!)

dann brauchen wir erstens eine strukturierte Zusammenarbeit im Bereich der äußeren Sicherheit. PESCO ist ein gutes Beispiel und aus meiner Sicht ein historischer Schritt in die richtige Richtung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Gleiche gilt zweitens für die Einladung des schwedischen Ministerpräsidenten – ein Sozialdemokrat, im Übrigen ein alter IG-Metaller –, um neue Impulse zu setzen. Er will zusammen mit den anderen Europäern erreichen, dass es mehr soziale Gerechtigkeit in der Europäischen Union und in Europa gibt. Hier gibt es viele gute Vorschläge, die wir jetzt in die Praxis umsetzen müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zuruf der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE])

Der dritte Punkt. Das, was die EU-Kommission und vorher Präsident Macron hinsichtlich einer grundlegenden Reform der Wirtschafts- und Währungsunion vorgeschlagen haben, ist der Kern aller Reformen, wenn wir eine Stabilisierung der Euro-Zone auch in Krisenzeiten wollen. Wenn wir wollen, dass Europa mehr für Investitionen, Wachstum und Beschäftigung tut, dann müssen wir diese Reformvorschläge im Grundsatz unterstützen. Über Details können wir reden; aber im Grundsatz ist das, was da vorgeschlagen wird, richtig.

(Beifall bei der SPD)

Zusammengefasst geht es aus meiner Sicht um eine ganz einfache Frage: Wem wollen wir nicht nur in den nächsten Wochen und Monaten, sondern in den nächsten Jahren dieses Europa überlassen: Ultranationalisten, Kleinkrämern oder wahren Patrioten und Europäern? Ich bin für das Dritte.

Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Vielen Dank, Achim Post. – Nächster Redner in der Aktuellen Stunde: Rüdiger Lucassen für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7180688
Wahlperiode 19
Sitzung 4
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu Ständiger Strukturierter Zusammenarbeit, Brexit, Europäischer Rat
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