Nicola BeerFDP - Netzwerkdurchsetzungsgesetz
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Demokratie lebt vom Diskurs: vom Austausch von Meinungen, Positionen und Vorschlägen, pointiert und auch kontrovers. Ich finde, die Bundesrepublik Deutschland hat in der Vergangenheit eher darunter gelitten, dass wir nicht genug Diskurs hatten denn zu viel.
(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der FDP)
– Sie von der AfD sollten sich nicht zu früh freuen.
(Lachen bei der AfD)
Denn wir Freie Demokraten sagen: Die sozialen Netzwerke haben in diesem Zusammenhang eine sehr wichtige Rolle. – Aber anders als Sie, meine Damen und Herren von der AfD, sehen wir soziale Netzwerke nicht als einen rechtsfreien Raum an.
(Beifall bei der FDP)
Anders als Ihnen, meine Damen und Herren, geht es uns nicht um Systemschelte, sondern um Bürgerrechte. Die Freien Demokraten wollen, anders als die AfD, effektiv gegen Menschenfeindlichkeit, Antisemitismus, Diskriminierung und Hasskommentare im Netz vorgehen.
(Beifall bei der FDP)
Doch das, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU/CSU, wollen wir auf einer rechtssicheren Grundlage machen. Das ist der Grund, warum die Freien Demokraten zu dem nächsten Tagesordnungspunkt heute einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt haben, der wieder die richtige Balance zwischen dem Rechtsstaat auf der einen Seite und den Möglichkeiten des Eingriffs auf der anderen Seite herstellt.
(Beifall bei der FDP)
Denn für uns ist klar: Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das Sie gerade in einem nochmaligen kurzfristigen Zusammenfinden der Großen Koalition so gefeiert haben, ist ein schlecht gemachtes Gesetz,
(Beifall bei der FDP)
für das es keine Gesetzgebungskompetenz gibt – jedenfalls nicht auf Bundesebene – und das die Meinungsäußerungsfreiheit, die Informationsfreiheit, die Rundfunkfreiheit und die Pressefreiheit verletzt, indem es den Betreibern privater Plattformen weitreichende Entscheidungsbefugnisse gibt.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Dr. Johannes Fechner [SPD]: Das stimmt nicht!)
– Im Hinblick auf den Eingriff durch Löschen und Sperren, Herr Kollege Fechner. – Das ist eine Privatisierung der Rechtsdurchsetzung, die nichts mehr mit unserem Rechtsstaatsprinzip zu tun hat.
(Beifall bei der FDP)
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ehrhorn von der AfD?
Gerne.
Bitte schön.
Verehrte Kollegin, sind Sie wirklich der Meinung, dass wir dem Rechtsstaat und der demokratischen Meinungsfreiheit einen Gefallen tun, wenn wir es zulassen, dass juristisch definierte Begriffe wie „Beleidigung“ und „Verleumdung“ ersetzt werden durch völlig undefinierte Begriffe wie „Hate Speech“ und „Fake News“?
Sind Sie weiter der Meinung, dass es zu verantworten ist, dass wir eine solche juristische Beurteilung nun tatsächlich Mitarbeitern von Facebook und Twitter übertragen?
Sehr geehrter Herr Kollege, genau solche Begriffe werden Sie deswegen in dem heute hier vorliegenden Vorschlag der Freien Demokraten nicht finden.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Wir setzen am bestehenden Rechtsrahmen an. Wir setzen an der bestehenden Gesetzgebungskompetenz an, die hier zwischen Bund und Ländern gesplittet ist, und wir wollen ein verfassungskonformes System, das trotzdem die Bürgerrechte gegen Beleidigung, gegen Diskriminierung auch im Netz durchsetzt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Da sind wir bei Ihnen!)
Dazu gehört eben auch – deswegen ist es so wichtig –, heute hier das Netz-DG aufzuheben und durch die von den Freien Demokraten vorgeschlagene Regelung zu ersetzen. Dazu gehört eben auch, dass die Feststellung, ob eine Meinungsäußerung noch Satire ist, ob sie zwar geschmacklos, aber im Sinne unserer Meinungsfreiheit zu ertragen ist oder ob sie, Herr Kollege Fechner, schon die Grenze der Strafbarkeit überschreitet, ob sie eine Beleidigung, eine Verleumdung oder vielleicht sogar Volksverhetzung ist, Privaten nicht zur Entscheidung überlassen wird.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Das ist allein Sache der dazu berufenen Behörden. Das ist Sache von Polizei und Justiz in unserem Rechtsstaat. Genau dieses System müssen wir wiederherstellen.
Dazu werden wir Polizei und Justiz besser ausstatten müssen; denn, ja, es ist schwieriger geworden, hier hinterherzukommen. Ja, in der Zeit der sozialen Netzwerke verbreiten sich solche Äußerungen sehr schnell, sie verbreiten sich sehr weit, und sie halten sich auch hartnäckig. Doch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, sehr geehrte Kollegen von SPD und CDU/CSU, wird dem Anspruch nicht gerecht; es ist sogar gefährlich. Denn mit seiner Kombination aus Löschungsverpflichtung und Bußgeldbedrohung führt es zur Umkehrung des bisherigen Prinzips. Früher hieß es: „Im Zweifel für die Freiheit.“ Reden Sie einmal mit den Plattformbetreibern – mittlerweile heißt es: „Im Zweifel löschen.“ Genau das greift in Bürgerrechte ein.
(Beifall bei der FDP und der AfD)
Genau deswegen muss dieses Gesetz aufgehoben werden.
Wir Freie Demokraten legen Ihnen einen eigenen Vorschlag vor; denn die Lücke, die die AfD schaffen will – da tun Sie uns mit der Debatte, wie Sie sie hier führen, keinen Gefallen –, lehnen wir ab; aber leider ist auch der Gesetzentwurf der Linksfraktion nicht geeignet. Sie wollen Auskunftsansprüche streichen, die wir dringend brauchen.
Frau Kollegin, es gibt den Wunsch nach einer weiteren Zwischenfrage. Lassen Sie sie zu?
Ich hätte zwar den Gedanken jetzt gern erst zu Ende geführt, aber bitte schön.
Sehr geehrte Frau Kollegin, ich wollte Ihnen die Frage stellen, inwiefern sich Ihr Beitrag eigentlich vom Beitrag der AfD-Fraktion unterscheidet. Ich glaube, eins zu eins wurde das hier gerade schon einmal vorgebracht.
Wer aufmerksam zuhört, der hört auch die Unterschiede. Vielleicht legen Sie einfach unseren Gesetzentwurf neben den Ihren; dann sehen Sie die Unterschiede.
(Beifall bei der FDP)
Ich erkläre zum Schluss, dass wir der Meinung sind, dass es die überflüssigen Berichtspflichten, die Sie als Linkspartei festschreiben wollen, in dieser Form nicht braucht. Gleichzeitig fußt das von Ihnen beschriebene Beschwerdeverfahren nicht auf einer Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Deshalb noch einmal: Wir werden nachher die Gelegenheit haben, den FDP-Vorschlag zu diskutieren. Er ist die richtige Lösung. Er findet die richtige Balance.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Die nächste Rednerin zu ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag: Anke Domscheit-Berg von der Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Nicola Beer [FDP])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7181065 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 4 |
Tagesordnungspunkt | Netzwerkdurchsetzungsgesetz |