12.12.2017 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 4 / Tagesordnungspunkt 8

Michael GerdesSPD - Einschränkung von Massenentlassungen

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe durchaus Sympathien für die Idee und das Ansinnen der Fraktion Die Linke, die gesetzlichen Hürden für Massen­entlassungen zu erhöhen,

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

vor allem dann, wenn große Konzerne weltweit Gewinne erzielen und eben nicht in der Insolvenz stecken. Jüngstes Beispiel: General Electric. Hier geht es einmal mehr um kurzfristige Rendite und nicht um verantwortungsbewusste Standortpolitik.

(Beifall der Abg. Jutta Krellmann [DIE LINKE])

Auf Kosten der Beschäftigten sollen kurzfristig Gewinne gesteigert werden. Das, meine Damen und Herren, hat mit sozialer Marktwirtschaft nichts zu tun.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ob die Form des staatlichen Eingriffs, wie im Gesetzentwurf der Linksfraktion gefordert wird, verhältnismäßig und vor allem verfassungskonform ist, müssen wir uns im Detail ansehen. Es werden Änderungen im Betriebsverfassungsgesetz, beim Kündigungsschutzgesetz und auch im Aktiengesetz vorgeschlagen. Das sind keine Kleinigkeiten, die wir im Vorbeigehen entscheiden sollten. Die Diskussionen führen wir in den Ausschüssen weiter.

(Bernd Rützel [SPD]: Jawohl!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Balance zwischen Mitbestimmung und unternehmerischer Freiheit muss stimmen. Unternehmer sollten allerdings auch keine Angst vor Mitbestimmung haben. Als ehemaliger Betriebsrat weiß ich, wie sehr sich Beschäftigte mit ihrem Konzern identifizieren und wie sehr sie sich um gute Lösungsvorschläge, auch um Kompromisse bemühen. Das schadet der Unternehmensentwicklung eher selten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, oftmals kommen mir Wirtschaftsnachrichten – egal aus welcher Branche – wie ein Automatismus vor, eben weil die Antwort auf Strukturwandel meistens Personalabbau und Standortschließung lautet. Muss das wirklich immer die Konsequenz sein, oder geht es auch anders? Gerade Großkonzerne, die verschiedene Geschäftsfelder bedienen und finanziell solide aufgestellt sind, müssen doch in der Lage sein, ihr Personal auf neue Aufgaben vorzubereiten, um Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit zu vermeiden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich wünsche mir an vielen Stellen mehr Unternehmerverantwortung, vor allem im Sinne der Belegschaft.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zum Unternehmertum gehört es, Märkte zu beobachten und Produkte weiterzuentwickeln, Menschen in Arbeit zu halten. Je nach Unternehmensgröße sind ganze Regionen von unternehmerischen Entscheidungen abhängig. Das ernsthafte Bemühen um bestehende Standorte fehlt mir oftmals. Viel zu schnell ziehen große Unternehmen weiter, weil anderswo günstiger produziert werden kann, weil Steuern gespart oder Subventionen eingestrichen werden können. In meinem Wahlkreis, am Standort Bottrop, und beim Kollegen Spiering in Dissen schließen die Feinkosthersteller Nadler und Homann aus der Unternehmensgruppe Theo Müller ihre Produktionsstätten, um, mit EU-Subventionen gefördert, nahe der deutsch-tschechischen Grenze ein neues Werk zu eröffnen.

(Ulli Nissen [SPD]: Pfui!)

Hier werden Arbeitsplätze vernichtet, dort werden neue zu anderen Konditionen geschaffen. Das ist absurd.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Meine Damen und Herren in den Konzernvorständen, zeigen Sie mehr Mut bei betriebsinternen Ausbildungen und Umschulungen. Zeigen Sie mehr Mut, Ihre Betriebsstätten zu verändern, anstatt sie zu schließen. Innovationen sind nicht nur im Produktbereich möglich. Es könnte doch auch mal soziale Innovationen in der Personalpolitik geben.

(Beifall bei der SPD)

Es ist nicht nachvollziehbar: Einerseits beklagen wir den Fachkräftemangel, andererseits werden Arbeitsplätze abgebaut, ohne die Potenziale der eigenen Belegschaft aufzudecken, ohne zu überlegen, was sich in der Region an Alternativen entwickeln könnte. Als Politik sind wir jederzeit zu Gesprächen bereit.

Standortschließungen müssen vermieden werden. Ich hoffe, dass die Sozialpartner aufeinander zugehen und in fairem Dialog Chancen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufzeigen. Das gilt für Siemens, General Electric, Bombardier genauso wie für Air Berlin und die Müller-Homann-Gruppe.

Herzlichen Dank und Glück auf. Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und ein hoffentlich erfolgreiches und friedliches neues Jahr.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Herzlichen Dank. – Als letzter Redner: Kollege Peter Weiß von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7181121
Wahlperiode 19
Sitzung 4
Tagesordnungspunkt Einschränkung von Massenentlassungen
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