13.12.2017 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 5 / Zusatzpunkt 6

Konstantin KuhleFDP - Aktuelle Stunde zu linksextremen Gewalttaten gegen demokratische Parteien

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Spätestens seit den massiven Ausschreitungen beim G‑20-Gipfel in Hamburg ist doch klar: Linksextreme Gewalt darf nicht verharmlost werden.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der AfD sowie der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Ereignisse in Hamburg haben uns gezeigt: Linksextreme Gewalt ist eben nicht nur Gewalt gegen öffentliches und privates Eigentum; linksextreme Gewalt richtet sich immer mehr auch gegen Menschen.

(Beifall bei der AfD)

So steht im Jahresbericht 2016 des Verfassungsschutzes des Landes Niedersachsen eindeutig, dass die Hemmschwelle von Linksextremisten zur Anwendung von Gewalt auch gegen Menschen niedrig sei. Das muss man in dieser Debatte erwähnen.

Dass es am Wochenende der G‑20-Proteste in Hamburg eine Vielzahl verletzter Polizistinnen und Polizisten gab, sollte für uns Anlass sein, an dieser Stelle denjenigen Menschen zu danken, die tagtäglich ihren Kopf hinhalten, um politische Gewalt zu verhindern, und das sind unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in Deutschland.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der AfD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Da klatscht Die Linke nicht!)

Das gilt auch für die Polizeibeamten, die vor kurzer Zeit beim AfD-Bundesparteitag in Hannover im Einsatz waren. Damit bin ich beim Thema „linksextreme Gewalt gegen politische Parteien“.

Es ist an dieser Stelle die klare Haltung der FDP-Fraktion, dass jede Form von Gewalt kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein kann.

(Beifall bei der FDP und der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Diese Haltung gilt übrigens gerade gegenüber solchen Parteien, mit deren Meinung man möglicherweise nicht einverstanden ist. Wenn Vertreter von Parteien, die zur Wahl zugelassen sind, keine Möglichkeit haben, einen Wahlkampfstand aufzustellen, keine Möglichkeit haben, Veranstaltungen zu organisieren, oder körperlich daran gehindert werden, irgendwo reinzukommen, dann ist das ein Problem für unsere demokratische Kultur. Das gehört zur Debatte dazu.

(Beifall bei der FDP und der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir müssen also darüber nachdenken: Was können wir tun, um linksextreme Gewalt zu verhindern? Wir als FDP-Fraktion wollen darauf setzen, Gewalttaten schon im Vorfeld, also bevor sie geschehen, zu verhindern. Dazu müssen die Sicherheitsbehörden vernünftig ausgestattet werden; dazu muss nicht, wie Herr Kollege Mayer hier vorgeschlagen hat, das Strafrecht verschärft werden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU und der AfD)

Dazu muss Präventionsarbeit geleistet werden, und wir müssen darauf setzen, dass dieses Thema ein Thema der allgemeinen gesellschaftlichen Debatte ist.

Zur Bekämpfung von linksextremen Straftaten und Gewalttaten gehört aber auch, die Realität und die tatsächliche Bedrohungslage anzuerkennen. Dankenswerterweise hat ausgerechnet die AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt eine Anfrage an die Landesregierung gestellt, um herauszufinden, wie das Verhältnis zwischen rechtsextremen und linksextremen Gewalttaten in Sachsen-Anhalt ist.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war eine gute Anfrage!)

Die Landesregierung antwortete, im Jahr 2015 habe es in Sachsen-Anhalt gerade einmal 230 linksextremistische Gewalttaten gegeben; im selben Zeitraum seien 1 749 rechtsextremistische Gewalttaten begangen worden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das zeigt: Die Bekämpfung rechtsextremer Gewalt hat bei den Sicherheitsbehörden zu Recht Priorität. Wissen Sie was: Ich habe manchmal das Gefühl, Sie wollen hier Ihre persönliche Erfahrung und Ihre persönliche Leidensgeschichte an die Stelle von polizeilicher Expertise setzen. Das kann es doch nicht sein.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich bin froh, dass die Polizei darüber entscheidet, was von uns zu bekämpfen ist, und nicht die AfD. Verschonen Sie die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten mit Ihrer ideologischen Beeinflussung. Helfen Sie lieber mit, die Sicherheitsbehörden besser auszustatten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Dann fragen Sie einmal die Polizeibeamten! Die können Ihnen das erzählen!)

Zu guter Letzt: Das Land, in dem wir leben und in dem manch ein AfDler manchmal Schwierigkeiten hat, an einen Wahlkampfstand zu kommen, ist auch das Land, in dem manchmal Flüchtlingsheime brennen. Das Land, in dem AfDler Schwierigkeiten haben, zu Veranstaltungen zu kommen, ist auch das Land, in dem wir gerade mit dem NSU-Verfahren eine rechtsextreme Mordserie aufklären müssen, die gegen Menschen türkischer, griechischer und deutscher Herkunft gerichtet war.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Wir sind doch dabei!)

Deswegen hat die Bekämpfung rechtsextremer Gewalt ganz klar Priorität.

Wir als Akteure im Deutschen Bundestag müssen uns fragen: Was können wir als Politikerinnen und Politiker dazu beitragen, dass es weniger Gewalt im politischen Bereich gibt? Welchen Beitrag leisten wir, damit aus politischer Rhetorik nicht politische Gewalt wird? Am 17. Oktober 2015 fand das Attentat auf Henriette Reker statt und am 27. November 2017 das Attentat auf Andreas Hollstein in Altena. Im Umfeld dieser Attentate, dieser Angriffe hörten wir aus den Reihen der AfD Äußerungen zum Schusswaffengebrauch gegen Kinder. Wir erleben, dass Abgeordnete, die jetzt dem Deutschen Bundestag angehören, die Kanzlerin ins Gefängnis werfen wollen. Wir erleben, dass Abgeordnete, die heute dem Deutschen Bundestag angehören, die Staatsministerin Özoğuz von der SPD nach Anatolien entsorgen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Das ist ein Weg, der zu körperlicher Gewalt führt.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Worte ebnen hier den Weg. Deswegen müssen wir uns fragen, was wir eigentlich selber dazu beitragen. Der erste Schritt ist, dass Sie, meine Damen und Herren von der AfD, in Ihrer Rhetorik auf Gewaltfantasien verzichten. Das wäre ein erster Schritt, um wirksam gegen politische Gewalt aus jeder extremistischen Richtung vorzugehen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, lassen Sie es mich zusammenfassen: Wir müssen die Sicherheitsbehörden vernünftig ausstatten und in Prävention investieren, ohne Belehrung und ohne Ideologie. Lassen Sie mich festhalten: Die AfD ist in Wahrheit der Agent der politischen Verrohung, als deren Opfer sie sich hier darzustellen versucht.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Vielen Dank, Konstantin Kuhle. – Nächste Rednerin: Caren Lay für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7181814
Wahlperiode 19
Sitzung 5
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu linksextremen Gewalttaten gegen demokratische Parteien
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