Matthias BartkeSPD - Opferentschädigung verbessern
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Namen des Attentäters vom Breitscheidplatz kennt mittlerweile fast jeder. Über ihn wurde ohne Ende berichtet. Die Opfer dagegen nahm kaum jemand in den Blick. Die für mich bitterste Erfahrung nach dem Attentat lautet: die meiste Aufmerksamkeit dem Täter, die wenigste Aufmerksamkeit den Opfern.
(Elisabeth Motschmann [CDU/CSU]: Da haben Sie recht!)
Das muss sich deutlich ändern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Das Leben der Angehörigen und der Überlebenden vom Breitscheidplatz hat von einer Sekunde auf die andere eine furchtbare Wendung genommen. Umso betroffener und vor allem nachdenklicher muss es uns machen, wie alleingelassen sich die Verletzten und die Angehörigen der Opfer gefühlt haben.
Angehörige wurden viel zu lange im Unklaren darüber gelassen, ob ihre Kinder, Eltern oder Geschwister noch am Leben sind. Es gab niemanden, der darüber Auskunft geben konnte. Hotlines waren nicht erreichbar, Opferlisten wurden chaotisch geführt, Behörden waren überfordert, und manche Beamte waren unsensibel. Man hatte den Eindruck, insgesamt herrschten geradezu kafkaeske Zustände. Der Brief der Angehörigen an die Kanzlerin ist ein bedrückendes Dokument, aber es ist auch ein wichtiges Dokument.
Meine Damen und Herren, Terroropfer müssen wissen, an wen sie sich wenden können. Bislang wussten sie es nicht. Geändert hat sich das erst im März, als die Bundesregierung Kurt Beck zum Beauftragten für die Opfer und Hinterbliebenen des Attentats vom Breitscheidplatz berufen hat. Seine Arbeit war und ist für die Betroffenen von unschätzbarem Wert. Er koordinierte Schadensersatzansprüche, vermittelte Kontakte zu Rentenversicherern und überwachte die Verteilung aus dem Entschädigungsfonds des Bundes.
Lieber Kurt Beck, von dieser Stelle aus möchte ich Ihnen ganz herzlich für Ihre Tätigkeit danken
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
und vor allem auch für die Einfühlsamkeit, mit der Sie vorgegangen sind.
Kurt Beck hat uns gezeigt: Wir brauchen eine Opferanlaufstelle als feste Einrichtung. Deren Mitarbeiter müssen sich bereithalten, fortbilden und im Ernstfall sofort mit ihrer Arbeit beginnen können.
Der vorliegende interfraktionelle Antrag fordert genau dies. Es muss in Zukunft jemanden geben, der aktiv und verantwortlich auf die Betroffenen zugeht, sie informiert und die entsprechenden Schritte koordiniert, jemanden, der ein offenes Ohr hat und zum Hörer greift, wenn Probleme auftreten, jemanden, der vielleicht auch solche Hilfen ermöglicht, für die es kein Gesetz gibt. Es darf auch keinen Unterschied machen, welche Nationalität die Opfer haben.
Es ist gut, dass sich das Bundeskabinett heute mit dem Bericht von Kurt Beck befasst hat, und es ist noch besser, dass es sich entschieden hat, seine Forderungen umzusetzen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber keine Kurt-Beck-Stunde hier!)
Meine Damen und Herren, vielleicht muss man sich damit abfinden, dass es trotz aller Bemühungen nicht immer gelingen kann, Terrorakte zu verhindern. Nicht abfinden müssen wir uns aber damit, dass die Opfer nicht schnell und unbürokratisch versorgt werden. Das muss sich ändern. Aus diesem Grund bitte ich um Zustimmung für den vorliegenden Antrag.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der letzte Redner in der Debatte ist nun Dr. Volker Ullrich von der CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7181847 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 5 |
Tagesordnungspunkt | Opferentschädigung verbessern |