Peter BoehringerAfD - Stabilität und Wachstum in Europa
Danke, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Geehrter Herr Toncar und die ganze FDP-Fraktion, Sie fordern in Ihrem Antrag fiskalpolitische Eigenverantwortung der Euro-Mitgliedstaaten. Haushaltspolitik in nationaler Hand ist eine sehr gute Forderung. Den Macron’schen Gemeinschaftshaushalt der Vereinigten Staaten von EU-ropa lehnen auch wir kategorisch ab,
(Beifall bei der AfD)
nicht nur, weil schon die Idee einer Vergemeinschaftung der Haushalte gemäß Artikel 110 Grundgesetz und auch gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig ist, sondern auch, weil wir es ökonomisch mit Ludwig Erhard halten, der klar festgehalten hatte: Die Vorstellung, dass Politikbereiche der nationalen Souveränität entzogen und supranationaler Verwaltung übergeben werden sollen, hält einer wirtschaftstheoretischen Durchleuchtung nicht stand.
(Beifall bei der AfD)
Die AfD-Fraktion hat bereits mit ihrem ersten Sachantrag im November jede Bestrebung in Richtung EU-Kollektivhaushalt abgelehnt.
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)
Lassen Sie uns also gerne diesen wichtigen Konsens in der Ausschussarbeit zusammenbringen. Fans der totalen EU in Form des EU-Suprastaats gibt es leider in diesem Haus genügend, wie etwa die Rede von SPD-Chef Schulz auf dem Parteitag gezeigt hat.
(Johannes Kahrs [SPD]: Eine sehr gute Rede!)
Er fordert ernsthaft die Vereinigten Staaten von EU-ropa und damit die Degradierung Deutschlands zur unsouveränen Verwaltungseinheit, und zwar unbedingt spätestens bis 2025.
(Johannes Kahrs [SPD]: Was für ein Unsinn! Sie haben es doch einfach nicht verstanden, intellektuell! Sie haben nicht zugehört! – Gegenruf des Abg. Dr. Alexander Gauland [AfD]: Wir haben es nur zu gut verstanden, Herr Kahrs!)
Kollege Spahn hat Herrn Schulz zu Recht „Traumtänzerei“ und „religiöse Erlösungshoffnung“ der SPD durch die EU vorgeworfen. Dem muss ich nichts hinzufügen.
(Beifall bei der AfD – Dagmar Ziegler [SPD]: Nein, weil Sie Mist erzählen!)
Es muss aber auch gesagt werden: Nationale Steuerhoheit ist wichtig, aber derzeit rein quantitativ nur noch zweitrangig. Solange EZB und die Bundesbank über die TARGET2-Dauer-Bail-outs an allen Parlamenten vorbei Wirtschaftspolitik in der Verkleidung von Geldpolitik machen – mit einem Mitteleinsatz von mehr als 1 Billion Euro im Jahr –, so lange ist eine gestärkte nationale Fiskalpolitik nicht die Hauptstellschraube, an der wir ansetzen müssen.
(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Leider schimmert auch im FDP-Antrag trotz einiger guter Passagen mehrfach die übliche keynesianische Plandenke durch. Ich zitiere: Stabilität und Wachstum: Wir wollen die optimale Nutzung des EU-Haushalts zur Stärkung der Konvergenz, zur Schaffung neuer Wachstumsimpulse sowie des ESM zur Bewältigung von Krisen. – Dieses Wunschdenken war schon 1997 in der Politik genauso ausgeprägt. Schon der erste Euro-Stabilitäts- und Wachstumspakt – er hieß genauso – ist seit 2005 permanent gebrochen worden – hundertfach –, obwohl er formal immer noch in Kraft ist. Und doch wird die Fiktion einer dauerhaften Stabilisierbarkeit durch Kontrollen und Sanktionen hier im Bundestag aufrechterhalten.
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Toncar?
Ich würde eine Kurzintervention bevorzugen. Auch die FDP muss sich manche Fakten anhören.
(Beifall bei der AfD)
Gut; alles klar. Das ist Ihr gutes Recht.
Das ziehen Sie mir bitte nicht von meiner Redezeit ab.
Ich habe die Uhr selbstverständlich gestoppt. Da ist Verlass auf mich.
Danke. – Adorno sagte einmal: „Es gibt kein richtiges Leben im falschen.“ Es gibt keine sinnvolle Euro-Rettungspolitik in einem von Anfang an fehlkonstruierten Währungssystem.
(Beifall bei der AfD)
Oder: Wenn Ihnen Adorno zu links ist, dann nehmen Sie Einstein:
Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.
(Heiterkeit und Beifall bei der AfD)
Auch reine Wachstumsgläubigkeit kann im falschen System nicht funktionieren. Wir leben in Zeiten komplett dysfunktionaler Geld- und Anleihenmärkte. Noch mehr Euro-Rettung durch noch mehr Kreditluftgeld der EZB erzeugt nur riesige Kapitalfehlallokationen und eine Wachstumsillusion, aber kein reales Wachstum.
Zurück zum vorliegenden Antrag. Stichwort „europäischer Finanzminister“: Hier wundern wir uns über Ihren Antrag. Darin steht:
Es bleibt abzuwarten, ob ein zusätzlicher Posten für Stabilität und Wachstum in Europa nötig sein wird.
Nein, hier gibt es nichts abzuwarten. Ein EU-Finanzminister wäre glatt illegal. Die EU ist kein Staat und darf nach Ansicht des Verfassungsgerichts ohne vorherige Volksabstimmung auch keiner werden.
(Beifall bei der AfD – Johannes Kahrs [SPD]: Rechtsradikaler Unsinn!)
Zudem muss über Einnahmen und Ausgaben weiterhin im Bundestag entschieden werden. Das ist ein unveräußerlicher Teil der Souveränität. Noch einmal: Die Degradierung Deutschlands zu einer Unterverwaltungseinheit eines souveränen Staates EU-ropa wäre nur gegen eine Mehrheit des deutschen Volkes durchsetzbar. All diese suprastaatlichen Ideen der totalen EU und des totalen Euro sind rechtswidrige und antidemokratische Zumutungen.
(Beifall bei der AfD)
Niemals sollte aus diesem Haus auch nur ein Vorschlag in diese Richtung kommen.
Zurück zum FDP-Antrag:
... die gemeinschaftliche Finanzierung von Schulden von EU-Mitgliedstaaten ... ist abzulehnen.
Die Botschaft hören wir wohl – absolut richtig –; die Realität sieht aber anders aus. Wir haben diese Euro-Bonds längst – mir fehlt jetzt die Zeit, das zu erklären –: Über EFSF-Garantien, ESM-Kredite, TARGET2-Salden ist monetäre Staatsfinanzierung praktisch längst realisiert.
Noch ein Zitat: Keine Bail-outs von Banken und Staaten. – Völlig richtig; dem stimmen wir zu. Das ist die Rede von uns Euro-Kritikern seit über zehn Jahren. Leider sieht auch hier die Praxis völlig anders aus. Die FDP selbst hat 2010 in Regierungsverantwortung den Startschuss für die dauerhafte Verletzung der No-bail-out-Regel geliefert.
(Beifall bei der AfD)
Wenn die FDP heute bereit wäre, die Euro-Rettung zu beenden und den Euro wieder marktwirtschaftlichen Kräften zu überlassen, dann wäre viel erreicht; aber davon haben wir heute leider nichts gehört. Wir hörten nur Stabilitätsrhetorik, und das ist immer das Gleiche. Herr Lindner – leider sind Sie bei der Debatte über Ihren eigenen Antrag nicht anwesend –, lehnen Sie endlich die Fortführung der Euro-Rettungsschirme ab. Sie haben damals, 2011, persönlich die knappe Mehrheit der FDP für die Euro-Rettung organisiert. Sie hätten diesem Land 2 Billionen Euro an künftigen Steuerzahlungen ersparen können. Sie hätten Geschichte für dieses Land schreiben können.
(Beifall bei der AfD)
Würden Sie sich bitte an die Redezeit halten!
Einige Sätze noch. – Nur die AfD will es nicht bei Rhetorik belassen. Insofern freuen wir uns auf die Ausschussarbeit. Wir befürworten die Überweisung dieses Antrags an den Ausschuss und können ihm aber in Gänze nicht zustimmen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Danke schön. – Herr Toncar, Sie haben das Wort zu einer Kurzintervention. Bitte.
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Electoral Period | 19 |
Session | 5 |
Agenda Item | Stabilität und Wachstum in Europa |