18.01.2018 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 7 / Tagesordnungspunkt 10

Ulla JelpkeDIE LINKE - Gesetz zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Rede, die wir hier heute von der AfD gehört haben, aber auch der Gesetzentwurf zur vollständigen Abschaffung des Familiennachzugs für Menschen mit subsidiärem Schutz zeigen einmal wieder, was für eine rassistische Partei in den Bundestag eingezogen ist,

(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der AfD)

vom Format dilettantisch, von der Intention menschenfeindlich.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Rechtsradikal! Kenne ich alles!)

Auch hier wieder versuchen Sie, mit einem Gesetzentwurf Hetze zu betreiben. Eine ernsthafte Politik kann ich hier jedenfalls nicht entdecken.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Lachen bei der AfD – Ein Abgeordneter der AfD meldet sich zu einer Zwischenfrage)

– Sie brauchen sich gar nicht zu melden. Ich werde sowieso keine Zwischenfragen von Ihnen zulassen.

Konkret geht es hier darum, dass etwa 60 000 Menschen Familiennachzug beantragen. Das geht nicht nur aus den Antworten der Bundesregierung hervor, sondern auch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung kommt auf diese Zahl. Die AfD dagegen fabuliert permanent von Zahlen jenseits der Millionengrenze. Mit wirklich überhöhten Zahlen hantiert aber leider auch die Union. Zum Beispiel sprach Landesinnenminister Stahlknecht jüngst von 800 000. Ähnliche Zahlen hört man auch immer wieder aus der CSU.

Überhaupt, muss man sagen, gibt es eine frappierende Ähnlichkeit zwischen den Vorlagen der AfD und dem Gesetzentwurf der Union, den wir morgen diskutieren werden. Die einen wollen die komplette Abschaffung des Familiennachzugs und die anderen eine unbefristete Aussetzung. Im Ergebnis vertritt die Union hier die gleichen Positionen wie die rechten Hetzer in diesem Haus.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Meine Damen und Herren von der Union und Kollege Wendt, merken Sie eigentlich noch, dass Sie schon lange eine verhängnisvolle flüchtlingsfeindliche Symbiose mit der AfD eingegangen sind? Sie spielen sich die Stichworte gegenseitig zu. Sie verbreiten falsche Zahlen, schüren Ängste und verschieben das gesellschaftliche Klima nach rechts. Das ist meines Erachtens so nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte an die SPD sagen: Ich bin wirklich von dem enttäuscht, was bei den Sondierungsgesprächen herausgekommen ist. Wir wissen zwar noch nicht, ob es zu einer Koalition kommt, aber Sie wissen ganz genau: Wenn monatlich 1 000 Menschen im Rahmen des Familiennachzugs hierherkommen dürfen, bedeutet das jahrelange Wartezeiten. Es wird lange dauern, bis die Letzten hier ankommen können. Ich finde, es ist ein Skandal, dass man den Menschen lange versprochen hat, dass sie ihre Familie in zwei Jahren nachholen können, plötzlich aber alles zunichtegemacht wird. Das, denke ich, sollten Sie so nicht stehen lassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Kommen wir noch einmal zu dem Gesetzentwurf der AfD. Man fragt sich übrigens, ob Sie überhaupt wissen, wovon Sie in diesem Gesetzentwurf sprechen. Es heißt zum Beispiel, Menschen würden aus wirtschaftlichen Gründen subsidiären Schutz beantragen. Lassen Sie sich eines sagen: Man kann in Deutschland gar keinen Antrag auf subsidiären Schutz stellen, sondern man stellt einen Antrag auf Asyl. Der wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geprüft, und dann wird entschieden, welchen Schutzstatus man bekommt. Es gibt auch den Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention und den subsidiären Schutz. Das führt im Übrigen dazu, dass wir leider diese willkürliche Behandlung beim Familiennachzug haben.

Frau Jelpke, Sie haben zwar schon abgelehnt; ich frage trotzdem noch einmal: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. Ich habe kein Interesse, der AfD hier noch mehr Zeit einzuräumen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, die AfD hat in ihrem Gesetzentwurf auch wieder die alte Leier von den männlichen Flüchtlingen, die ihre Familien zurückgelassen haben. Ja, das haben wir hier schon oft gehört, übrigens von der Union. Aber ich will hier noch einmal sagen: Dass in erster Linie Männer fliehen, um später vor allen Dingen ihre Familien legal und unter Schutz nach Deutschland zu holen,

(Stephan Protschka [AfD]: Das wissen wir ja!)

ist doch mehr als verständlich. Es ist zynisch, wenn Sie den Menschen einen Vorwurf machen, dass sie aus der Not heraus überhaupt fliehen müssen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Darüber hinaus, meine Damen und Herren, wird in dem Gesetzentwurf der AfD – das ist eben schon gesagt worden – die Migration als eine Gefahr für den inneren Frieden dargestellt: „kulturfremde Zuwanderung“, wie Sie es nennen. Ich würde sagen: Das ist Nazijargon.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das kann nicht sein! Wenn Ihnen nichts mehr einfällt, ist es immer das Nazithema! Ja, ja! Ich rede auch nicht dauernd von den Kommunisten, mein Gott!)

Nicht von den Schutzsuchenden geht eine Bedrohung aus, sondern von den geistigen Brandstiftern, die vor allen Dingen auf dieser – der rechten – Seite des Hauses sitzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kollegen, ich empfehle, in der Debatte von Begriffen wie „Rassisten“, „rechte Hetzer“ und „Nazijargon“ künftig einen differenzierten Gebrauch zu machen.

(Beifall bei der AfD – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das können die nicht, Herr Präsident!)

Als nächste Rednerin hat Frau Luise Amtsberg vom Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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Electoral Period 19
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