18.01.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 7 / Tagesordnungspunkt 13

Christian DürrFDP - Vermögensteuer

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Für uns war nicht zu jedem Zeitpunkt nachvollziehbar, was damals in Frankfurt passiert ist. Wenn ich einen Strich darunter ziehe, komme ich zu dem Schluss: Ich jedenfalls würde Herrn Glaser mein Geld trotzdem nicht anvertrauen. Aber das sei anheimgestellt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Ernst, die Vermögensteuer ist eine verdammt teure Steuer, und zwar vor allen Dingen für den Staat. Etwa ein Drittel der Einnahmen gehen am Ende des Tages für Verwaltungskosten drauf. Das heißt, es ist eine Steuer, die nicht besonders leicht, sondern besonders kompliziert und besonders teuer für den Staat zu erheben ist. Das ist übrigens ein Grund dafür, warum in den letzten 20 Jahren in zahlreichen Staaten der Europäischen Union die Vermögensteuer abgeschafft worden ist – anders, als Sie hier versucht haben, das zu suggerieren.

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Außer bei den Sozialsten: der Schweiz!)

Ich will auf den Aspekt Ihres Antrages zu sprechen kommen, den ich persönlich für den spannendsten halte, nämlich auf den Vorschlag, eine Vermögensteuer in Höhe von 5 Prozent zu erheben. Das möchte ich kurz durchdeklinieren. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim hat dankenswerterweise ausgerechnet, was eine Vermögensteuer in Höhe von 5 Prozent bedeuten würde und wie hoch die Ertragsteuer, beispielsweise die Körperschaftsteuer, sein müsste, damit man 5 Prozent Vermögensteuer darstellen kann. Bei einem angenommenen Marktzins von 3 Prozent – das wäre relativ hoch in diesen Niedrigzinsphasen; bei niedrigerem Zins müsste der Steuersatz noch höher sein – müsste die Körperschaftsteuer 193,04 Prozent betragen, liebe Kollegen.

Man könnte jetzt meinen, dass die Linkspartei einem untergegangenen sozialistischen System nacheifert. Mitnichten; denn 193,04 Prozent sind mehr als das Doppelte des damaligen Spitzensteuersatzes der Körperschaftsteuer in der Deutschen Demokratischen Republik, der bei 95 Prozent lag. Um das an der Stelle noch einmal deutlich zu machen: Das heißt nichts anderes, als dass selbst Walter Ulbricht und Erich Honecker sich nicht getraut haben, so etwas vorzuschlagen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Herr Ernst, wenn man das zugrunde legt – das kann man alles einfach nachrechnen –, stellt man entweder fest, dass Sie mit diesem Vorschlag steuerpolitisch ahnungslos und nicht ernst zu nehmen sind, oder wir haben gerade live und in Farbe erlebt, was aus Ihrer Sicht der demokratische Sozialismus bedeuten würde, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben unterstellt, es würden die Reichen getroffen. Die Frage ist doch: Wen würden Sie in Wahrheit mit einem solchen Steuervorschlag treffen? Es sind doch in Wahrheit nicht die Googles, Apples und IKEAs, die Sie an der Stelle vielleicht im Kopf haben. Sie treffen mit einem solchen Vorschlag zur Vermögensteuer die kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland. Es sind die Familienbetriebe, die Sie im Kern kaputtmachen werden, diejenigen, die bei uns in den letzten Jahren die Arbeitsplätze geschaffen haben, die einen Großteil der Ausbildungsplätze bei uns bereithalten, kurz: die Deutschland zu dem Wohlstand verholfen haben, den wir heute haben. Die machen Sie mit diesem Vorschlag kaputt, und das werden wir verhindern, Herr Kollege Ernst.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Mein Eindruck ist: Sie wollen in Wahrheit eine andere Wirtschaftsordnung, nicht die freiheitliche Wirtschaftsordnung, die wir heute in Deutschland haben. – Ich glaube, der Kollege Ernst hat eine Zwischenfrage an mich, wenn ich das richtig wahrnehme.

Gestatten Sie die?

Ja.

Herr Ernst, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank, dass Sie die Frage zulassen.

Gerne.

Wir haben in unserem Antrag weniger etwas über Sozialismus, sondern vielmehr etwas über eine ganz konkrete Forderung geschrieben, nämlich zu 5 Prozent Vermögensteuer. Ich will Sie nur darauf hinweisen, dass wir vielleicht dann doch zum Thema kommen könnten. Ich halte es für bemerkenswert, dass Sie beim Thema Vermögensungleichheit immer sofort auf die DDR kommen. Das war eigentlich nie mein Ansatz. Aber wenn Sie diesen Ansatz haben, einverstanden.

Ich wollte eigentlich auf etwas anderes hinaus, nämlich auf Ihre Zahlen. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Einkommen der Menschen, die in der Bundesrepublik Deutschland über ein Vermögen von 30 Millionen Euro oder mehr verfügen – nur die –, in den Jahren 2013 bis 2014 um annähernd 200 Milliarden Euro gewachsen sind? Das war ein Zuwachs von 10 Prozent. Wenn man auf diese 200 Milliarden Euro 5 Prozent Vermögensteuer erheben würde, hätten wir immer noch einen Zuwachs von 5 Prozent. Das macht im Übrigen in Summe 100 Milliarden Euro aus. Das bedeutet: Deren Vermögen beträgt ungefähr 2 Billionen Euro. Sie können mir noch folgen als Mathematiker?

Ja. Ich bin aber kein Mathematiker.

Gut. Nur, dass wir noch beieinander sind, nicht, dass wir aneinander vorbeireden.

Nein, das passiert nicht.

Sind Sie auch bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass bei einem Steuersatz auf Vermögen von 5 Prozent diese Gruppe – 30 Millionen Euro Vermögen und mehr – also immer noch einen Zuwachs von 5 Prozent – 100 Milliarden Euro – hätte, einen Zuwachs, der bei weitem höher ist als der Zuwachs bei jedem normalen Bürger, der sein Geld auf die Bank trägt? Und das ist das Problem: Vermögen, Herr Dürr, wachsen in der Regel bei weitem umso schneller, je höher sie sind, weil sie anders angelegt werden. Genau deshalb haben wir auch den Vorschlag einer Vermögensteuer gemacht, die Menschen trifft, die über 1 Million Euro haben. Die meisten Menschen trifft sie nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Das zentrale Problem, das der Kollege von Stetten ja vorhin anhand dieses Hotels beschrieben hat, ist, Herr Ernst: Sie tun so – und haben es ja gerade auch bewusst nicht erwähnt –, als ob es sich um Vermögen handelt, das auf einem Sparbuch bei der Sparkasse um die Ecke liegt.

(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: So ist es!)

Das ist mitnichten der Fall. Es handelt sich um Anlagevermögen, das in den deutschen Mittelstand investiert worden ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Und den wollen Sie mit Ihrem Antrag kaputtmachen. Das ist Ihr zentrales Ziel, und das wird die Mitte dieses Hauses verhindern, um das ganz klar zu sagen.

Ich komme jetzt zum Schluss, Herr Präsident, und kann gerne das aufgreifen, was Herr Ernst gerade beschrieben hat. Das, was Sie damit erreichen wollen, also diese Vision, die dahintersteckt, hat in der Geschichte der Menschheit, die ja schon relativ lang ist, noch kein einziges Mal funktioniert. Das jüngste Beispiel in der Geschichte, das Sie von der Linkspartei auf Parteitagen immer wieder feiern, ist Venezuela. Ich bitte einmal, nachzuschauen, wie die aktuellen Nachrichten aus Venezuela sind. Dort herrscht faktisch eine Diktatur. Dort ist genau das versucht worden, nämlich vermeintlich Vermögende zu enteignen. Das hat in diesem Land am Ende zu leeren Regalen geführt und dazu, dass Menschen derzeit hungern. Das ist Ihr Paradebeispiel, und das werden wir ausdrücklich verhindern.

Herzlichen Dank, liebe Kollegen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Als nächste Rednerin hat Lisa Paus von Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7192713
Wahlperiode 19
Sitzung 7
Tagesordnungspunkt Vermögensteuer
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