Matthias Seestern-PaulyFDP - Altersfeststellung minderjähriger Flüchtlinge
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der heutigen Debatte geht es um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und im Besonderen um deren Alter. Wir müssen eine Lösung finden, wie wir im Zweifel das Alter bestimmen können. Leider ist die heutige Debatte wieder geprägt von Generalisierung und dumpfen Pauschalierungen.
(Beifall bei der FDP)
Das aber bringt uns in der Sache keinen Schritt weiter. Für meine Fraktion und mich ist völlig klar, dass Kinder und Jugendliche einen Anspruch auf besonderen Schutz haben. Dies gilt für alle Kinder und Jugendlichen, egal welcher Herkunft.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Klar ist aber auch: Wer besonderen Schutz und Leistungen in Anspruch nehmen will, muss hierzu nachweislich berechtigt sein. Diese Feststellung ist dringend notwendig, da eine Einstufung als Minderjähriger weitreichende Konsequenzen nach sich zieht, beispielsweise bei der Unterbringung, der Betreuung, der Höhe der Sozialleistungen und der Bleibeperspektive. Daher ist es für mich umso bemerkenswerter, dass es in den Bundesländern sehr unterschiedliche Vorgehensweisen gibt, dass es also keine vergleichbaren Ergebnisse bei der Altersfeststellung gibt. Angesichts dessen spreche ich mich für die Einsetzung einer Expertenkommission aus. Wir können nur durch eine Diskussion in der Sache und nicht mit blindem Populismus zu einer bundeseinheitlichen Regelung gelangen.
(Beifall bei der FDP)
Dann hängt die Feststellung der Minderjährigkeit nicht mehr vom jeweiligen Bundesland ab. Diese Gerechtigkeit schulden wir den Jugendlichen, aber auch unserer rechtsstaatlichen Ordnung.
(Beifall bei der FDP)
Außerdem sollte aus unserer Sicht eine objektive medizinische Einschätzung des Alters möglich sein. Wenn ein bundeseinheitliches Verfahren, wie wir es fordern, nach einer sogenannten qualifizierten Inaugenscheinnahme das Alter nicht zweifelsfrei klären kann, muss eine medizinische Einschätzung vorgenommen werden. Auf diese Weise werden wir sicherlich nicht jeden Einzelfall klären können. Aber wir werden eine deutliche Eingrenzung der Zweifelsfälle ermöglichen.
(Beifall bei der FDP)
In diesem Zusammenhang möchte ich einen kurzen Auszug aus dem Bericht der Landesjugendhilfeplanung 2017 des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung zitieren. Dort heißt es:
Die individuellen Erfahrungen und Strategien der Fachkräfte reichen im Rahmen der Altersfeststellung von Aussagen, dass das Alter eigentlich nicht zu erkennen sei, bis hin zu der Selbstbeobachtung: „Mit der Zeit bekommt man ein Gefühl dafür.“
Eine so weitreichende Entscheidung für zum Teil stark traumatisierte Menschen auf der Grundlage eines Gefühls zu treffen, reicht mir ausdrücklich nicht.
(Beifall bei der FDP)
Außerdem sollte die Altersfeststellung der jungen Flüchtlinge erfolgen, bevor sie auf die Jugendämter vor Ort verteilt werden.
Das Wohl der tatsächlich Schutzbedürftigen steht für mich und meine Fraktion im Mittelpunkt. Dies sollte die Grundlage für unsere Debatte in Deutschland sein. Für mich geht es um eine Versachlichung dieses hochemotionalen Themas. Das Wohl der Kinder und Jugendlichen ist mir wichtiger als politische Stimmungsmache.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das muss unser gemeinsamer Konsens werden.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nächster Redner ist der Kollege Norbert Müller von der Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7193021 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 8 |
Tagesordnungspunkt | Altersfeststellung minderjähriger Flüchtlinge |