19.01.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 8 / Tagesordnungspunkt 20

Martin RosemannSPD - Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es schon bemerkenswert, wie stark offenbar die gescheiterten Jamaika-Gespräche hier im Hause nachwirken und wie stark Sie da doch jeweils nacharbeiten müssen.

(Sandra Weeser [FDP]: Bei den Grünen!)

Gleichzeitig habe ich den Eindruck, dass das vielleicht auch kein Wunder ist, wenn man bedenkt, dass Sie acht Wochen lang zwar schöne Balkonfotos produziert, am Ende aber eben keine Regierung zustande gebracht haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Michael Theurer [FDP]: Es waren vier Wochen!)

Ich kann hier nur nüchtern festhalten: Offenbar brauchte es des Einstiegs der SPD in die Gespräche um die Regierungsbildung, um wieder ein Mindestmaß an Professionalität in diesen Prozess hineinzubringen.

(Beifall bei der SPD – Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Unser Neid ist grenzenlos!)

Wenn ich dem Kollegen Weiler zuhöre, dann merke ich, dass er sich geradezu danach sehnt, in den nächsten vier Jahren so professionell von uns durch die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik geführt zu werden wie in den letzten vier Jahren.

(Beifall bei der SPD – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Schauen wir, dass du in vier Wochen nicht woanders stehst!)

In der Tat ist es so: Wir haben eine langanhaltende und auch aktuell positive, gute Entwicklung am Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosigkeit hat sich seit 2005 nahezu halbiert. Mit fast 33 Millionen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen haben wir heute den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Drei Jobs!)

Trotz all dieser positiven Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt sage ich: Die Spielräume für die Senkung des Beitrags zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung sind begrenzt, und zwar deshalb, weil wir gleichzeitig vor neuen Herausforderungen in der Arbeitsmarktpolitik stehen. Das Stichwort „Digitalisierung“ ist schon genannt worden.

Wir haben es mit immer schnelleren Veränderungen zu tun, damit, dass sich die Qualifikationsanforderungen immer häufiger und immer schneller verändern. Wir haben es daneben mit immer häufigeren Wechseln von Tätigkeiten zu tun. Eine gute und vorausschauende Arbeitsmarktpolitik muss die Beschäftigten dabei unterstützen, diese Veränderungen zu bewältigen. Sie muss diese Trends frühzeitig erkennen, in Weiterbildung investieren und die Beschäftigten auf diesem Weg unterstützen.

Deswegen brauchen wir eine Weiterentwicklung der Bundesagentur für Arbeit zu einer Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung. Wir brauchen den Einstieg in die Arbeitsversicherung mit einem Rechtsanspruch auf Weiterbildung.

Lieber Herr Theurer, deswegen wollen wir Geringverdiener entlasten, aber eben nicht auf Kosten der Handlungsfähigkeit der Bundesagentur für Arbeit in Bezug auf diese Herausforderungen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Michael Theurer [FDP]: Wir auch nicht!)

Daneben haben wir es mit einer zweiten großen Herausforderung für die Arbeitsmarktpolitik zu tun, nämlich mit der Langzeitarbeitslosigkeit. Wichtig ist: Auch die Langzeitarbeitslosigkeit ist in den letzten zehn Jahren deutlich gesunken; sie hat sich etwa halbiert. Fakt ist aber auch, dass die Langzeitarbeitslosen von den guten Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt aktuell nur sehr wenig profitieren. Deswegen meinen wir, die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit muss auf die Tagesordnung dieser Legislaturperiode.

Ich finde, das haben die Linken richtig erkannt. Im Unterschied zu den Linken wollen wir aber eben keine Abkehr vom Prinzip „Fördern und Fordern“, sondern wir wollen mehr und besser fördern. Wir wollen das Förderversprechen aus dem SGB II umfassend umsetzen. Alle müssen die individuelle Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Alle müssen die Qualifizierung bekommen, die sie benötigen. Wir wollen zweite und dritte Chancen eröffnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb sind für mich in dieser Wahlperiode zwei Dinge wichtig:

Erstens müssen wir die Jobcenter in die Lage versetzen, wirklich individuell und passgenau zu fördern, gut zu beraten und zu unterstützen. Voraussetzung dafür ist eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung der Jobcenter.

Zweitens müssen wir Teilhabe durch Arbeit durch einen richtigen, dauerhaft gesicherten sozialen Arbeitsmarkt auch für diejenigen schaffen, die eben keine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt haben. Damit schaffen wir Perspektiven.

Ich kann in Richtung Linke nur sagen: Wenn wir 150 000 sagen, dann sagt ihr 200 000. Wenn wir 200 000 sagen würden, dann würdet ihr 250 000 sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Nein! Umgekehrt! Wir sagen 200 000!)

Für euch kann es nie genug sein. Ich sage: Wir packen es an! Es ist allemal besser, Arbeit zu finanzieren als Arbeitslosigkeit.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der letzte Redner zu diesem Tagesordnungspunkt: Kollege Stephan Stracke für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7193050
Wahlperiode 19
Sitzung 8
Tagesordnungspunkt Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung
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