Bettina Stark-WatzingerFDP - Aktuelle Stunde zu einer europäischen Bankenunion
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Europa braucht stabile Banken und funktionsfähige Kapitalmärkte; sie sind die Grundlage für Wohlstand und Wachstum. Ich glaube, so weit sind wir uns hier alle einig. Aber unsere Einigkeit endet, wenn wir über die Ziele diskutieren, wie wir dazu kommen.
Wir sehen in diesen Tagen, dass in Brüssel die Aktivitäten zur Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion wieder Fahrt aufnehmen, allen voran die Diskussion über die Bankenunion. Ich bin der Ansicht, Entscheidungen von so grundlegender Bedeutung dürfen nicht hinter den verschlossenen Türen von Ministertreffen vollzogen werden. Sie gehören auf die Tagesordnung unseres Parlaments.
(Beifall bei der FDP)
Auch in der Bankenunion muss weiterhin das Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft, nämlich die untrennbare Verknüpfung von Risiko und Haftung, gelten. Die wirtschaftliche Lage verdeckt derzeit, dass die Risiken im Finanzsystem mitnichten beseitigt sind. Die Staatsverschuldung ist weiterhin zu hoch, das Bankensystem krisenanfällig, und der Reformwille von Staaten erlahmt.
(Beifall bei der FDP)
Otmar Issing, der Chefvolkswirt der EZB, hat in den vergangenen Tagen einen lesenswerten Beitrag in der „FAZ“ veröffentlicht. Issing schrieb:
Das Ergebnis der Sondierungsgespräche muss man als Abschied von der Vorstellung einer auf Stabilität gerichteten europäischen Gemeinschaft verstehen. Damit werden die Versprechen gebrochen, die man den Bürgern in Deutschland vor der Einführung des Euros gegeben hat.
Issing bescheinigt der CDU/CSU und der SPD damit eine – ich zitiere – „ordnungspolitische Orientierungslosigkeit“ in der Debatte. Das wollen wir ändern.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Deutschland war in der Vergangenheit immer ein Garant für die finanzpolitische Eigenverantwortung der Staaten. Die Große Koalition hat sich von dieser Politik verabschiedet; Risikoteilung hat heute Vorrang vor dem Prinzip der Risikovermeidung. Ein aktuelles Beispiel der von Issing angesprochenen Orientierungslosigkeit ist die Zustimmung des Finanzministers, bis Juni eine sogenannte Roadmap für eine europäische Einlagensicherung zu entwerfen. Was ist das? Die EU-Kommission will die nationalen Einlagensicherungsfonds komplett in einen europäischen Topf überführen. Bisher hat die Bundesregierung das mit der Begründung abgelehnt, dass Sparer nicht für die Guthaben von Bankkunden in anderen EU-Staaten haften dürfen. An dieser Position müssen wir festhalten.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Ja, wir brauchen in Europa gemeinsame, harmonisierte Regeln. Grundsätzlich ist es richtig, dass auch auf europäischer Ebene Anstrengungen zur Stärkung der Einlagensicherung unternommen werden. Das darf jedoch nicht zur Quersubventionierung über Grenzen hinweg führen. Mit der bereits eingeführten und geltenden EU-Einlagensicherungsrichtlinie wurden die Grundlagen für den Schutz der Sparer ja bereits gelegt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Warum lehnen wir mehr Vergemeinschaftung ab? Ich nenne kurz drei Punkte:
Eine Vorbedingung der Bankenunion war immer, dass die Risiken in den Bankenbilanzen reduziert werden. Noch heute schlummern europaweit circa 950 Milliarden Euro an faulen Krediten in den Büchern der Banken. Diese zu vergemeinschaften, wäre der falsche Anreiz.
(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum geht es auch gar nicht bei der Bankenunion!)
Es wäre falsch verstandene Solidarität und würde unsolidarisches Risikoverhalten belohnen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Europäische Banken sind noch immer eng umschlungen von ihren Heimatstaaten. Sie halten zum Teil enorme Bestände an heimischen Staatsanleihen in ihren Büchern. Die Bundesregierung und die EU-Kommission haben es bisher versäumt, diesen Teufelskreis finanzieller Abhängigkeit zwischen Staaten und ihren Banken durch die Einführung einer Eigenkapitalunterlegung zu durchbrechen. Hier wäre mehr Reformwille erforderlich.
(Beifall bei der SPD und der AfD)
Der Einheitliche Abwicklungsmechanismus soll verhindern, dass Steuerzahler für Fehlverhalten von Banken zahlen müssen. Trotzdem wurden in den letzten Jahren wieder Banken durch den Staat gerettet. Zu oft werden sinnvolle Regeln durch die politischen Akteure gebrochen.
(Beifall bei der FDP und der AfD)
Die Mehrheit der Menschen in unserem Land bekennt sich zu Europa, und das ist gut so. Das ist ein hohes Gut, das nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden darf; denn wenn wir das Vertrauen der Menschen und die Glaubwürdigkeit verlieren, dann verlieren wir die Menschen auf dem Weg nach Europa.
Wir bekommen jetzt eine Bundesregierung, die über immense Steuereinnahmen verfügen wird. Wir Freie Demokraten werden uns dafür einsetzen, diese Mittel nicht dafür zu verwenden, die Ursachen der Krise nur zu überdecken, da die richtige Antwort doch wäre – das muss man auch einmal sagen –, die Menschen zu entlasten.
Frau Kollegin.
Ich komme zum Schluss. Das ist meine erste Rede; da darf ich überziehen.
(Beifall bei der FDP)
Ja, Sie sind aber schon fast eine Minute über der Zeit.
Allein durch Umverteilung wird Europa nicht besser. Europa wird besser, indem es sich exzellente wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen gibt. Wir fordern die Bundesregierung auf: Konzentrieren Sie sich darauf, die bestehenden Risiken zu minimieren!
Frau Kollegin.
Bleiben Sie bei Ihrem Nein zur Vergemeinschaftung!
Lassen Sie mich noch eines sagen.
(Heiterkeit bei der FDP)
Nein.
Ja, doch.
Frau Kollegin, bei allem Ernst: Ein letzter Satz!
Das Sondierungspapier erinnert an einen Satz von Mark Twain:
Als wir die Richtung verloren hatten, verdoppelten wir die Geschwindigkeit.
Das kann nicht der Weg sein.
(Beifall bei der FDP und der AfD)
Ich sage herzlichen Dank, aber auch die erste Rede darf nicht dazu veranlassen, die Zeit nahezu zu verdoppeln.
Frau Kollegin Antje Tillmann von der CDU/CSU ist die Nächste.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7197602 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 10 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu einer europäischen Bankenunion |