Florian ToncarFDP - Aktuelle Stunde zu einer europäischen Bankenunion
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist vorhin von der Kollegin Arndt-Brauer gesagt worden, es sei hier immer wieder über das Thema Einlagensicherung und Bankenunion debattiert worden. Das mag so sein. Aber wenn man sich in dieser Debatte einmal anhört, welche Einigkeit zwischen CDU/CSU, SPD und Grünen bei diesem Thema besteht, dann sage ich: Eine lebendige Debatte kann das nicht gewesen sein.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Fabio De Masi [DIE LINKE])
Dass diese Debatte aktuell ist, Frau Kollegin, zeigen die Reaktionen aus der Fachwelt. Sie müssen der FDP nicht glauben, dass das ein wichtiges Thema ist; aber schauen Sie sich an, was Verdi dazu geschrieben hat. Sie hat geschrieben: Dadurch sind unsere Arbeitsplätze in Gefahr. Es ist eine Gefahr für die Arbeitsplätze, insbesondere bei den Sparkassen. – Das sagt Verdi. Wenn Verdi recht hat, dann darf man Verdi auch einmal erwähnen. Recht hat sie.
(Beifall bei der FDP – Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Wo steht das?)
Der Städtetag sagt Ähnliches. Die Volksbanken sprechen von einer existenziellen Gefahr für alle Verbundsysteme. Deswegen, Kollege Schick, sind es insbesondere die kleinen Banken, die Sorgen haben, und nicht die großen, wie Sie hier insinuiert haben. Die kleinen Banken haben die größten Sorgen vor einer einheitlichen europäischen Einlagensicherung.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Lassen Sie den Popanz! Das gibt es überhaupt nicht!)
Um eines aus unserer Sicht klarzustellen: Bankenunion ist eine gute und richtige Idee. Aber Bankenunion funktioniert auch ohne eine einheitliche Einlagensicherung auf europäischer Ebene. Man kann sie machen, aber man muss sie nicht machen. Es ist nicht so, dass es ein elementarer und unverzichtbarer Bestandteil dessen wäre. Bankenunion ist heute Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB und eine einheitliche Abwicklung von Banken durch eine einheitliche europäische Abwicklungsbehörde. Beides kann man noch besser machen; aber beides funktioniert für sich genommen sehr gut. Das hat mit der Einlagensicherung indirekt zu tun; aber Sie können das auf die eine wie die andere Weise lösen. Deshalb können wir hier debattieren und unterschiedlicher Meinung sein; es ist jetzt jedoch kein zwangsläufiger Weg, wie manche hier den Eindruck erwecken, in einer einheitlichen Einlagensicherung vorgezeichnet.
(Beifall bei der FDP)
Ich will noch einmal etwas zur Einlagensicherung bei kleinen Banken sagen. Wenn eine kleine Bank pleite ist, dann kann das nationale Einlagensicherungssystem ohne Probleme einschreiten, auch in Zukunft, es kann den Fall lösen. Interessant wird es, wenn in Zukunft bei einer einheitlichen Einlagensicherung eine große Bank nach europäischen Regeln abgewickelt werden muss. Dann entschädigt nämlich das nationale Einlagensicherungssystem den einheitlichen Abwicklungsfonds; das heißt, die Gelder, die auch die kleinen Banken eingezahlt haben, gehen dann in die Abwicklung der großen, sollen die Lasten finanzieren. Ich will einmal wissen, warum das gerechtfertigt ist und wie man es rechtfertigen kann, dass die kleinen Banken für die Abwicklung der großen zahlen sollen. Dazu habe ich heute nichts gehört, wird oft übersehen, ist aber der falsche Weg, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Fabio De Masi [DIE LINKE])
Wenn man über die Vollendung der Bankenunion diskutiert, dann liest man in den Papieren hauptsächlich etwas zum Thema „Einlagensicherung“. Aber die wirklich wichtigen Dinge, die in der Bankenunion zu optimieren und zu verbessern sind, finden sich in den entsprechenden Planungen nirgends. Es ist eine rein auf die Einlagensicherung beschränkte Debatte. Jedenfalls lese ich in den Papieren nicht sehr viel von anderen Dingen.
(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt nicht! Es gibt auch Insolvenzrecht!)
– Ich will Ihnen einmal einige Beispiele nennen, bevor Sie mir widersprechen, Herr Kollege Schick.
Die drei italienischen Banken, Banca Monte dei Paschi di Siena, die älteste Bank der Welt, Banca Popolare di Vicenza und die Veneto Banca, sind trotz des einheitlichen Abwicklungsmechanismus erneut mit Steuergeldern gerettet worden. Warum war das so? Weil es in den entsprechenden Rechtsgrundlagen einige Schlupflöcher gibt, die prompt beim ersten, zweiten und dritten Anwendungsfall genutzt worden sind. Nun müsste man doch zuallererst diese Schlupflöcher stopfen, damit Banken abgewickelt und nicht gerettet werden. Das wäre doch das Wichtigste. Und das erwarte ich von der Bundesregierung.
(Beifall bei der FDP und der AfD)
Wir könnten weitermachen. Wo lese ich etwas über einen Umschuldungsmechanismus für Staaten? Den brauchen wir – Stichwort: Gläubigerhaftung. Wo lese ich etwas über Eigenkapitalunterlegung bei Staatsanleihen? Das höre ich immer wieder. Wenn man über die Fortschreibung der Bankenunion spricht, Kollege Michelbach, dann wäre das ein Beitrag zur Lösung. Ich erwarte, dass Herr Altmaier mit seinem französischen Kollegen darüber spricht und nicht zuerst über die Einlagensicherung.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Im Übrigen, Kollege Schick, ist es aus meiner Sicht nicht so, wie Sie es gesagt haben, dass der Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen bereits so gut funktioniert, dass das alles grenzüberschreitend prima möglich wäre.
(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Risiken sind grenzüberschreitend!)
Es muss darauf geachtet werden, dass der Binnenmarkt besser funktioniert. Ich habe viele digitale Geschäftsmodelle von Banken gesehen, die versucht haben, ein Produkt digital im Internet zu vertreiben und es in verschiedenen europäischen Ländern anzubieten. Das scheitert noch immer sehr oft. Das wären doch Aufgaben für eine Integration der Bankenmärkte in Europa und nicht zuerst die Einlagensicherung.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Die einheitliche Einlagensicherung hat erhebliche Nachteile. Sie wird für die Banken hier in Deutschland teurer. Sie ist auch mit dem Risiko verbunden, dass die Absicherung schlechter wird. Bei den Verbundsystemen und bei der Institutssicherung der Volksbanken und Sparkassen ist das evident. Ich erinnere auch an die freiwillige Einlagensicherung der Privatbanken, die natürlich ebenfalls infrage steht.
(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat super funktioniert! Nur: mit Staatsgeldern!)
Das ist doch mehr als das, was gesetzlich gefordert ist. Das ist in Gefahr, wenn man alles in eine einheitliche Einlagensicherung überführt. Das heißt, die Absicherung kann auch noch schlechter werden. Da muss man erst einmal begründen, dass das wirklich ein Fortschritt ist. Ich bin davon nicht überzeugt. Deswegen halte ich es für wichtig, dass sich die Bundesregierung hier anders positioniert, als es bisher der Fall war.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Als Nächstes, liebe Kolleginnen und Kollegen, spricht der Kollege Sepp Müller von der CDU/CSU. Meine Bemerkung: Es handelt sich hierbei um seine erste Parlamentsrede.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7197615 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 10 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu einer europäischen Bankenunion |