Markus TönsSPD - Aktuelle Stunde zu einer europäischen Bankenunion
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist jetzt eine schon weit fortgeschrittene Debatte mit einigen sehr merkwürdigen Wortmeldungen. Ich will trotzdem versuchen, zum Punkt zurückzukommen.
Eine der wichtigsten Lehren, die wir aus der Wirtschafts- und Finanzkrise gezogen haben, ist doch, dass wir uns im Finanzbereich auf europäischer Ebene besser koordinieren müssen. In der EU gibt es eine klare Entwicklung hin zu einem Abbau von notleidenden Krediten. Das zeigt der Fortschrittsbericht zur Entwicklung der Risiken in der europäischen Bankenbranche, den die Europäische Kommission in diesem Monat vorgelegt hat. Seit 2014 ist die Zahl notleidender Kredite in der EU – das sind die Kredite, deren Rückzahlung seit mindestens 90 Tagen fällig ist – um ein Drittel gesunken. Das ist umso bedeutsamer, weil faule Kredite noch immer eine der größten Risikoquellen im europäischen Bankensektor sind.
Auch die FDP dürfte eigentlich das Risiko grenzüberschreitender Ausstrahlungseffekte – einige Redner haben es vorhin schon gesagt – im Bankensektor nicht leugnen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten begrüßen ausdrücklich, dass sich die EU-Mitgliedstaaten koordinieren, um die Bankenunion zu vollenden. Der Aktionsplan für den Abbau notleidender Kredite, den der Rat im Juli vergangenen Jahres beschlossen hat, ist ein Schritt auf dem Weg zur Vollendung der Bankenunion, und er ist richtig.
(Beifall bei der SPD)
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind in dieser Frage nicht naiv. Natürlich zeigt der Fortschrittsbericht der Kommission auch, dass der Abbau notleidender Kredite nicht in allen EU-Staaten gleich gut funktioniert. Gerade deshalb ist es ja so wichtig, dass sich die Mitgliedstaaten auch in Zukunft in diesem Bereich koordinieren.
Natürlich gilt weiterhin, dass die EU-Mitgliedstaaten und individuelle Banken dafür Sorge tragen müssen, dass der Anteil notleidender Kredite sinkt.
Wenn die FDP-Fraktion in dieser Aktuellen Stunde – ich will an dieser Stelle einmal auf den Kollegen Dürr von der FDP-Fraktion verweisen – und in einem Artikel der „FAZ“ behauptet, dass die Fraktion die gemeinsame Einlagensicherung im Interesse der Steuerzahler ablehnt, dann muss man sich schon fragen, wie das alles zusammenpasst.
Eine gemeinsame Einlagensicherung soll doch gerade nicht aus Steuergeldern finanziert werden, meine Damen und Herren, sondern durch Finanzinstitute. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler würden nicht zur Kasse gebeten, sondern geschützt. Sie schüren nicht nur eine diffuse Angst davor, dass die Schaffung einer europäischen Bankenunion automatisch eine Transfer- und Schuldenunion bedeuten würde,
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das ist sie ja schon jetzt!)
was auch immer Sie darunter verstehen; denn bisher erläutern Sie den Begriff ja nicht. Sie werfen vor allem auch eine Finanzierung durch Finanzinstitute und eine Finanzierung über Steuergelder durcheinander. Im Übrigen tun das nicht nur Sie; die AfD wirft in dieser Frage alles durcheinander und scheint das ganze System nicht verstanden zu haben.
(Metin Hakverdi [SPD]: So kennen wir sie! – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Aber die SPD!)
– Ja, so ist das, Herr Gauland, die Sozialdemokraten haben das verstanden.
(Lachen bei Abgeordneten der AfD)
Für die Bürger in Deutschland soll der Eindruck entstehen, meine Damen und Herren, dass ihnen durch eine europäische Bankenunion etwas weggenommen würde. Genau das Gegenteil ist der Fall.
Die Europäische Zentralbank hat im Jahr 2017 festgestellt, dass das anvisierte Zielvolumen eines europäischen Einlagensicherungsfonds – das sind 0,8 Prozent der gedeckten Einlagen – in der letzten Finanzkrise ausgereicht hätte, um die Ansprüche der europäischen Anleger zu befriedigen. Das heißt doch: Nur durch ein europäisches System bei der Einlagensicherung werden Steuerzahler bei einer Bankenrettung zukünftig nicht mehr zur Kasse gebeten.
Wir wollen, dass die Bankenbranche sich im Falle einer Krise selbst retten kann. Eine Situation, wie wir sie im Jahr 2008 erlebt haben, als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für die Rettung von Banken aufkommen mussten, darf sich nie wiederholen. Sichere Banken bekommen wir nur durch eine europäische Anstrengung. Eine vernünftige, funktionierende Einlagensicherung ist Teil eines Pakets, um das zu erreichen.
Glück auf!
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Herr Kollege Töns. – Als letzten Redner in der Aktuellen Stunde rufe ich Herrn Dr. Hermann-Josef Tebroke, CDU/CSU-Fraktion, auf und weise darauf hin, dass es sich hierbei um seine erste Parlamentsrede handelt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7197617 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 10 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu einer europäischen Bankenunion |