Peter BoehringerAfD - EU-Verordnung zu einem Europäischen Währungsfonds
Geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD-Fraktion und, wie sich zeigt, auch die FDP-Fraktion beantragen heute das, was unseres Erachtens zwingend von der Bundesregierung selbst hätte kommen müssen. Wir legen gerade noch fristgerecht die Subsidiaritätsrüge gegen einen Vorschlag der EU-Kommission ein, der ganz eindeutig die Kompetenzen der EU überschreitet. Der Bundestag muss den Verordnungsvorschlag zu einem EWF nach EU-Recht – nur darum geht es hier – heute per Sofortabstimmung rügen. Die Frist für die Rüge läuft morgen aus.
Ein EWF ist aber auch aus ökonomischen Gründen abzulehnen. Er steht in der unseligen Tradition des ESM, den wir Euro-Rettungskritiker schon vor sechs Jahren als planwirtschaftlichen Wahnsinn und Alptraum bezeichnet haben.
(Beifall bei der AfD)
Er ist auch marktwirtschaftlich verfehlt. Der nun vorgeschlagene EWF würde die damals gerade noch geretteten, ganz wenigen Mitspracherechte des Bundestages nun endgültig kassieren. Der EWF soll zudem auch noch als Letzthafter bei der Bankenrettung einspringen, also genau das tun, was der ESM erklärtermaßen nie tun sollte. Dazu wurden hier im Hause im Jahr 2012 Eide geleistet. Einige werden sich erinnern.
Herr Boehringer, gestatten Sie eine Zwischenfrage von den Grünen?
Bitte hinterher als Intervention.
(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Wie ist denn Ihr Demokratieverständnis? Schon das dritte Mal! – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das denn für ein Demokratieverständnis?)
– Sie bekommen Ihre Antwort, aber nach der Rede. In Ordnung?
Schon das Tätigwerden der EU-Kommission für einen EWF nach Unionsrecht ist nicht in Ordnung. Man muss hier eine Subsidiaritätsrüge einlegen. Hier im Haus wird sonst in wenigen Monaten nur noch ein einziger platter Ja-Nein-Beschluss zu diesem Thema möglich sein. Wie das ausgeht, wissen wir; denn es steht im Sondierungspapier der GroKo.
Lieber Kollege Fricke, Sie hätten den Kollegen Rehberg gar nicht fragen müssen. Die Antwort auf Ihre Frage lautet: Ja, der EWF soll nach Unionsrecht verfasst werden. Das ist hier ganz eindeutig so; es steht schwarz auf weiß im Sondierungspapier der GroKo.
(Otto Fricke [FDP]: Aber ich bin beim Kollegen Rehberg immer fair!)
Die GroKo fordert also ohne Not ein weiteres Stück Selbstaufgabe dieses Hauses. Denn nach dieser letzten Ja/Nein-Entscheidung zum Thema EWF wird dieser EWF seinen transfersozialistischen Gang an diesem Haus vorbeigehen; das ist ganz sicher. Es ist die letzte Entscheidung, die Sie dazu treffen werden.
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)
Der EWF-Gouverneursrat wird künftig Rettungshilfen, die teilweise Hunderte von Milliarden Euro umfassen können, geheim tagend, schnell, heimlich, willkürlich treffen. Der Bundestag wird diese Entscheidungen nicht mehr zu Gesicht bekommen – geschweige denn diese verhindern oder hinterfragen können.
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch! Wie kommen Sie denn darauf?)
Dieses in sich fast autarke Organ, der Gouverneursrat, wird nur noch vom EU-Parlament kontrolliert. Wer das EU-Parlament etwas kennt, weiß, dass es damit überhaupt nicht kontrolliert wird.
(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch! – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie den Entwurf gelesen?)
– Wir haben es gelesen.
(Beifall bei der AfD – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es hört sich aber nicht so an! Verstanden haben Sie nichts!)
Die Summen, von denen wir hier reden, übersteigen teilweise ganze Bundeshaushalte.
Juristisch sehen wir durch den Rückgriff der EU-Kommission auf Artikel 352 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und damit auf Unionsrecht als Rechtsgrundlage des EWF eindeutig eine Verletzung der verfassungsrechtlichen Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit; das ist der Artikel 5 EUV.
Es ist eine Selbstermächtigungsklausel, die hier genutzt wird, um weitere Kompetenzen von den Nationalstaaten wegzunehmen und an die EU zu ziehen. Wir haben Urteile von EuGH und Bundesverfassungsgericht, die genau das in Abrede stellen – übrigens inzwischen auch die Wissenschaftlichen Dienste. Doch genau das geschieht hier. Der ESM ist nicht Teil einer Währungspolitik, sondern ganz eindeutig der Wirtschaftspolitik. Diese ist nicht voll vergemeinschaftet; das ist einfach so, das ist ein Fakt.
(Beifall bei der AfD)
Das Haushaltsrecht ist das Königsrecht der Parlamente. Die Haushaltsverantwortung der nationalen Parlamente ist Teil der sogenannten identitätsbestimmenden Staatsaufgaben, die ohne vorherige Volksabstimmung nicht an die EU übergeben und damit hier im Haus aufgegeben werden können. Darauf läuft das hinaus.
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das will ja auch keiner! So ein Quatsch!)
Zur Erinnerung an die Macron-Fans auf der linken Seite und in der Mitte des Hauses: Artikel 110 Grundgesetz und das Lissabon-Urteil des Verfassungsgerichtes gelten weiterhin wie in Stein gemeißelt. Die nationale Wirtschaftspolitik ist weitgehend integrationsfest, darf also nicht supranationalisiert werden. Sie darf übrigens auch aus sozialpolitischen Gründen nicht supranationalisiert und an die EU übergeben werden. Das in Richtung der ach so sozialen Politiker hier links im Plenum, die permanent vergessen, wie viel Geld hierzulande für die nationale Wirtschafts- und Sozialpolitik und für Familienpolitik übrig wäre, wenn man die Hoheit über unsere Gelder nicht ständig immer weiter vergemeinschaften würde.
(Beifall bei der AfD – Zuruf von der SPD: Dummes Zeug!)
Einige Kollegen hier im Haus werden sich noch an die Redeschlachten und die medialen Schlachten erinnern, die Sie und auch wir Publizisten der APO damals um die wenigen Kontrollrechte des ESM für den Bundestag geführt haben.
(Metin Hakverdi [SPD]: Auf APO wäre ich jetzt nicht gekommen!)
Am Ende kamen immerhin einige wenige Mitwirkungsrechte heraus.
Ich erinnere an den Artikel 4 ESM-Finanzierungsgesetz: Die Gewährung der Stabilitätshilfe muss hier im Hause noch einmal beschlossen oder zumindest genehmigt werden. Dieses letzte Recht wollen uns die GroKo und mitstimmende Fraktionen nun auch noch nehmen.
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch gar nicht! – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Was erzählen Sie denn da für Unwahrheiten?)
Hinzu kommt noch, wie schon erwähnt, die Letztsicherungsfunktion des EWF für den Bankenabwicklungsfonds. Über all das wird man hier in diesem Hause künftig nicht mehr diskutieren können, sondern nur noch im kleinen Herrenklub des voll autarken EWF-Gouverneursrats,
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind doch Sie, der Herrenklub! Bei Ihnen gibt es doch keine Frauen!)
wo garantiert kein nationaler Parlamentarier mehr reinschauen darf. Die EU-Parlamentarier werden das nicht mit Nachdruck tun.
(Beifall bei der AfD)
Der EWF soll also die totale suprastaatliche Blackbox für die Banken und für die Großunternehmen werden – alles ohne nationalstaatliche Kontrolle. Das ist ein Hohn gegen Artikel 110 Grundgesetz und gegen die freie Marktwirtschaft.
(Beifall bei der AfD)
Sie müssen langsam zum Ende kommen, Herr Kollege.
Ich komme zum Ende. – Wir sehen hier, ebenso wie die FDP, einen Verstoß gegen das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung nach Artikel 5 EUV und werden unserem Antrag auf Subsidiaritätsrüge natürlich zustimmen, ebenso dem sehr ähnlich lautenden der FDP. Die AfD-Fraktion befürwortet in diesem Fall auch die beantragte Überweisung des zweiten FDP-Antrags an den Haushaltsausschuss. Wir werden dort sicher differenziert darüber reden.
(Der Abg. Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU] deutet, zum Präsidenten gewandt, auf seine Uhr – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Hallo!)
Der Überweisung stimmen wir zu.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Nächster Redner ist der Kollege Fabio De Masi von der Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7197892 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 11 |
Tagesordnungspunkt | EU-Verordnung zu einem Europäischen Währungsfonds |