Jürgen MartensFDP - Aktuelle Stunde: Demonstrationsrechte von Frauen stärken
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die kryptische Themenwahl der Antragstellerin für diese Aktuelle Stunde hat die Sache nicht leichter gemacht. Mit einer solchen Ansage macht man einen Faktencheck kaum noch möglich. Aber das ist offenbar auch Absicht der Antragstellerin.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Man sollte sich einmal fragen, ob man im Parlament wirklich Debatten auf einer solchen Grundlage führen möchte, ob man sich dafür hergibt, dieses Schaulaufen in dieser Weise zu fördern.
(Zuruf von der AfD: Zum Thema!)
Zu dem Vorfall selber: Am 17. Februar gab es eine Demonstration von, wie ich es jetzt einmal nenne, rechten Frauen,
(Zuruf von der AfD: Woher wissen Sie das denn?)
und diese Versammlung wurde gestört; das ist richtig. Aber das ist entgegen Ihren Vorstellungen nicht automatisch strafbar, meine Damen und Herren. Nicht jede Störung einer Versammlung als solche ist strafbar.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Christian Dürr [FDP])
Auch der Gegenprotest in Seh- und Hörweite einer Demonstration ist zulässig. Das ist Teil des Demonstrationsrechts.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auch eine Blockade als solche ist nicht strafbar, sondern erst dann, wenn sie eine bestimmte Intensität erreicht hat.
(Karsten Hilse [AfD]: § 21 Versammlungsgesetz! Kennen Sie das?)
Das ist hier möglicherweise der Fall gewesen. Ich habe weder die Erkenntnismöglichkeiten noch die Zeit gehabt, mich damit auseinanderzusetzen. Es ist im Zweifelsfall auch Sache der Gerichte, das festzustellen.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Aber worum es mir politisch geht, ist die Feststellung, dass Sie die angesprochene Blockade – die Polizei hat geräumt und ist dabei offensichtlich verhältnismäßig vorgegangen – zum Anlass nehmen, um sich nun selbst als Opfer linker Blockierer darzustellen. Damit bedienen Sie das gute, alte Stereotyp, das immer wieder bei Rechten und Rechtsextremen zu beobachten ist: Sie sind die armen Opfer.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nein, das sind Sie nicht. Sie sind bei Ihrem Marsch nicht zum Opfer geworden; denn es ging Ihnen gar nicht um Frauenrechte, sondern darum, gegen Migranten und insbesondere gegen das Stereotyp des ausländischen Sexualstraftäters zu demonstrieren.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Beatrix von Storch [AfD]: Mein Gott ist das flach! Das ist sogar für Sie zu flach!)
Das ist eine der typischen Vorgehensweisen, die bei Ihnen anscheinend Programm sind.
Wenn Sie sich darüber beschweren, dass Ihre Parteianhänger bespuckt, beworfen oder gejagt werden, dann muss ich fragen: Wer in dieser Republik hat eigentlich an vorderster Stelle eine solche Diktion, eine solche Wortwahl und eine solche sprachliche Retour mit eingeführt?
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Petr Bystron [AfD]: Die haben angefangen!)
– Nein, Sie auch, in besonderer Lautstärke. Nicht immer auf andere zeigen! Schauen Sie in den Spiegel! Dann wissen Sie, wer in diesem Land das politische Klima vergiftet, und zwar mit Ansage, mit Absicht und mit Plan.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie werden letzten Endes die Schlussfolgerung daraus ziehen, der Rechtsstaat als solcher sei in Gefahr. Nein, das ist er nicht, nicht wegen eines solchen Vorfalls. Der Rechtsstaat muss auf Rechtsverstöße reagieren. Der Rechtsverstoß ist quasi die Voraussetzung, dass der Rechtsstaat gefordert wird. Man brauchte keinen Rechtsstaat, wenn sich alle an das Recht hielten. Auch hier verkennen Sie etwas.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der Rechtsstaat als solcher ist noch nicht in Gefahr. Der Rechtsstaat kann aber in Gefahr geraten,
(Beatrix von Storch [AfD]: Jetzt bin ich gespannt!)
wenn wir nicht bereit sind, uns zumindest auf eine bestimmte Auseinandersetzungskultur zu einigen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der AfD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wie wollen wir uns rechtlich im Großen vernünftig auseinandersetzen, wenn wir schon im Kleinen nicht in der Lage sind, vernünftig miteinander umzugehen?
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Dr. Martens. – Einen schönen Nachmittag von mir, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich bitte, nicht mit Fingern auf Menschen zu zeigen. Aber wir werden im Ältestenrat noch über bestimmte Äußerungen reden, die gerade gemacht wurden.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nächste Rednerin: Caren Lay für Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7202710 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 13 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Demonstrationsrechte von Frauen stärken |