Elisabeth KaiserSPD - Aktuelle Stunde: Demonstrationsrechte von Frauen stärken
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Aktuelle Stunde fügt sich ganz typisch in die schon bekannte Performance der AfD hier im Bundestag ein. Egal in welchem Politikfeld wir uns bewegen, die AfD offenbart bei jedem Anlass ihr Profil einer fremdenfeindlichen und populistischen Partei. Aber das kenne ich schon aus Thüringen.
Die AfD gibt mit ihrer Aktuellen Stunde „Demonstrationsrechte von Frauen stärken“ drei Dinge vor: zum einen, dass sie sich für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern einsetzt, zum anderen, dass Gewalt gegen Frauen für die AfD ein Thema ist, und schließlich, dass sie sich für Demonstrationsfreiheit in Deutschland starkmacht. Aber wir alle wissen doch: Das ist nur Makulatur.
(Zuruf von der AfD: Wir wissen das nicht!)
Die AfD versucht vielmehr, mit ihrer Demonstration am Samstag in Berlin und mit der heutigen Aktuellen Stunde Feminismus für ihren rassistischen Populismus zu instrumentalisieren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf von der AfD: Herzlichen Glückwunsch!)
Ich will das im Folgenden kurz erläutern. Am vergangenen Wochenende hat die AfD-Politikerin Leyla Bilge einen sogenannten Frauenmarsch in Berlin initiiert und suggerierte, der Tenor der Demonstration sei die Selbstbestimmung von Frauen gegen Gewalt und Übergriffe. In der Praxis richtete sich die Demonstration aber nur gegen die Tätergruppe mit dem Profil „Mann mit Migrationshintergrund und Muslim“. Genau hier lässt sich die wahre Absicht der AfD-Abgeordneten erahnen.
Leyla Bilge ist Ex-Muslima und gehört der sogenannten Neuen Rechten an. Sie redete schon bei Pegida in Dresden und fiel letztes Jahr im November in Leipzig mit einem Redebeitrag auf der Konferenz des rechtspopulistischen Magazins „Compact“ auf. Ihr politisches Profil gibt Rückschlüsse darauf, dass wir es hier nicht mit einer Feministin zu tun haben.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Der AfD-Politikerin Bilge geht es vielmehr darum, unter dem Deckmantel des Feminismus Anhänger für ihre rechte Hetze in neuen gesellschaftlichen Gruppen zu mobilisieren. So ist es auch nicht verwunderlich – das zeigen Bildaufnahmen –, dass die Demonstration am Samstag eher eine von Rechten war als eine Demonstration für die Rechte von Frauen.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Demonstrationsrecht ist in Deutschland ein hohes Gut und wird als Versammlungsfreiheit in Artikel 8 des Grundgesetzes garantiert.
(Zuruf von der AfD: Hört! Hört!)
Dieses Recht steht allen zu und ist ein wichtiges Kennzeichen unserer Demokratie.
(Zurufe von der AfD: Danke!)
So wie die große demokratische Mehrheit in unserem Land toleriert, dass die AfD demonstriert, müssen Sie von der AfD tolerieren, dass auch gegen die AfD demonstriert wird und so die demokratische Mehrheit die Scheinheiligkeit ihres Vorgehens offenbart.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beatrix von Storch [AfD]: § 21 Versammlungsgesetz! Kennen Sie das nicht? Fünf Jahre Freiheitsstrafe, wenn man blockiert!)
Ich danke daher ausdrücklich den friedlichen Gegendemonstranten.
(Thomas Seitz [AfD]: Asozial!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, legen wir doch einmal die Fakten auf den Tisch. Sexualisierte Gewalt ist kein importiertes Phänomen, so wie die AfD das gerne suggeriert. Sie ist ein patriarchales Phänomen. Deswegen gilt es auch, jedwede Form von Gewalt gegen Frauen zu ahnden und zu sanktionieren, egal von wem sie ausgeübt wird – ob deutsch oder nicht: Es ist völlig egal.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Fakt ist auch – das belegen Studien –: Die allermeisten Fälle von sexualisierter Gewalt gegen Frauen stammen aus dem Bekanntenkreis und dem direkten familiären Umfeld von Frauen.
Glaubt denn die AfD wirklich, dass die Menschen auf der Straße, die Bürgerinnen und Bürger hier im Saal und zu Hause vor den Fernsehgeräten ihnen diese Maskerade noch abnehmen?
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Denn bisher fiel die AfD in keiner Weise dadurch auf, dass ihr die Rechte von Frauen am Herzen liegen würden; ganz im Gegenteil. Vielmehr hat die AfD jegliches Engagement in dieser Hinsicht als Genderwahn bezeichnet und eine Debatte dazu als überflüssig deklariert.
Ich kann mich noch gut an die Worte Ihres Thüringer Kollegen Björn Höcke erinnern.
(Marian Wendt [CDU/CSU]: Bernd!)
Ich zitiere:
Wir müssen unsere Männlichkeit wiederentdecken. Denn nur wenn wir unsere Männlichkeit wiederentdecken, werden wir mannhaft. Und nur wenn wir mannhaft werden, werden wir wehrhaft, und wir müssen wehrhaft werden, liebe Freunde!
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf von der LINKEN: Hitler!)
Die Kolumnistin Margarete Stokowski von „Spiegel Online“ kommentierte Höckes Tiraden so:
Mal ist Männlichkeit eine Gefahr, mal eine Notwendigkeit. Mal das Schlimmste an den Flüchtlingen, mal die Waffe, die ergriffen werden muss. Das ist unlogisch.
Ja, und damit hat sie recht.
Die AfD-Politiker Leyla Bilge und Björn Höcke versuchen, Meilensteine der Frauenrechte mit ihrer rassistischen Rhetorik zu verknüpfen. Es liegt doch auf der Hand, dass das nicht funktionieren kann.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Feminismus und Antirassismus lassen sich nicht gegeneinander ausspielen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Vielen Dank, Elisabeth Kaiser. – Nächster Redner in der Debatte: Stephan Brandner für die AfD.
(Beifall bei der AfD – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lassen Sie doch mal eine Frau reden! Eine Frau hätte ich gern gehört!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7202715 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 13 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Demonstrationsrechte von Frauen stärken |