22.02.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 14 / Tagesordnungspunkt 3

Achim PostSPD - Regierungserklärung zur Tagung der Staats- und Regierungschefs der EU-27

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht eine Vorbemerkung: Wenn uns zu der Tragödie und Katastrophe in Syrien nur einfällt, abwechselnd auf Moskau, auf Washington, auf Ankara, auf Damaskus oder Teheran zu verweisen, wäre meine erste Frage: Warum gucken wir nicht zu uns – nach Brüssel, nach Berlin, nach Paris, nach Rom –, um zu fragen: Was können wir eigentlich mehr und besser machen? Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist diese Debatte heute – vor dem informellen Rat morgen in Brüssel – so wichtig; denn sie zeigt doch eines: Es geht um was in Europa, und zwar in diesen Tagen, in diesen Wochen und in diesem Jahr.

Ich bin dafür, dass wir endlich aus dem Krisenmodus herauskommen – raus aus der Defensive, rein in die Offensive – und darüber reden, was Europa zusammenhält und wie die Herausforderungen der Zukunft gemeinsam gemeistert werden können.

Es ist für mich keine Übertreibung: Die nächsten Monate werden maßgeblich darüber mitentscheiden, wie die Zukunft Europas aussieht. Es macht einen Unterschied, ob es uns gelingt, Europa in schwierigen Zeiten zu stärken – oder eben nicht. Es macht einen Unterschied, ob es uns gelingt, die Euro-Zone zu reformieren und krisenfester zu machen – oder eben nicht. Und es macht einen Unterschied, ob es möglich ist, die europäische Außenpolitik weiter zu stärken und mit einer Stimme in der Welt zu sprechen – oder eben nicht. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, es macht einen Unterschied, ob es uns gelingt, den beschlossenen sozialen Pfeiler der Europäischen Union mit Leben zu füllen und für mehr Gerechtigkeit zu sorgen – oder eben nicht.

(Beifall bei der SPD)

Was also passiert morgen beim informellen Rat der 27? Worum geht es? Was sollte passieren, und was sollte besser nicht passieren? Eine Sache sollte besser nicht passieren: Wir sollten in der Frage der europäischen Spitzenkandidaten keine Rolle rückwärts machen.

(Andrea Nahles [SPD]: Jawohl!)

Auch bei der Europawahl 2019 muss gelten: Kommissionspräsident oder Kommissionspräsidentin kann nur werden, wer sich vorher als Spitzenkandidat einer europäischen Parteienfamilie zur Wahl gestellt hat.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sieht das Europaparlament so, das sieht meine Fraktion so – und ich hoffe, die Mehrheit dieses Hauses auch.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ich sehe das nicht so!)

Eines aber brauchen wir dringend: die Debatte über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027; denn dabei geht es um nicht mehr und nicht weniger als die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union. Ich habe klare Erwartungen an eine Haushaltsdebatte, an eine – wie ich hoffe – ehrliche Haushaltsdebatte:

Erstens. Der künftige EU-Haushalt muss ein Zukunftshaushalt sein mit deutlichem Fokus auf Investitionen, auf Forschung und Entwicklung, auf Arbeit gerade für junge Menschen und auf eine stärkere europäische Außen- und Sicherheitspolitik.

Zweitens. Dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir zu höheren Beiträgen Deutschlands zum EU-Haushalt bereit. Das ist ein wichtiges Signal gerade auch an die Adresse jener Staaten, die in dieser Frage bisher auf der Bremse stehen. Denn eines geht nicht: Wir können der EU nicht immer neue Aufgaben aufbürden und dann abwarten, ob Sterntaler vom Himmel fallen. Das wird nicht passieren, schon gar nicht bei einem Haushalt für 500 Millionen Menschen, der gerade einmal doppelt so groß ist wie der Haushalt meines Heimatlandes Nordrhein-Westfalen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Nein, wir sollten den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen der EU dazu nutzen, um den Zusammenhalt und die Investitionskräfte der Euro-Zone zu stärken.

Was ist dabei unser Interesse, was ist das Interesse der Bundesrepublik Deutschland? Kein Land profitiert mehr von der EU als unser Land, auch und gerade ökonomisch. Wir exportieren eben gerade nicht die meisten Güter nach China oder in die USA, sondern nach Europa. 60 Prozent gehen nach Europa, fast 45 Prozent in die Europäische Union.

Was sind unsere Interessen bei diesem mehrjährigen Finanzrahmen? Wir wollen nicht, dass es bei der Strukturförderung durch die EU zu einem abrupten Bruch kommt, gerade auch mit Blick auf die Förderung strukturschwächerer Regionen in Deutschland. Wir wollen, dass künftige Haushalte nach dem Prinzip der wechselseitigen Solidarität aufgestellt werden; denn – die Bundeskanzlerin hat es gesagt – Solidarität darf keine Einbahnstraße sein.

Zusammengefasst: Gelder, die in eine starke europäische Außen- und Sicherheitspolitik, in den europäischen Grenzschutz, in transeuropäische Netze, in eine moderne europäische Infrastruktur, in die europäische Spitzenforschung oder in Wachstum und Beschäftigung in Europa fließen, sind Gelder, die letztlich in europäische öffentliche Güter und in einen echten europäischen Mehrwert investiert werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, werbe ich dafür: Wir brauchen einen neuen Aufbruch für Europa – nicht irgendwann, sondern jetzt – als Resultat praktischen politischen Handelns. Deutschland muss dabei in den nächsten Monaten wieder eine, nein, die treibende Kraft in Europa werden.

(Beifall bei der SPD)

Zum Schluss. Ich bin fest davon überzeugt: Mit den europapolitischen Vereinbarungen zwischen Union und SPD kann und wird das gelingen. Auf eines können sich alle hier im Hause verlassen: Die SPD-Bundestagsfraktion wird ihren Beitrag dazu leisten, und zwar beharrlich, stetig und mit Leidenschaft.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU])

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Florian Hahn, CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7202784
Wahlperiode 19
Sitzung 14
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zur Tagung der Staats- und Regierungschefs der EU-27
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta