Carina KonradFDP - Reduzierung von Pestiziden
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen von den Grünen, meine Meinung: Die Überschrift Ihres Antrages ist falsch. Ich meine das aus zweierlei Gründen:
Erstens. Sie schreiben „reduzieren“; am Ende Ihres Antrages zeigt sich aber, dass sie doch wieder nur das Verbot von Pflanzenschutzmitteln meinen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Sie merken schon – das ist der zweite Grund, den ich meine –: Ich rede nicht von Pestiziden, ich rede von Pflanzenschutzmitteln – und sie heißen auch so. Pflanzenschutzmittel dienen, wie der Name schon sagt, dem Schutz unserer Kulturpflanzen. Sie sollen ihre Gesundheit erhalten und ihre Vernichtung durch Krankheiten und Schädlinge verhindern.
(Beifall bei der FDP)
Das gilt im Übrigen sowohl für den konventionellen wie auch für den ökologischen Landbau.
(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist ja ganz tief aus der Mottenkiste!)
– Ja, Sie sprechen es gerade an. Vielen Dank, dass Sie mir den Hinweis „Mottenkiste“ geben. Auch das zeigt, dass Ihr Antrag in regelmäßigen Abständen im Plenum vorgeführt wird.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil die Bundesregierung nichts macht!)
Das wird dem Anspruch, das wird diesem Thema nicht gerecht. Ich möchte Sie da um ein bisschen mehr Fairness bitten.
Das Interesse an nachhaltiger Produktion, Biodiversität, Gewässer- und Umweltschutz auf der einen Seite ist genauso berechtigt wie das Interesse der Landwirte auf der anderen Seite, die schließlich von ihrer Hände Arbeit leben müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Jahr 2016 ist die Weltbevölkerung um 83 Millionen Menschen gewachsen.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Künast?
Sehr gern.
Bitte sehr.
Danke, Frau Kollegin. – Sie haben gerade über die berechtigten Interessen geredet. Deshalb muss ich Sie einmal fragen: Wie gehen Sie eigentlich mit dem Recht auf Gesundheit um? Wir alle sind da in der Pflicht. Die Politik hat da eine Verpflichtung. Wir haben international unterschrieben, zum Beispiel in der Kinderrechtskonvention, dass wir uns darum bemühen werden, eine Lebenssituation zu schaffen, die Kinder bestmöglich gesund hält. Das ist rechtlich gesehen kein Recht, das man abwägen kann. Wie passt das in Ihr System, bei dem Sie – jetzt allgemein formuliert – berechtigte Interessen der Konsumenten berechtigten Interessen der Landwirte gegenüberstellen?
Zweiter Teil meiner Frage: Ist Ihnen aufgefallen, dass es auch das berechtigte Interesse von Landwirten auf Gesundheit gibt? Wir haben immer mehr Hinweise darauf, dass die Anwendung von Glyphosat Krebs auslöst.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Immer mehr!)
Zum Beispiel gibt es in Kalifornien eine große Gruppe von Landwirten, die das Non-Hodgkin-Syndrom haben.
(Stephan Brandner [AfD]: Wann kommt das Fragezeichen, Frau Künast?)
Sie sagen, dass es durch Glyphosat ausgelöst wurde, und klagen. Es ist ein großes Gerichtsverfahren, das da läuft.
(Stephan Brandner [AfD]: Wird das ein Korreferat, oder wie? Wie lange darf die denn?)
An der Stelle wird Monsanto – davon gehe ich einmal aus – wahrscheinlich verlieren.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das entzieht sich Ihrer Bewertung! Wir haben hier Gewaltenteilung! Das ist ja lächerlich!)
Also: Wo bleibt bei Ihrer These die Gesundheit der Landwirte?
Frau Künast, zu Ihrer ersten These stelle ich einmal die Gegenfrage: Sind Sie der Meinung, dass wir in Deutschland keine hochwertigen Nahrungsmittel erzeugen? Ich behaupte: Wir erzeugen hier in Deutschland die hochwertigsten Nahrungsmittel weltweit.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Zu Ihrer zweiten These sage ich Ihnen: Ich kenne Ihre Referenzstudie nicht. Wir können gern einmal über Ihre Referenzstudie reden. Aber wenn man den Verlauf der Studien sieht, die Sie und Ihre Kollegen immer für sich in Anspruch nehmen, dann muss man feststellen, dass Sie sich immer nur die Peaks der Kurven herausgreifen und nie die Kurven insgesamt begutachten und fachlich korrekt bewerten. – Ich hoffe, ich konnte damit Ihre Frage beantworten.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, leider nicht!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Verantwortung zu übernehmen heißt, dass auch die Ressource Boden so effizient wie möglich genutzt werden muss. Wir können es uns schlicht nicht leisten, in Zeiten einer wachsenden Weltbevölkerung Ressourcen zu verschwenden, indem wir unsere Kulturpflanzen nicht vor dem schützen, was sie bedroht. Das gewährleistet flächendeckend eine Versorgung mit gesunden Nahrungsmitteln.
Ich möchte sachlich und fachlich mit Ihnen debattieren. Die Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln und der Einsatz von alternativen Pflanzenschutzmitteln liegen im ureigenen Interesse der Landwirte und werden bereits praktiziert. Herr Ebner, ich erinnere nur an das Beispiel des Einsatzes der Schlupfwespe gegen den Maiszünsler.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, seien Sie sich bewusst: Mit jedem Verbot, jedem Gesetz, jeder Verordnung, die Sie sich hier aus diesem warmen, trockenen Parlament heraus wünschen, schließen sich da draußen in Deutschland Hoftore für immer. Landwirte hören auf und fangen nie wieder an.
Abgeordnete in diesem Parlament sind keine Landwirte.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist der sachliche Beitrag!)
Die Aufgabe von Abgeordneten ist es nicht, Ackerbau zu betreiben, sondern unsere Aufgabe hier ist es, vernünftige Rahmenbedingungen zu schaffen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer ist denn seit zwölf Jahren für Landwirtschaftspolitik verantwortlich?)
Dazu gehören für mich Förderung, Forschung und Entwicklung. Zum Beispiel können moderne Pflanzenschutzspritzen in Zukunft mit Sensortechnik punktgenau applizieren. Dadurch werden enorme Mitteleinsparungen möglich. Das setzt aber voraus, dass man hier tätig wird und flächendeckend den Breitbandausbau und den Netzausbau vorantreibt.
Aber vor allem – da geht mein Appell an die Bundesregierung – muss der Knoten bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln gelöst werden. Die EU-Kommission gibt eine Frist von 120 Tagen vor. Hier in Deutschland braucht es im Schnitt – jetzt halten Sie sich fest! – mehr als 732 Tage bis zur Zulassung. Die Zahl der Mittel, die fristgerecht zugelassen werden, liegt bei null. Das ist ein Skandal, und das gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe in Deutschland.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Hermann Färber [CDU/CSU])
Deshalb mein Appell zum Schluss: Beschleunigen Sie die Zulassungsverfahren! Verzichten Sie auf nationale Zusatzkriterien, und erkennen Sie die Zulassungen der Mitgliedstaaten der sogenannten mittleren Zone ohne Vorbehalt an!
(Zuruf des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Denn, Herr Ebner, mir liegt die Zukunft der Landwirtschaft am Herzen. Ich möchte, dass auch in Zukunft in Deutschland Landwirtschaft betrieben wird – und das nachhaltig.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Nächste Rednerin ist die Abgeordnete Amira Mohamed Ali.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7203057 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 14 |
Tagesordnungspunkt | Reduzierung von Pestiziden |