22.02.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 14 / Tagesordnungspunkt 9

Amira Mohamed AliDIE LINKE - Reduzierung von Pestiziden

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Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wir sprechen heute über die Forderung, den Gebrauch von Pestiziden zu reduzieren. Wir sprechen über eine tickende Zeitbombe, über die Vernichtung der Natur, über Gesundheitsgefährdung. Und wir sprechen darüber, dass die Regierungsparteien in den letzten Jahren immer wieder vor der Agrarindustrie eingeknickt sind und nichts gegen die Vergiftung unserer Böden unternommen haben.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir als Linke sagen: Damit muss endlich Schluss sein. Wir brauchen die Agrarwende – und zwar nicht irgendwann. Wir brauchen sie jetzt!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Linke hält es für dringend geboten, den Einsatz von Pestiziden deutlich zu reduzieren, insbesondere den Gebrauch des Pflanzengiftes Glyphosat und der Neonicotinoide, der sogenannten Bienenkiller; denn Pestizide unterscheiden nicht zwischen Nützlingen und Schädlingen.

Seit 1989 sind circa 80 Prozent unserer Insekten gestorben. An dieser Stelle schreien die Lobbyisten der Agrarindustrie in der Regel entsetzt auf und sagen: Das ist ja gar nicht nachgewiesen. Es gibt ganz viele Ursachen. Das muss man erst einmal in Ruhe untersuchen, bevor man handelt. – Ich möchte es einmal in aller Deutlichkeit sagen: Das sind Nebelkerzen, mit denen die Öffentlichkeit für dumm verkauft werden soll. Es gibt keine seriöse Studie, die den Zusammenhang zwischen dem Pestizidgebrauch und dem Insektensterben abstreitet.

(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])

Natürlich sind es immer mehrere Faktoren, die ein System irgendwann zum Kippen bringen. Aber das ist doch kein Grund, die Ursachen, auf die wir unmittelbar Einfluss nehmen können, nicht abzuschalten.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, es geht übrigens nicht nur um den unmessbaren Schaden am Ökosystem – also für die Welt, in der wir leben – durch den Verlust unserer Bienen, unserer Hummeln, der Schmetterlinge, der Nachtfalter und all der anderen Insekten; mit dem Verlust der Bienen und aller bestäubenden Insekten verlieren wir auch unsere Unabhängigkeit.

Ich bin Rechtsanwältin, und es gibt da einen Spruch, der lautet: Ein Anwalt arbeitet so manches Mal vergebens, aber niemals umsonst. – Bei den Bienen ist es genau andersrum; denn die Bienen arbeiten immer nützlich, und sie machen es vor allen Dingen umsonst.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein spannender Vergleich!)

Es ist kostenlos für alle. Wenn die Bienen weiter sterben, dann müssen wir diese Dienstleistung teuer einkaufen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In China werden die Felder bereits manuell bestäubt. Heerschaaren von Arbeitern schwärmen aus und bestäuben die Pflanzen per Hand. In den USA gibt es sogenannte Wanderimkereien. Das klingt so niedlich, aber ist ein Millionengeschäft. Riesige Trucks voller Bienenstöcke fahren Tausende von Kilometern durch das Land, von Feld zu Feld, gegen Cash – weil es nicht anders geht.

Meine Damen und Herren von Union und SPD, von der FDP und auch von der AfD: Wollen Sie das? Ich finde, das ist ein furchtbares Szenario.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke will nicht, dass es in Deutschland so kommt. Wir fordern Sie auf: Handeln Sie!

Ein weiterer Faktor für das Insektensterben ist übrigens die steigende Zahl der Monokulturen. Monokulturen zerstören Lebensräume für die Insekten und damit auch die natürlichen Fressfeinde. Es treten vermehrt Schädlinge auf. Die vielen Pestizide werden also auch wegen der Monokulturen gebraucht. Es ist ein kranker Kreislauf. Mit diesem kranken Kreislauf fahren Pestizidgroßhändler wie Monsanto ungestört ihre Milliardengewinne ein.

Es gibt aktuell sechs Konzerne, die den Markt kontrollieren – den von Pestiziden und vom Saatgut. Die Unternehmen verkaufen beides: erst die Pestizide und dann das passende Saatgut, das diese Pestizide überlebt. Man muss Jahr für Jahr neues Saatgut kaufen. So werden die Bauern in die totale Abhängigkeit getrieben. Es ist ein Milliardengeschäft auf Kosten der Menschen, auf Kosten der Natur, auf Kosten unseres gesamten Ökosystems. Wir müssen uns aus diesem Würgegriff der Giftmischer endlich befreien.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke fordert die Regierung auf, nicht länger vor den Konzerninteressen in die Knie zu gehen. Wir brauchen endlich eine Politik für die Bauern, für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen und für die Gesundheit der Menschen. Wir brauchen die Agrarwende. Die Pestizide einzudämmen, wäre ein Schritt in die richtige Richtung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kollegin, ich bin sicher, dass Ihre Rede weder umsonst noch vergebens war. – Als nächster Redner hat der Kollege Artur Auernhammer von der CDU/CSU das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7203058
Wahlperiode 19
Sitzung 14
Tagesordnungspunkt Reduzierung von Pestiziden
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