22.02.2018 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 14 / Zusatzpunkt 3

Kirsten LühmannSPD - Aktuelle Stunde zu kostenlosem Öffentlichen Personennahverkehr

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Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Sehr verehrte Zuhörende! Herr Donth hat es schon angesprochen: Der Kollege Luksic hat zum eigentlichen Thema nichts gesagt. Darum werde ich seine Meinung hier einmal kundtun; die habe ich nämlich im Internet gefunden.

(Oliver Luksic [FDP]: Gut, dass Sie sich damit befassen!)

Da haben Sie gesagt:

Das Versprechen eines kostenlosen ÖPNV hört sich schön an, lässt sich aber in der Realität kaum umsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Oliver Luksic [FDP]: Das habe ich doch eben gesagt! Da müssen Sie mal zuhören!)

Nachdem ich das gelesen habe, habe ich verstanden, warum diese Aktuelle Stunde auf der Tagesordnung steht. Dann habe ich aber mal geguckt, wer dieses Versprechen gegeben hat. Ich habe niemanden gefunden. Das Einzige, was ich aus der letzten Zeit zu diesem Thema gefunden habe, war eine Passage aus einem Brief, den drei Minister unserer Regierung an die EU-Kommission geschrieben haben. Da steht: Zusammen mit den Ländern und Kommunen denken wir über kostenlosen ÖPNV als Mittel zur Senkung der Anzahl der Privat-Pkw nach.

(Oliver Luksic [FDP]: Also die Hauptmaßnahme!)

Wir denken darüber nach! Also wenn man der Bundesregierung jetzt verbietet, nachzudenken, und behauptet, das wäre ein Versprechen, dann wird es etwas schwierig.

(Oliver Luksic [FDP]: Macht mal was Richtiges!)

Ich finde, die Bundesregierung hat genau das Richtige gemacht, nämlich das, was wir von ihr erwarten: Sie hat Vorschläge gemacht, die jetzt diskutiert werden, und das sollten wir auch einmal zulassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Oliver Luksic [FDP]: Ihr solltet mal lieber etwas machen, als falsch nachzudenken!)

Zudem ist der Punkt, den Sie hier zum Thema der Aktuellen Stunde gemacht haben, nur einer von sieben Punkten, die in dem Brief aufgelistet waren.

(Sören Bartol [SPD]: Die können noch nicht einmal bis drei zählen!)

Da sind noch ganz andere dabei, und darum steht in dem Brief auch, man möchte gern fünf Modellregionen schaffen, in denen man die Effektivität der Maßnahmen – Mehrzahl! – prüft.

(Oliver Luksic [FDP]: Reichen die Maßnahmen denn aus?)

Es soll also nicht nur der Frage nachgegangen werden: „Ist ein kostenloser ÖPNV sinnvoll oder nicht?“, sondern es soll auch geprüft werden: Kann dies im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen sinnvoll sein?

(Oliver Luksic [FDP]: Die reichen aber nicht!)

Kann es da verschiedene Spielarten geben? – Mein Kollege Arno Klare wird in seiner Rede gleich darauf noch eingehen.

Es ist also absolut sinnvoll, dass wir sagen: Wir bilden Modellregionen und schauen, was aus dem Instrumentenkasten der sieben verschiedenen Maßnahmen – und vielleicht noch weiteren – das Effektivste ist.

(Oliver Luksic [FDP]: Sie wissen doch selber, dass das nicht reicht und nichts bringt!)

Ich finde, das ist schwer in Ordnung, und das sollten wir auch so machen. Darum wird es in der nächsten Woche das erste Treffen mit den entsprechenden Bürgermeistern geben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Oliver Luksic [FDP]: Das sollte man vorher machen, nicht nachher!)

Leider – das müssen wir auch sagen – kann man ja das Problem der Luftverschmutzung in unseren Städten nicht mit einer Maßnahme erschlagen.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur mit Nachdenken wird es nichts! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Maßnahme wäre die Nachrüstung von Fahrzeugen!)

Es wäre ja schön, wenn man sagen könnte: Wir machen irgendein Gesetz und haben damit ab morgen weniger Luftverschmutzung. – Das funktioniert so nicht. Es gibt verschiedene Lösungsansätze, die auch die Bundesregierung favorisiert und auch schon auf den Weg gebracht hat, zum Beispiel ein Förderprogramm für Elektrobusse. Im Gegensatz zu Ihnen bin ich heute Morgen hier in Berlin mit einem Elektrobus gefahren,

(Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben vier Stück bei 1 300 Bussen!)

ganz normal im Linienverkehr der BVG. Das ging hervorragend, das war problemlos. Es war ein neues Modell, das getestet wird. Ich empfehle Ihnen also: Nutzen Sie einmal den ÖPNV, dann werden Sie sehen, dass es da hervorragende Lösungen zur Elektromobilität gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Sören Bartol [SPD]: Da sind immer nur so wenig FDP-Leute drin! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da gibt es keine FDP-Leute!)

Ich bin allerdings mit Ihnen der Meinung, dass der Elektrobus nicht die alleinige Lösung ist. Warum nicht? Wir müssen uns wirklich angucken, was die Probleme der einzelnen Städte sind. Ich nenne Ihnen zwei Beispiele: In München, an der Landshuter Allee, verursachen Busse nur gut 5 Prozent der Stickoxidemissionen. An dieser Messstelle sind die Stickoxidemissionen aber um 50 Prozent erhöht. Also selbst wenn ich sämtliche Busse elektrisch fahren lasse, wird das mein Problem an der Landshuter Allee in München nicht lösen. Wenn ich allerdings nach Münster schaue – ich meine die Stadt Münster, die wir alle kennen, die schon seit Jahren vernünftige Konzepte macht, wo inzwischen 30 Prozent der Menschen, die pendeln, das Fahrrad nutzen, und 10 Prozent den Bus –, sehe ich, dass es, obwohl Münster seit Jahren diese guten Konzepte hat, immer noch eine Messstelle gibt, an der die Werte im Jahresdurchschnitt überschritten werden. An dieser Messstelle sind Busse die Ursache, da sie in Münster sehr alt sind und nur alte Euro-Normen erfüllen. Wenn also Münster seine Busse durch solche mit der modernen Euro-6-Norm, durch Erdgasbusse oder Elektrobusse ersetzen würde, wäre diese Maßnahme für Münster voll ausreichend – für München aber nicht.

Wir können darum nicht einfach sagen: Es gibt eine Maßnahme, und die wird alles erschlagen. – Wir müssen verschiedene Dinge ausprobieren.

(Oliver Luksic [FDP]: Machen wir nicht!)

Das macht diese Bundesregierung, und das ist auch gut so.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das, was wir aber auf alle Fälle in diesem Instrumentenkasten brauchen – das steht auch in dem Brief –, sind Nachrüstungen: Hardwarenachrüstungen von Pkw, Bussen und auch Nutzfahrzeugen. Wir haben gestern dazu ein Fachgespräch geführt. Es gibt inzwischen vier Firmen, die das anbieten. Wir haben nur ein klitzekleines Problem: Wir brauchen dazu die Automobilindustrie; denn die notwendige Abstimmung mit der Motorsteuerung kann man nicht ohne sie hinbekommen.

Die Hinweise von Chefs deutscher Automobilfirmen, die sagen, das sei doch alles Quatsch, die Leute sollten doch Neufahrzeuge kaufen, finde ich allerdings ein bisschen zynisch.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Oliver ­Luksic [FDP] und Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Denn wir haben 15 Millionen Menschen, die Dieselfahrzeuge fahren, und von denen hat die Mehrheit einfach kein Geld, ihr Fahrzeug – einige sind erst vier oder fünf Jahre alt – durch ein neues zu ersetzen. Es geht hier um die Glaubwürdigkeit unserer Automobilindustrie. Wenn sie da etwas machen will, sollte sie endlich mit der Politik und der mittelständischen Industrie zusammenarbeiten, die diese Lösungen entwickelt hat, damit wir zu einer vernünftigen Lösung kommen.

Das Fazit ist also: Auch wenn die Luftverschmutzung in Deutschland sinkt, die Krankheiten der Atemwege nehmen zu. Das heißt, wir müssen etwas tun. Wir können nicht mehr warten. Es gibt keinen Königsweg. Lassen Sie uns die Modelle testen! Lassen Sie uns mit der Industrie eine vernünftige Nachrüstung vornehmen! Dann wird die Luft in unseren Städten deutlich besser werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat der Abgeordnete Wolfgang Wiehle aus der AfD-Fraktion zu seiner ersten Rede vor dem Deutschen Bundestag.

(Beifall bei der AfD)

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Electoral Period 19
Session 14
Agenda Item Aktuelle Stunde zu kostenlosem Öffentlichen Personennahverkehr
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