22.02.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 14 / Zusatzpunkt 4

Martin RabanusSPD - Verhalten der Bundesregierung im Fall Deniz Yücel

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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Debatte ist schon deutlich geworden, dass es hier mitnichten – auch bei dem Antrag – um den Fall Deniz Yücel geht, sondern um eine Haltung. In düsterer Art und Weise ist hier deutlich geworden, was die Kolleginnen und Kollegen der AfD zu Pressefreiheit und derlei mehr denken. Es gibt aber auch den Anlass – das ist das Schöne an der Debatte –, festzustellen, dass eine übergroße Mehrheit dieses Parlamentes das anders sieht. Das ist sozusagen die positive Botschaft, die auch mit der Debatte verbunden ist.

(Beifall bei der SPD – Stephan Brandner [AfD]: Sie nehmen die Abstimmung vorweg?)

– Man hat so ein klein bisschen ein Gefühl dafür, was die Redner so sagen, und das ist auch gut so. – Wenn wir über Haltung reden und über die Frage, wie wir uns unser Deutschland vorstellen – denn darum geht es –, dann will ich sagen: Ich stelle mir ein Deutschland vor, wie es im Jahre 2018 ist, und nicht ein Deutschland wie in den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts, in den 50er-Jahren und schon gar nicht in den 30er- oder 40er-Jahren des letzten Jahrhunderts, sondern eben ein heutiges Deutschland.

Ich möchte in einem Deutschland leben, in dem unsere Jungs in der Fußballnationalmannschaft – Cem Özdemir hat das angedeutet – ganz selbstverständlich Müller, Kimmich oder Draxler heißen, aber genauso selbstverständlich eben auch Özil, Khedira oder Boateng.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und wenn sie bei mir in der Nachbarschaft wohnen, dann gefällt mir das auch ausgesprochen gut.

Ich möchte in einem Land leben, in dem es tolerant und weltoffen zugeht.

(Stephan Brandner [AfD]: Tun Sie doch! – Gegenruf der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Zum Glück!)

– Ja, und das soll auch so bleiben.

(Beifall der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])

Und genau deswegen müssen wir hier auch ziemlich deutlich werden. Denn wir müssen unsere politische Arbeit doch darauf richten, Teilhabe von Menschen zu ermöglichen, Menschen am Arbeitsmarkt, an Bildung teilhaben zu lassen, Zugang zu sozialen Sicherungssystemen, Kunst und Kultur zu ermöglichen, um nur ein paar Stichworte zu nennen. Ich möchte in einem Deutschland leben, in dem unterschiedliche Lebenskonzepte, Familien- und Beziehungskonzepte möglich sind.

(Stephan Brandner [AfD]: Aber darum geht es jetzt gar nicht!)

– Doch, um all diese Fragen geht es. Wie sieht dieses Deutschland eigentlich aus?

Ich möchte in einem Land leben, in dem Meinungsfreiheit herrscht,

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Aber nicht für Hasspredigten!)

in dem die Freiheit von Kunst und Kultur geachtet und geschützt wird, in dem Pressefreiheit respektiert und geschützt wird.

Ich möchte in einem Land leben, in dem Journalisten, Satiriker, Kritiker, Querdenker, Kabarettisten

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Sogar die AfD!)

ihre Arbeit frei machen können, wo sie zuspitzen können,

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Brandner [AfD]: Das sagt sich sehr einfach! Das sagt sich sehr einfach, wenn Ihnen die halbe Presselandschaft gehört, also DDVG!)

wo sie provozieren können, und zwar egal, ob das jetzt Dieter Nuhr aus Wesel oder Deniz Yücel aus Flörsheim ist. Das ist nämlich ein hessischer Bub, sehr geehrte Damen und Herren von der AfD.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Mir muss übrigens auch nicht alles gefallen, was die Kabarettisten sagen. Darum geht es überhaupt nicht. Ich muss mir das auch nicht zu eigen machen. Ich muss auch nicht bei allem jubeln. Auch ist klar in unserem Land: Wer in der Ausübung seiner eigenen Rechte, seiner Freiheitsrechte, seiner künstlerischen Freiheit die Rechte anderer verletzt, der muss sich dafür verantworten. Auch das ist klar. Aber das ist eine Frage, die im rechtsstaatlichen System rechtsstaatliche Stellen zu klären haben und die nicht politische Reglementierung hervorrufen darf.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Brandner [AfD]: Sagen Sie das mal Herrn Maas!)

Ich jedenfalls will in einem Deutschland leben, das nie wieder auch nur in den Verdacht kommt, dass politische Zensur zulässig sei.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU])

Um es klarzumachen: Es geht Ihnen nicht um den Fall. Es geht Ihnen um Ihre Haltung, eine, die Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit mehr oder weniger subtil infrage stellt. Dazu kann ich Ihnen abschließend zwei Sachen sagen. Das eine: Es ist unanständig und erbärmlich. Das Zweite: Es wird auf unseren Widerstand stoßen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der Kollege Dr. Volker Ullrich hat für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7203275
Wahlperiode 19
Sitzung 14
Tagesordnungspunkt Verhalten der Bundesregierung im Fall Deniz Yücel
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