22.02.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 14 / Tagesordnungspunkt 11

Dirk HeidenblutSPD - Cannabis-Modellprojekte

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss zugeben: Ich habe schon viele Gründe gefunden, warum ich dankbar dafür bin, dass die FDP, die Grünen und die Linken diese Anträge vorgelegt haben. Ich bin dankbar, weil wir uns auf den Weg zu einer vernünftigen neuen Drogenpolitik begeben können. Ich bin dankbar, weil wir das Thema diskutieren können. Und jetzt bin ich erst recht dankbar, weil das, was wir jetzt machen können, obendrein eine Fortbildung für die Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und AfD in Drogenpolitik und Suchtfragen ist.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das wird dann vielleicht auch dazu beitragen, dass in beiden Fraktionen der eine oder andere dem einen oder anderen Mythos nicht mehr so hinterherrennt und vielleicht auch nicht dermaßen abwertend über Menschen redet, die einmal Cannabis zu sich genommen haben. Das allein ist schon erschreckend.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Alexander Krauß [CDU/CSU]: Es geht um diejenigen, die handeln, die damit das Geld verdienen! Das ist das Problem!)

Was mich zugegebenermaßen auch ein bisschen irritiert – von der AfD ist, wie ich es verstanden habe, der Antrag schon angekündigt; aber möglicherweise kommt die CDU/CSU auch noch darauf zurück –, ist das vehemente Eintreten dieser beiden Fraktionen dafür, dass wir demnächst auch ein Alkohol- und Tabakverbot bekommen. Denn wenn ich die genannten Argumente richtig verstehe – Legalisierung fordert meines Wissens keiner dieser Anträge; das wurde hier sehr schön und vorsichtig zusammengefasst –, geht es um kontrollierte Abgabe. Das ist etwas völlig anderes als Legalisierung. Aber das kann der Kollege der AfD noch einmal im Duden oder in anderen Nachschlagewerken nachschauen.

Alle Argumente, die gegen eine kontrollierte Freigabe vorgebracht wurden, sind im Umkehrschluss Argumente, die man hervorragend für ein Verbot von Alkohol und Tabak heranziehen kann. Alleine das Gesundheitsargument, Herr Kollege – Sie haben ja tolle Statistiken genannt und beschrieben, was alles im Kopf der armen Cannabisnutzer abläuft –: Sie wissen sicherlich, wie viele Tote es in Deutschland durch den Tabakkonsum gibt. Sie wissen sicherlich, wie es mit den Menschen auf unseren Straßen aussieht, die dem Alkohol übermäßig zuneigen. Insofern kann ich Ihre Einlassungen sozusagen nur als vehemente Unterstützung für einen Antrag der AfD, der sicher kommen wird – sie sind ja bekannt für interessante Anträge – verstehen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Krauß?

Ja, bitte schön.

Ich möchte Ihre Frage gerne fortsetzen. Sie wissen auch, dass es aufgrund von Cannabiskonsum 19 500 Krankenhausbehandlungen pro Jahr gibt, obwohl Cannabis nach Ihrer Ansicht, wie Sie es geschildert haben, vollkommen unschädlich ist. Wie kommen dann 19 500 Krankenhausbehandlungen auf der Grundlage einer Cannabisindikation zustande?

(Abg. Alexander Krauß [CDU/CSU] nimmt wieder Platz)

Sie möchten die Antwort schon hören, oder?

(Alexander Krauß [CDU/CSU]: Gerne!)

Ich bin mir nicht ganz sicher, welcher Rede Sie bislang zugehört haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe nicht gesagt, dass Cannabis völlig ungefährlich ist; das würde ich nie tun. Wir wissen um die Probleme im Jugendbereich.

(Alexander Krauß [CDU/CSU]: Aber ich will es noch einmal sagen!)

– Sie sagen jetzt nichts mehr. Ich sage ja jetzt etwas. – Ich habe auch nicht gesagt, dass es keine Probleme gibt und dass es keine Gesundheitskosten verursacht, wenn versucht wird, Menschen mit unterschiedlichem Suchtkonsum – die Zahlen können wir später zum Beispiel mit denen aus dem Alkoholbereich vergleichen – bei der Bewältigung der Sucht zu helfen. Aber Sie haben offensichtlich nicht nur meiner Rede, sondern auch den vielen Vorträgen zuvor nicht zugehört.

Weil wir Cannabiskonsumenten in die Illegalität treiben

(Alexander Krauß [CDU/CSU]: Vollkommener Unsinn!)

und weil wir den Menschen zumuten, sich bei der Beschaffung obendrein andere Dinge einzufangen, erhöhen wir in diesem Land die Kosten im Gesundheitswesen und sorgen noch dafür, dass sich das Ganze verschlimmert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Nun fahre ich mit meiner Rede fort. Ich wäre kein Gesundheitspolitiker, wenn ich nicht kurz auf die Nutzung von Cannabis in der medizinischen Versorgung eingehen würde. Wir haben in der letzten Legislaturperiode hier etwas erreicht. Wenn ich mich recht entsinne, geht keine der Vorlagen darauf ein. Aber auch an dieser Stelle müssen wir noch einmal ansetzen; denn nach dem, was zumindest ich sowohl von Ärzten als auch von denjenigen höre, die die entsprechenden Medikamente brauchen, gibt es sowohl bei der Abgabe als auch bei der Beschaffung erhebliche Probleme. Da ist das Gesetz – das sage ich selbstkritisch – vielleicht noch nicht ausreichend. Da müssen wir noch einmal herangehen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum guten Schluss. Ich finde es gut, dass wir darüber erneut und mit Vehemenz diskutieren. Es ist gut und richtig, dass wir uns noch einmal der Frage zuwenden, wie wir eine Drogenpolitik insbesondere im Hinblick auf den Umgang mit Cannabis betreiben können, die wirklich für die Menschen da ist, die die Menschen nicht kriminalisiert, sondern dafür sorgt, dass sie gesundheitlich geschützt und nicht weiter gefährdet werden. Das wäre der richtige Weg; denn damit würden wir einen vernünftigen Jugendschutz auf die Beine stellen. Jugendschutz ist zwingend und erforderlich. Wir auf jeden Fall möchten gerne darüber beraten und freuen uns auf die anstehenden Beratungen. Ich bin sehr gespannt, was wir am Ende gemeinsam daraus machen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Rudolf Henke von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7203292
Wahlperiode 19
Sitzung 14
Tagesordnungspunkt Cannabis-Modellprojekte
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