Roland HartwigAfD - Humanitäre Katastrophe im Jemen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuschauer auf den Tribünen! Wir haben gestern schon sehr lange über den Krisenherd Nummer eins in der Welt, nämlich über den Nahen und Mittleren Osten, gesprochen. Und natürlich muss auch der Jemen in den Blick genommen werden, um ein vollständiges Bild zu zeichnen.
Ich möchte die vorliegenden Anträge in zwei Bereiche gliedern, zum einen in den Bereich „humanitäre Hilfe“ und zum anderen in den Bereich „Stopp von Waffenlieferungen in die Region“.
Was die geforderte humanitäre Hilfe im Jemen betrifft, so kann es hier keine zwei Meinungen geben. Die Situation im Land ist dramatisch. Schon vor dem Krieg war der Jemen eines der ärmsten Länder der Welt. Die Zahl der Opfer durch den Bürgerkrieg – es ist schon angesprochen worden – ist absolut dramatisch. Bislang sind über 10 000 Tote offiziell registriert worden; aber wir sind uns alle einig, dass die Dunkelziffer noch deutlich höher liegen dürfte. Über 3 Millionen Menschen sind auf der Flucht, über 7 Millionen Menschen, darunter auch Kinder und ältere Menschen, sind von Hungersnot betroffen. Man geht aktuell von 600 000 Choleraerkrankungen aus. Es droht hier also eine humanitäre Katastrophe der allerersten Größenordnung. Insofern geht der Antrag der Grünen ausnahmsweise in die richtige Richtung. – Jetzt wäre eigentlich Zeit für einen kleinen Applaus, wenn Sie sich das bei Beiträgen meiner Partei nicht untersagt hätten.
(Beifall bei der AfD – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht untersagt, aber es reicht dafür nicht! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Opfer! Sie armes Opfer!)
Der zweite Bereich, die Waffenlieferung in diese Region, ist wesentlich schwieriger. Warum das so schwierig ist, wird deutlich, wenn wir uns den Hintergrund der Situation vor Augen führen. Seit 2015 findet hier ein Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien auf der einen Seite und dem Iran auf der anderen Seite statt. Das heißt, es sind zwei der vier Länder beteiligt, neben Israel und der Türkei, die derzeit ganz wesentlich die Geschehnisse im Nahen und Mittleren Osten bestimmen und die natürlich auch im Jemen übergeordnete Interessen verfolgen. Damit wird auch deutlich, dass die deutsche Außenpolitik nur sehr begrenzt, wenn überhaupt, Einfluss auf die Entwicklungen im Jemen nehmen kann.
Bekanntermaßen blockiert hier Saudi-Arabien seit 2015 alle Häfen und Flughäfen des Landes. Das hat aber weder die USA noch Großbritannien davon abgehalten, Rüstungsgüter im Wert von mehreren Milliarden Dollar an Saudi-Arabien und seine Verbündeten zu liefern. Von daher war es sicherlich mehr als fraglich, dass die Bundesregierung noch Anfang 2017 den Export von Patrouillenbooten nach Saudi-Arabien gestattet hat. Es wäre nur konsequent gewesen, wenn die kommende GroKo vereinbart hätte, weitere Lieferungen zu stoppen.
(Beifall bei der AfD)
Wobei wir aufhören sollten, in diesem Hohen Hause von der „GroKo“ zu sprechen; denn so groß ist die Koalition gar nicht mehr. Sie kommt nach aktuellen Umfragen nur mit Mühe auf knapp 50 Prozent.
(Beifall bei der AfD)
Aber schauen wir auf die Zahlen. Allein in den Jahren 2013 bis 2015 wurden Waffen und Rüstungsgüter im Wert von fast 100 Milliarden Dollar an den Nahen und Mittleren Osten geliefert. Die drei Hauptexporteure waren die USA mit circa 75 Milliarden Dollar, die EU mit fast 12 Milliarden Dollar und Russland mit 7 Milliarden Dollar. Die Hauptabnehmerländer waren Saudi-Arabien mit 25 Milliarden Dollar und die Vereinigten Arabischen Emirate mit über 18 Milliarden Dollar. Beide sind Konfliktparteien im Jemen. Der Anteil Deutschlands an den Rüstungsexporten lag bei etwa 1 Prozent. Das heißt, selbst wenn wir diesen Anteil jetzt auf null reduzieren würden, bliebe die Gesamtsituation unverändert. Man muss also woanders ansetzen, wenn man wirklich Veränderungen will.
Das zeigt auch die heute schon angesprochene Reaktion von Saudi-Arabien auf das, was in der Koalitionsvereinbarung steht und möglicherweise gesagt oder auch nicht gesagt worden ist. Man ließ uns wissen, dass man sich die betroffenen Güter mühelos auch woanders beschaffen könne. Wenn man wirklich Veränderungen will, muss also bei der Lieferung von Waffen und Rüstungsmaterialien aus den USA, anderen EU-Ländern und Russland angesetzt werden.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Wir werden uns die Anträge der Grünen und der Linken, die in die Ausschüsse wandern werden, ganz genau anschauen. Wir sind sehr gespannt, welche konkreten Maßnahmen mit Blick auf Washington, London oder Moskau vorgeschlagen werden. Ich fürchte, da wird nicht viel Konkretes kommen, jedenfalls nichts, was in diesen drei Städten mehr als Heiterkeit auslöst, sofern man diese Vorschläge dort überhaupt zur Kenntnis nimmt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank, Herr Kollege Hartwig. – Als Nächste für die Freien Demokraten die Kollegin Renata Alt mit ihrer ersten Parlamentsrede.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7203442 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 15 |
Tagesordnungspunkt | Humanitäre Katastrophe im Jemen |