Bernd WestphalSPD - Aktuelle Stunde zu erneuten Steigerungen bei Rüstungsexporten
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Rüstungsexporte muss immer sehr sensibel behandelt und diskutiert werden. Die Entscheidungen unterliegen einer enormen Tragweite und müssen daher auch mit einer hohen Verantwortung getroffen werden.
(Beifall bei der SPD)
Klar ist, dass nach unserer Verfassung allein die Bundesregierung für diese Entscheidung zuständig ist und nicht das Parlament. Klar ist auch, dass wir mit den politischen Grundsätzen, nach denen die Genehmigungen erteilt werden, die strengsten und zurückhaltendsten Regelungen weltweit haben, auch wenn das hier teilweise bestritten wird.
(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch ein Märchen!)
Klar ist auch, dass wir in der letzten Legislaturperiode weitreichende Transparenz durchgesetzt haben, dass wir als Parlament zeitnah informiert werden und dass es umfassende Berichterstattungen über die Entscheidungen des Bundessicherheitsrates gibt. Daran kann man doch anknüpfen und feststellen, dass wir als Parlament etwas erreicht haben. Die Geschäftsordnung des Bundessicherheitsrates ist deswegen geändert worden. Das ist also etwas, was dieses Parlament erreicht hat, und das ist gut.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wundern muss man sich, dass trotz dieser erweiterten Transparenz falsche Zahlen zu Rüstungsexporten öffentlich kommuniziert werden.
(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Das sind die Zahlen, die Sie uns geschickt haben!)
Richtig ist, dass die Zahlen schwanken. Richtig ist aber auch, dass sie rückläufig sind. 2015 betrug das Volumen der Rüstungsexporte 7,8 Milliarden Euro, 2016 6,8 Milliarden Euro und 2017 6,24 Milliarden Euro.
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 2015 war ja auch das Hoch! Sie können ja mal mit 2013 oder 2014 anfangen! Dann sehen Sie mal die Entwicklung!)
Einzelne Großaufträge können die Jahreszahlen in die Höhe treiben wie zum Beispiel 2015, als es darum ging, vier Tankflugzeuge mit einem Volumen von über 1 Milliarde Euro nach England bzw. Panzer mit einem Volumen von 1,6 Milliarden Euro nach Katar zu liefern, oder auch 2013, als die Lieferung eines U-Boots nach Israel mit mehreren Hundert Millionen Euro in den Etat eingeflossen ist.
(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das soll jetzt positiv sein?)
Die Genehmigungswerte für 2017 wurden bei etlichen Großaufträgen maßgeblich durch Festlegungen der Vorgängerregierung dominiert. Mehr als ein Fünftel der gesamten Genehmigungswerte für Drittländer entfällt auf eine Fregatte an die algerische Marine. Diese Fregatte übernimmt Küstenschutzaufgaben. Dies wurde bereits 2012 genehmigt. Daran sieht man den Vorlauf und die Zeit, die zwischen Genehmigung und Auslieferung liegen. Gemeinsam mit einem U-Boot für Ägypten, dessen Export 2011 genehmigt wurde, machen zwei Großaufträge finanziell bereits einen Anteil von über einem Drittel an der gesamten Genehmigung für Drittländer aus.
Bleiben wir bei den Fakten. Finanziell wurden die Lieferungen von Kleinwaffen in Drittländer im Vergleich zur Periode 2010 bis 2013 fast halbiert. Die vorläufigen Kleinwaffenzahlen ergeben, dass der Wert für Drittländer unter dem Niveau des Vorjahres liegt. Deutschland hat eines der restriktivsten und strengsten Rüstungsexportkontrollsysteme weltweit.
(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wird nicht besser!)
Diese Kontrollsysteme sind gekennzeichnet durch ein engmaschiges Prüfsystem in der Außen- und Sicherheitspolitik, die entsprechende Gründe berücksichtigt. Es handelt sich dabei nicht um wirtschafts- oder arbeitsmarktpolitische, sondern um rein außen- und sicherheitspolitische Erwägungen. Die Bundesregierung prüft Anträge immer in Abhängigkeit vom Einzelfall. Es gibt keine pauschale Genehmigung von Exporten. Die eingeführten Post-Shipment-Kontrollen,
(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Zwei Kontrollen in zwei Jahren!)
also Kontrollen nach dem Versand, sind effizient und belegen, dass es hier einen wirksamen Kontrollmechanismus gibt.
(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Zwei Kontrollen in zwei Jahren! Sehr effizient!)
Nicht bei allen Rüstungsgütern handelt es sich um Waffen oder Panzer. Auch hier ist eine differenzierte Betrachtungsweise notwendig. Rüstungsgüter sind beispielsweise auch Minenräumgeräte zum Schutz von Zivilisten, Funkgeräte oder Sicherheitsglas für Botschaften, denen in Zeiten terroristischer Bedrohung eine besondere Bedeutung zukommt. Hier geht es darum, dass wir die Sicherheit der Beschäftigten in den deutschen Auslandsvertretungen gewährleisten müssen. Ganz wichtig: Rüstungsgüter sind auch sondergeschützte Fahrzeuge und Ausrüstungen für Friedensmissionen zum Beispiel der Vereinten Nationen. So wurden 2017 besonders geschützte Fahrzeuge an das Kinderhilfswerk UNICEF, die UN-Flüchtlingshilfe UNHCR oder das Welternährungsprogramm in Länder wie Afghanistan, Syrien, Jemen und Burundi geliefert. Auch diese Güter fließen in die Rüstungsexportstatistik ein.
Ich möchte Folgendes nicht unerwähnt lassen: Wer hier die Steigerung bei den Rüstungsgütern in Drittländer in den Jahren 2013 bis 2017 kritisiert, sollte auch die Gründe dafür nennen. Jedem ist klar, dass sich die internationale terroristische Bedrohungslage verändert hat, dass die Bedrohung zugenommen hat. Dem tragen einige Länder Rechnung, indem sie sich entsprechend ausrüsten. Sie wollen ihre Sicherheit garantieren. Ich denke, das ist ein legitimer Ansatz.
Es gibt noch viel zu den Behauptungen über Waffenlieferungen an die Türkei zu sagen. Hier hat der Außenminister klar Stellung genommen. Er hat darauf verwiesen, dass es im Zusammenhang mit der Freilassung von Deniz Yücel keine Kuppelgeschäfte gegeben hat.
(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Aber zeitlich sehr auffällig!)
Anderslautende Behauptungen sind falsch und widerlegt. Sie sollten sich an den Klarstellungen der Bundesregierung orientieren. Die Aussage von Regierungsseite ist eindeutig und bedarf keiner weiteren Interpretation. Sie sollten sich an die Wahrheit halten. In der Politik zahlt es sich aus, bei der Wahrheit und den Fakten zu bleiben.
(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Fangen Sie mal damit an!)
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Wort hat Professor Dr. Heiko Heßenkemper für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7205072 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 16 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu erneuten Steigerungen bei Rüstungsexporten |