Katja MastSPD - Vereinbarte Debatte zum Weltfrauentag
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor fast genau 99 Jahren hat Marie Juchacz als erste Frau im deutschen Parlament ihre Stimme erhoben und eine Rede gehalten. Sie hat damals darauf hingewiesen, dass das neugeschaffene Frauenwahlrecht keineswegs ein Anlass zur Dankbarkeit sei, sondern vielmehr eine Selbstverständlichkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich bin froh, dass ich heute einem Parlament angehöre, in dem es selbstverständlich ist, dass Männer und Frauen ihre Stimme erheben und Gestaltungsrechte in diesem Parlament haben.
Aber es ist heute eben noch nicht so, dass wir in allen gesellschaftlichen Bereichen Gleichberechtigung erreicht haben. Deshalb will ich für die SPD-Fraktion sagen: Wir hören erst auf, über Gleichberechtigung zu streiten, wenn Frauen und Männer die gleichen Rechte beim Sagen und beim Haben besitzen.
(Beifall bei der SPD)
Ich will Ihnen sagen, an welchen Punkten wir großen Handlungsbedarf sehen. Wir wollen, dass die Sorgearbeit und die Erwerbsarbeit zwischen Männern und Frauen partnerschaftlich aufgeteilt werden. Deshalb haben wir in dem Koalitionsvertrag, den wir mit CDU und CSU verhandelt haben, ein Riesenkapitel mit vielen Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf aufgenommen. Aber die SPD will noch einen Schritt weitergehen mit der Familienarbeitszeit, um die Sorgearbeit mit kleinen Kindern und auch die Pflegearbeit partnerschaftlich aufzuteilen.
(Beifall bei der SPD)
Deshalb haben wir ein Recht auf befristete Teilzeit und ein Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit vereinbart. Wir sind froh, dass wir das in der nächsten Koalition – hoffentlich – gemeinsam umsetzen können. Klar ist auch: Es würde an dieser Stelle noch besser aussehen, würde die SPD allein regieren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir wollen zum Zweiten, dass Frauen in Führungspositionen den gleichen Anteil am Sagen abbekommen. Wenn ich von Führungspositionen rede, dann bin ich froh, dass im Koalitionsvertrag ein starkes Kapitel zum öffentlichen Dienst steht. Wir würden uns aber noch mehr freuen, wenn es in Bezug auf die Privatwirtschaft genauso stark wäre,
(Beifall bei der SPD)
wenn wir die Quotenregelung in der Privatwirtschaft auf mehr Unternehmen ausdehnen könnten. Das sage ich nicht nur, weil es mir um Frauen in Führungspositionen geht, sondern das sage ich ganz bewusst, weil ich weiß: Es wird die Kultur in den Unternehmen ändern und auf allen Ebenen Frauen fördern.
(Beifall bei der SPD)
Deshalb wollen wir, dass sich die Bezahlung in den typischen Frauenberufen und typischen Männerberufen angleicht. Wir wollen, dass Frauen das Gleiche verdienen wie Männer. Deshalb arbeiten wir sehr beherzt an der Aufwertung von Pflege- und Heilberufen; wir haben das Entgelttransparenzgesetz auf den Weg gebracht. Das Ziel muss doch sein, dass wir in dieser Gesellschaft am Ende des Tages überhaupt nicht mehr über typische Männer- und Frauenberufe diskutieren.
(Beifall bei der SPD)
Deshalb wollen wir, dass Frauen und Männer gleichberechtigt in allen Parlamenten sitzen. Ja, es ist erbärmlich, dass der Frauenanteil im Deutschen Bundestag von knapp 37 Prozent auf 30 Prozent zurückgegangen ist. Die Parteien Mitte-links tragen dazu bei, dass es immerhin bei diesem Prozentsatz geblieben ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Darüber bin ich froh. Es geht nicht nur um den Bundestag, es geht auch um das Europaparlament, die Kommunalparlamente, um alle Parlamente, wo es um Haben und Sagen geht. Ich bin froh, dass es eine breite Bewegung gibt, die ein Paritätsgesetz einfordert, und zwar in ganz Europa und nicht nur in Deutschland.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir wollen gemeinsam erreichen, dass Frauen Gewalt im Alltag nicht mehr ausgesetzt sind. Deshalb werden wir ein großes Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder schnüren. Es gibt noch viele weitere Maßnahmen, zum Beispiel Teilzeitausbildung für Alleinerziehende möglich zu machen oder mit der Grundrente Altersarmut zu bekämpfen; es gibt noch viele weitere Bereiche, die Frauen betreffen. Diese Punkte gilt es auf die Agenda zu setzen, auch in den nächsten vier Jahren.
Im Koalitionsvertrag steht vieles, das ist eine gute Grundlage; aber er ist nicht alles. Der Grundsatz „Nein heißt Nein“, der im Gesetz zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung verankert ist, der Ausbau des Unterhaltsvorschusses, aber auch die Ehe für alle standen nie in einem Koalitionsvertrag. Deshalb ist es wichtig, dass man in Regierungsverantwortung den Kompass bewahrt und immer wieder die Dinge auf die Agenda setzt und gemeinsam mit der Zivilgesellschaft durchsetzt. Für uns, die SPD, bleibt klar: Für alle die Hälfte; das ist unser Ziel. Die Hälfte am Sagen, die Hälfte am Haben, die Hälfte bei der Arbeit und die Hälfte an der Freude.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Silvia Breher, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7205651 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 17 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte zum Weltfrauentag |