Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Den Abend des 19. Dezember 2016 werden wir sicher alle nie vergessen. Bei dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz wurden zwölf Menschen mitten aus dem Leben gerissen und mindestens 65 Personen schwer verletzt und traumatisiert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der internationale Terror ist uns sehr nahe gekommen – mitten ins Zentrum unserer Hauptstadt. Schon die vorangegangenen Anschläge waren nah, haben uns betroffen gemacht und internationale Solidarität ausgelöst. Aber dieser Anschlag hier, mitten im Zentrum von Berlin, ist uns allen, glaube ich, sehr nahegegangen.
Wir sind es den Opfern, den Angehörigen, den Freunden, den Hinterbliebenen schuldig, Antworten zu geben auf die Fragen, ob und wie dieser Terroranschlag hätte verhindert werden können, welche Fehler, welche Fehleinschätzungen, welche Versäumnisse es gab und – eine wichtige Frage – wer dafür die Verantwortung trägt. Die andere Frage ist: Was müssen wir tun, wie müssen wir die Strukturen, die Denk- und Arbeitsweisen der Sicherheitsbehörden verändern, aber auch was müssen wir in unserer Gesellschaft insgesamt verändern, damit sich ein solcher Fall – das ist unser gemeinsamer Wunsch – nie wiederholen kann?
Mit diesen Fragen haben sich parlamentarische Gremien bereits befasst. Wir hatten Untersuchungsausschüsse in Nordrhein-Westfalen und in Berlin; ein Sonderermittler der Berliner Landesregierung wurde eingesetzt. Auch hier im Bundestag haben wir uns damit bereits befasst, natürlich im Innenausschuss sowie im Parlamentarischen Kontrollgremium, und haben entsprechende Berichte verfasst. Wir als Gesetzgeber haben auch schon reagiert: Wir haben bereits Anfang des letzten Jahres, unmittelbar nach dem Anschlag, ein Gesetzespaket auf den Weg gebracht und damit erste Schlüsse aus einigen Versäumnissen, die wir damals bereits erkannt haben, gezogen. Das alles haben wir schon gemacht.
Nach reiflicher Überlegung, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir uns trotzdem entschlossen – das ist eine gute und richtige Entscheidung –, auch hier im Deutschen Bundestag einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzusetzen.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir setzen damit die Aufklärungsarbeit fort, die bereits geleistet wurde, und werden an diese Aufklärungsarbeit anknüpfen. Wir werden vor allen Dingen das Handeln der Bundesbehörden in den Blick nehmen; denn dafür sind wir hier zuständig. Wir fragen also: Was haben unsere Bundesbehörden falsch gemacht? Was gilt es zu verbessern?
Es wird aber auch um das gehen, was uns schon im Zusammenhang mit dem NSU-Komplex stark beschäftigt hat und was auch hier offenkundig nicht so gut klappte, nämlich um die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Behörden in den Bereichen Justiz, Polizei und Verfassungsschutz und um die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Das müssen wir anhand der mit dem Anschlag zusammenhängenden Sachverhalte noch einmal gründlich untersuchen.
Es gilt auch, die Zusammenarbeit auf europäischer und internationaler Ebene zu beleuchten; auch dazu bietet der Anschlag genügend Anlass.
Aus den Untersuchungsergebnissen wollen wir vor allen Dingen konkrete Verbesserungsvorschläge ableiten; auch das ist unsere gemeinsame Aufgabe. Wir wollen vor allen Dingen Vorschläge erarbeiten, wie wir, wenn ein solch schlimmes Ereignis zukünftig eintritt – was hoffentlich nicht der Fall ist –, auf Opfer und Hinterbliebene besser zugehen können, wie wir sie besser betreuen und behandeln können. Und wir wollen natürlich wissen, was wir bei den Sicherheitsbehörden verbessern können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Benjamin Strasser [FDP])
Ich möchte etwas Positives hervorheben, liebe Kolleginnen und Kollegen, weil das uns von der SPD-Fraktion und mir persönlich sehr wichtig ist: Wir legen hier einen guten Start hin, indem wir den Untersuchungsauftrag mit den Stimmen von fünf Fraktionen hier gemeinsam verabschieden.
Dass es uns gelungen ist, den Untersuchungsauftrag gemeinsam zu formulieren und den Einsetzungsauftrag tatsächlich zusammen auf den Weg zu bringen, ist wirklich ein großer Erfolg und ein – ich sage es noch einmal – guter Start.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Benjamin Strasser [FDP])
Mir persönlich ist diese Geschlossenheit sehr wichtig. Wir haben in den zwei NSU-Untersuchungsausschüssen mit dieser großen Geschlossenheit wirklich gute Erfahrungen gemacht. Wir sind beieinandergeblieben, wo es um das Aufklärungsinteresse geht. Das ist eine wichtige Voraussetzung. Dass die politischen Bewertungen am Ende natürlich andere sind, ist völlig in Ordnung. Aber dass wir erst einmal gemeinsam starten, ist wirklich sehr gut und ein großer Erfolg. Deswegen wünsche ich mir, dass dieser Untersuchungsausschuss in diesem Geist und in diesem Sinne arbeitet und am Ende wertvolle und wichtige Erkenntnisse zutage bringt.
Ganz herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt erteile ich das Wort der Kollegin Beatrix von Storch, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7205662 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 17 |
Tagesordnungspunkt | Einsetzung des 1. Untersuchungsausschusses |