01.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 17 / Tagesordnungspunkt 4

Fritz FelgentreuSPD - Einsetzung des 1. Untersuchungsausschusses

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute sind wir so weit, dass auch der Deutsche Bundestag mit einem eigenen Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der Vorgänge rund um den Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz beitragen wird.

Es ist ja richtig, was nicht erst heute meine Vorredner gesagt haben: Wir sind es den Opfern und ihren Angehörigen schuldig, das zu tun. Wir sind es aber auch uns selbst und unserem Auftrag als Volksvertreter schuldig. Denn wir überblicken die Entwicklung schon jetzt so weit, dass wir sagen können: Wir können und müssen besser darin werden, die Sicherheit der Bürger vor Terror zu gewährleisten. Das Zusammenspiel von Diensten und Polizeibehörden, von Bund und Ländern, von den für Migration zuständigen Ämtern hat nicht richtig funktioniert. Die aus gutem Grund geschaffene Schnittstelle, das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum, hat nicht die nötige Verbindlichkeit in der Gefahrenabwehr entwickelt.

Dass jemand wie Amri sich immer wieder mit neuen Identitäten anmelden konnte, beweist, dass wir nicht mit der nötigen Kontrolldichte den Überblick über personenbezogene Daten behalten haben.

Um hier in der Gesetzgebung weitere Fortschritte zu machen und im Gesetzesvollzug besser zu werden, muss der Untersuchungsausschuss die Schwachstellen aufdecken.

(Beifall bei der SPD)

Vor allem so kann sich unsere Arbeit bewähren.

Der Untersuchungsausschuss soll nun schnell aktiv werden. Opfer und Angehörige sollen nicht jahrelang im Ungewissen gelassen werden, wie sie es im Zusammenhang mit dem NSU-Prozess in München zu Recht immer wieder kritisiert haben.

Gleich zu Beginn ist ein Gespräch mit dem Beauftragten der Bundesregierung, Kurt Beck, geplant, um dessen Erwartungen an die Arbeit des Untersuchungsausschusses Gehör zu verschaffen. Was uns dabei besonders wichtig ist: Eine Begegnung mit Angehörigen und Opfern des Anschlags soll sich unmittelbar anschließen.

Bereits in der ersten Sitzung am heutigen Abend sind über 90 zum Teil umfangreiche Beweisbeschlüsse vorgesehen, um die Behörden zur Bereitstellung ihrer Akten zu veranlassen und um mögliche Zeugen für Vernehmungen durch den Ausschuss zu identifizieren. Danach wollen wir unverzüglich mit der praktischen Arbeit beginnen.

Dazu sind bislang drei Sachverständigenanhörungen vorgesehen, nämlich erstens zur föderalen Sicherheitsarchitektur, zweitens zum islamistischen Extremismus, zu Radikalisierungsprozessen, zur Vorbeugung gegen Radikalisierung sowie zur Deradikalisierung und drittens zum Asyl- und Aufenthaltsrecht sowie zum Zusammenwirken der beteiligten Behörden. Mit diesen Anhörungen wollen wir zum einen die Öffentlichkeit informieren und zum anderen alle Mitglieder des Untersuchungsausschusses auf denselben Kenntnisstand bringen.

Zugleich erhoffen wir uns von den Experten Hinweise darauf, wo Defizite im derzeitigen Rechtsrahmen oder im System der Sicherheitsbehörden bestehen könnten. Diese Erkenntnisse sollen die weitere Untersuchung anleiten. Es geht um die Vorbereitung darauf, die richtigen Fragen zu stellen, vor allem damit wir die Zeugen trotz des Umfangs und der Vielfalt des Materials fokussiert befragen können.

Wenn wir die Abläufe und die Verantwortlichkeiten im Vorfeld des Anschlags geklärt haben, werden wir uns der Frage zuwenden, ob und gegebenenfalls welche Veränderungen bei den Kompetenzen und ihrer Verteilung oder bei den praktischen Kapazitäten der Behörden notwendig sind.

Mit einem Wort: Unser Ziel ist es, Defizite im bestehenden System zu identifizieren, die Behörden bei der Erkennung und Abwehr von Gefahren zu stärken und damit den Bürgerinnen und Bürgern das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden und in unsere Schutzvorkehrungen zurückzugeben.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die SPD-Fraktion hat ein hohes Interesse an kollegialer Zusammenarbeit im Sinne unseres gemeinsamen Auftrags. Dieser Untersuchungsausschuss ist uns zu wichtig, um ihn als Waffe im Schlagabtausch der Parteien zu instrumentalisieren.

Dazu gehört aber auch, lieber Kollege Schuster, dass wir uns vielleicht darauf verständigen können, dass wir, wenn wir etwas gemeinsam inhaltlich beschließen, das auch gemeinsam tragen und nicht einzelne Fraktionen wie beispielsweise Die Linke an dieser Stelle nicht beteiligen, obwohl wir inhaltlich derselben Meinung sind.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich wünsche uns einen guten Anfang, ein konstruktives Klima und überzeugende Ergebnisse.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Stephan Mayer, CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Personen

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7205671
Wahlperiode 19
Sitzung 17
Tagesordnungspunkt Einsetzung des 1. Untersuchungsausschusses
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