Roman ReuschAfD - Zuständigkeit des Bundes bei der Gefahrenabwehr
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bleiben beim Thema: Bei einer erstaunlich großen Anzahl von Terroranschlägen in Westeuropa kam hinterher heraus, dass die Täter, wie es denn immer so schön hieß, der Polizei bereits bekannt waren, teilweise unter polizeilicher Beobachtung gestanden haben sollen. Im letzten Jahr ist es einem solchen beobachteten Täter, der mit einer elektronischen Fußfessel versehen war, gelungen, gemeinsam mit Mittätern einen katholischen Gottesdienst zu überfallen und dem Priester die Gurgel durchzuschneiden. Es ist ein klares Staatsversagen, das sich da zeigt – in mehreren Ländern.
(Beifall bei der AfD – Uli Grötsch [SPD]: Aber das war in der Bretagne! – Konstantin Kuhle [FDP]: Das war aber in Frankreich!)
In Deutschland hatten wir dieses Versagen auch. Wir haben eben den Namen Anis Amri mehrfach gehört. Auch Anis Amri war als Terrorgefährder bekannt. Teilweise wurde er observiert, bedauerlicherweise in der Tatnacht nicht.
Was ist zu tun? Es gibt mehrere Möglichkeiten, solche denkbaren Täter an einer Tat zu hindern:
Die erste ist die Observation rund um die Uhr. Schlicht unmöglich – aufgrund der hohen Zahl der Gefährder, die wir haben! Es handelt sich um mehrere Hundert. Das hat kürzlich der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz in aller Deutlichkeit noch einmal betont. Es geht nicht. Die Leute sind nicht da.
(Beifall bei der AfD)
Zweite Möglichkeit: Soweit sie Ausländer sind, könnte man sie abschieben. Das wäre eine tolle Idee, wenn sie denn funktionieren würde. Die Behörden haben die große Schwierigkeit, festzustellen, welche von den 26 Identitäten denn die richtige ist. Wenn sie sie gefunden haben, müssen sie Papiere finden. Es muss ein aufnahmebereites Land gefunden werden. Dann haben wir noch zahlreiche Abschiebeverbote, die aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte resultieren. Es klappt hin und wieder mal, aber es ist nicht die Lösung, weil es meist nämlich nicht klappt.
Also müssen wir uns der Frage zuwenden: Müssen wir die Leute einsperren? Wenn man das nicht will, zieht man immer sofort das Totschlagargument: verfassungswidrig. Man hört als Argument, man könne jemanden doch nicht bloß aufgrund eines Verdachts einsperren. Ach Göttchen! Machen wir täglich hundertfach in diesem unserem Land. Das nennt sich „Untersuchungshaftbefehl“; beruht auf einem dringenden Tatverdacht.
(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kleiner Unterschied!)
– Kleiner Unterschied; da haben Sie völlig recht.
Zweites Argument, das immer gebracht wird: Man kann doch keinen einfach unbefristet einsperren. Oje! Da haben wir den Maßregelvollzug. Sie werden in diesem Land unbefristet eingesperrt, wenn Sie psychisch krank sind und aufgrund der von Ihnen daraufhin ausgehenden Gefahr erhebliche Straftaten drohen. Die Unterbringung ist unbefristet. Es wäre auch widersinnig, zu sagen: Den müssen wir nach drei Monaten wieder rauslassen und auf die Menschheit loslassen, obwohl er nach wie vor gefährlich ist.
Wir haben die Sicherungsverwahrung. Dito! Bei Gefahren für Leib und Leben werden Sie unbefristet untergebracht. Wer sagt, das sei etwas völlig anderes, dazu habe es ja schon Urteile gegeben, der muss jetzt ganz stark sein: Schauen Sie in die Psychisch-Kranken-Gesetze der Länder! Danach haben Sie die Möglichkeit auf Nummer sicher zu gehen und einen Geisteskranken, der gefährlich ist, ohne vorherige Verurteilung unbefristet unterzubringen, wo er zwangsweise behandelt wird. Jetzt erkläre mir mal bitte einer, warum man einen gefährlichen Irren verfassungskonform unbefristet unterbringen kann, aber einen für die breite Bevölkerung deutlich gefährlicheren Fanatiker nicht einsperren darf! Das erzählen Sie mal irgendjemandem!
(Beifall bei der AfD)
Es führt also kein Weg daran vorbei: Wir müssen diese Leute, wenn wir uns vor ihnen schützen wollen, einsperren. Da gibt es auf Bundesseite einige Möglichkeiten, die wir sofort anwenden können. Es gibt bereits eine BKA-Zuständigkeit für den internationalen Terrorismus. Das funktioniert in der Praxis nur nicht, weil die Eingriffsvoraussetzungen sehr hoch und viel zu eng gefasst sind. Die Vorschrift läuft leer, zumal man bei internationalem Terror auch eine Norm im Strafgesetzbuch findet. Die Leute holt man mit einem Haftbefehl von der Straße. Das ist jetzt nicht unser Fall. Wir könnten im Ausländerrecht und im Asylrecht eine Vorschrift für die Haft vorsehen, und zwar dort, wo schon gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen im Gesetz enthalten sind.
Darüber hinaus haben wir aber ein Riesenproblem: Die Möglichkeit gibt es nur nach den Länderpolizeigesetzen. Dazu hat bereits unser noch amtierender Innenminister – jetzt ist er leider weg – in einem Vortrag im letzten Frühjahr darauf hingewiesen, dass wir hier Bundeskompetenzen brauchen. Selbstverständlich hat er recht. Es gibt diese Kleinstaaterei. Jeder Profi weiß, dass unser Föderalismus hin und wieder zu einem Sicherheitsproblem mutiert, nämlich immer dann, wenn wir Täter haben, die überregional agieren. Dann wird es schwierig. Das weiß jeder, der die Praxis kennt.
Hier müssen wir in Verhandlungen mit den Ländern eintreten, die wir sowieso mit ins Boot nehmen müssen. Es muss eine bundeseinheitliche Zuständigkeit geschaffen werden. In diesem Zusammenhang muss auch noch über vieles andere gesprochen werden.
Herr Reusch, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.
Gut. Ich bin auch schon fertig.
Ich freue mich jetzt auf die Versuche der Kollegen. Denken Sie an die Wähler, die zuhören. Erzählen Sie denen, weshalb wir leider, leider die Leute nicht einsperren können und sie leider, leider an ihren weiteren Taten nicht hindern können.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Nächster Redner ist der Kollege Stephan Mayer von der CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7205676 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 17 |
Tagesordnungspunkt | Zuständigkeit des Bundes bei der Gefahrenabwehr |