01.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 17 / Tagesordnungspunkt 5

Uli GrötschSPD - Zuständigkeit des Bundes bei der Gefahrenabwehr

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Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD macht in ihrem Gesetzentwurf völlig unverhältnismäßige und verfassungsrechtlich höchst bedenkliche Vorschläge, wie der Rechtsstaat mit ausreisepflichtigen Ausländern und Gefährdern umgehen soll.

(Enrico Komning [AfD]: Abschieben!)

Deshalb sage ich Ihnen: Wer Ihren Antrag und Ihren Gesetzentwurf aufmerksam liest, kommt sehr schnell zu dem Schluss, dass Sie von diesem Thema keine Ahnung haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei der AfD)

Deshalb werden wir die Bevölkerung, von der Sie vorgeben, sie schützen zu wollen, in den nächsten Jahren vielmehr vor Ihnen schützen müssen.

(Jürgen Braun [AfD]: Sie tun nichts! Sie tun gar nichts! – Dr. Alice Weidel [AfD]: Sie tun nichts!)

Wir haben insbesondere nach der Silvesternacht 2015 in Köln und nach dem Anschlag am Breitscheidplatz in Berlin

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Das sieht man an den Umfragewerten der SPD, dass sie nichts tut!)

umfassend und dennoch mit Augenmaß und eines Rechtsstaates würdig alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um Sicherheitslücken zu schließen.

(Beifall der Abg. Dr. Eva Högl [SPD])

Ich will es Ihnen, weil Sie es ganz offensichtlich nicht wissen, vielleicht noch einmal erklären.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Von Ihnen brauchen wir uns nichts erklären zu lassen!)

– Da haben Sie wahrscheinlich sogar recht, dass es sinnlos ist, es Ihnen zu erklären, weil es Ihnen bei diesem Thema gar nicht um die Wahrheit geht. Deshalb werde ich es Ihnen dort oben auf den Zuschauertribünen erklären, weil es für Sie ganz sicher um die Wahrheit geht.

Eines möchte ich auch noch sagen, Herr Reusch: Wenn Sie über unsere Verfassung und über den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte reden und deren Inhalte mit „Ach Göttchen“ abtun, dann sagt das viel über Ihr Verhältnis zu unserem Rechtsstaat, so wie wir ihn kennen und den wir auch in Zukunft erhalten wollen, aus.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir haben das Problem, dass Gefährder, die aufgrund von fehlenden Ausweispapieren nicht innerhalb von drei Monaten abgeschoben werden können, gesetzlich dahin gehend neu geregelt, dass sie in Zukunft bis zu 18 Monate in Abschiebehaft verbleiben können. Eines will ich ganz deutlich sagen: Eine Endloshaft für Gefährder wollen wir auch in Zukunft nicht, weil es für eine sehr lange Haftzeit einen sehr ernsten Grund geben muss.

Die Identitätsverschleierung im Asylverfahren ist in Zukunft nicht mehr möglich. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge darf das Handy eines Asylbewerbers auslesen und auswerten sowie medizinische Daten aus Attesten weitergeben. Ebenso hat sich die Qualität der Passprüfung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in den letzten Jahren erheblich verbessert.

Wir haben die Hürden zur Ausweisung von straffälligen Ausländern abgesenkt, sodass wir sie schneller abschieben können.

(Lachen der Abg. Dr. Alice Weidel [AfD] – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das passiert doch nicht!)

Das muss man jetzt auch tun. In diesem Bereich haben wir bei uns in Deutschland kein Regelungsdefizit.

(Enrico Komning [AfD]: Aber ein Vollzugsdefizit!)

Wir haben vielmehr eine der strengsten und härtesten Antiterrorgesetzgebungen der ganzen Welt. Man muss sie nur anwenden bzw. die Sicherheitsbehörden in die Lage versetzen, sie anwenden zu können.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Konstantin ­Kuhle [FDP] – Lachen bei Abgeordneten der AfD – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Sie regieren doch!)

Ich will den Fokus in dieser Debatte noch auf etwas anderes richten. Wenn man in Deutschland über Gefährder und Extremismus redet, reicht es nicht, nur über religiös begründeten Extremismus zu reden, sondern dann muss man auch noch über andere Gefährder sprechen. Deren Zahl ist auf dem Papier zwar nicht so groß wie die der islamistischen Gefährder, trotzdem ist ihr Gefahrenpotenzial genauso hoch. Ich spreche von den rechtsextremen Gefährdern.

(Enrico Komning [AfD]: G-20-Gipfel!)

– Es ist bemerkenswert, dass dieser Einwand gleich wieder Ihre Fraktion in Aufruhr versetzt.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Jan Korte [DIE LINKE] – Jürgen Braun [AfD]: Hätten Sie wohl gerne! – Weitere Zurufe von der AfD)

– Bleiben Sie ruhig, und hören Sie sich an, was ich Ihnen zu sagen habe!

Bei denen ist die Gefahr der Bildung von terroristischen Strukturen nämlich auch sehr groß. Das NSU-Trio – so sagen manche – bestand angeblich nur aus drei Rechtsterroristen – ich teile diese Auffassung ausdrücklich nicht –, der Schaden für Deutschland ist aber trotzdem immens gewesen.

Hundertprozentige Sicherheit kann und wird es nicht geben. Ziel einer guten Sicherheitspolitik muss es vielmehr sein, nach maximaler Sicherheit zu streben und dabei immer wieder die Abwägung von Freiheit und Sicherheit vorzunehmen. Solange die SPD in diesem Lande etwas zu sagen hat, können Sie sich darauf verlassen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Haha!)

Für die FDP spricht jetzt Konstantin Kuhle.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7205679
Wahlperiode 19
Sitzung 17
Tagesordnungspunkt Zuständigkeit des Bundes bei der Gefahrenabwehr
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