Lothar BindingSPD - Abschreibung für digitale Wirtschaftsgüter
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann direkt an Hans Michelbach anschließen. Der Applaus hat ja gezeigt: Wir üben schon ein bisschen die Große Koalition.
(Zuruf der Abg. Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die Förderung von Investitionen in die Digitalisierung von Unternehmen, aber auch die Förderung der Digitalisierung des Staates hat sich die künftige Koalition – hoffentlich kommt es dazu – vorgenommen. Das ist eine gemeinsame Aufgabe von uns. Klar: Die Abschreibungstabellen sind alt und müssen routinemäßig immer wieder überholt werden; denn die Innovationszyklen in Deutschland werden immer kürzer. Deshalb ist es sinnvoll, diese Tabellen immer wieder zu überarbeiten. Deshalb ist es auch gut, dass die FDP darüber nachdenkt und das aufgreift. Dieser Ansatz ist gut.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
– Dass ich das sage, ist logisch. Ich bin ja objektiv.
(Heiterkeit bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Schlecht ist dagegen, dass der von Ihnen genannte Anwendungsbereich im Beliebigen endet. Das birgt auch gewisse Gefahren. Das grundsätzliche Problem ist, dass mit den Begriffen, die Sie benutzen, wie „digitale Innovationsgüter“ und „digitale Transformation“, die Reichweite des Gesetzes überhaupt nicht mehr definiert ist. Wenn die Reichweite eines Gesetzes völlig offen ist – Sie schütteln den Kopf; dann müssen Sie es mir noch definieren –, dann ist es relativ unbestimmt, und das macht große Probleme.
(Abg. Markus Herbrand [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Herr Binding, gestatten Sie eine Zwischenfrage von der FDP?
Ich würde sagen: Das machen wir später. Er kann es vielleicht später in einer Replik anfügen. – Nach dem Bauchgefühl ist es gut, eine maximale Nutzungsdauer bei Software oder digitalen Gütern von drei Jahren vorzusehen. Aber es ist so – das wurde gerade schon gesagt –, dass die Nutzungsdauer objektiven Kriterien zu folgen hat
(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: So ist das!)
und nicht einfach, aus einem Gefühl heraus, pauschaliert angesetzt werden darf.
(Beifall bei der SPD)
Die Frage ist, ob es überhaupt der richtige Ansatz ist, ERP-Software – Enterprise-Resource-Planning-Software –, die sich auf Ressourcen, Kapital, Personal, Betriebsmittel, Material, IuK und IT-Technik bezieht, pauschal anzusetzen. Ich sage einmal: Das ist sehr grobschlächtig. Dass das geht, müsste die FDP erst noch zeigen. Die tatsächliche Nutzungsdauer haben Sie mit der Festlegung auf drei Jahre möglicherweise überhaupt nicht erfasst.
Jetzt kreuzen sich zwei Dinge, die dann eine Gefahr vergrößern: nämlich die beliebig festgesetzten Abschreibungszeiträume mit einer unbestimmten Menge nicht näher definierter Wirtschaftsgüter. Wenn sich diese beiden kreuzen, können Sie gar nicht mehr beschreiben, worum es eigentlich geht. Das ist keine gute Gesetzesgrundlage.
(Beifall bei der SPD)
Überhaupt muss man sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen: von der technischen Nutzungsdauer abgekoppelte Abschreibungszeiträume. Wenn wir das entsprechend fortführen, dann sind wir schnell bei einer pauschalen Begünstigung. Pauschale Begünstigung ist nahe an der Subvention. Dann müssten Sie den nächsten Subventionsbericht umschreiben.
Das ist einfach gefährlich.
(Beifall bei der SPD)
Möglicherweise – das ist vielleicht ein Gedanke, der Ihnen hilft – ist schon mehr passiert, als Ihr Antrag intendiert. Denn die Aufrüstung solcher Systeme ist ja als Erhaltungsaufwand sofort abziehbar. Wenn man das mit einbezieht, merkt man: Auch was die Schlagkraft angeht, läuft Ihr Antrag sehr schnell ins Leere, und das ist natürlich schwierig.
Noch etwas anderes kommt hinzu: Ihr Antrag hat einen ganz starken Binnenblick. Selbst wenn man ihn teilt, darf man nicht so wie Sie vergessen, dass wir in Europa über die GKKB nachdenken, die Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage. Im Rahmen dieser Arbeiten müssen natürlich auch die AfA-Tabellen überarbeitet werden. Das muss man mit in den Blick nehmen, wenn man eine europarechtstaugliche Gesetzgebung vorlegen will.
Zu den Wertgrenzen bei geringwertigen Wirtschaftsgütern hat Hans Michelbach schon etwas gesagt. Sie wollen sie in diesen unbestimmten Anwendungsfällen jetzt einfach mal eben auf 2 000 Euro anheben, nachdem wir sie gerade um 100 Prozent angehoben haben. Sie sagten, da sei noch mehr möglich. Ja, mehr ist immer möglich. Aber auch Sie haben den Auftrag, den Fiskus sozusagen vor der Auszehrung zu schützen. Sie haben den Hinweis auf die Haushälter selber gegeben.
(Beifall bei der SPD)
Da merkt man, was passiert.
Die 7g-Abschreibung, die gegenwärtig auf bewegliche Güter des Anlagevermögens beschränkt ist, auf immaterielle Wirtschaftsgüter zu erweitern, ist eine gute Anregung, die wir sicherlich auch in die Gesetzgebungsverfahren mitnehmen, die wir uns für die nächsten vier Jahre vorgenommen haben.
Sie merken: Ihr Antrag hat keine schlechten Ansätze. Aber sie sind nicht hinreichend für ein ordentliches Gesetz.
Schönen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nächster Redner ist Albrecht Glaser für die AfD.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7205694 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 17 |
Tagesordnungspunkt | Abschreibung für digitale Wirtschaftsgüter |