01.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 17 / Zusatzpunkt 2

Torsten HerbstFDP - Kostenloser Öffentlicher Nahverkehr

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Rede vom Kollegen Hofreiter war ich gleich doppelt verwundert, einmal weil er an seinem Antragsthema vorbei geredet hat, zum anderen weil er offensichtlich ein Kunststück vollbringen wollte. Mit dem Thema „Kostenloser ÖPNV“ ein totes Pferd noch einmal zu reiten, das schaffen auch wirklich nur die Grünen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Die Bundesregierung hat sich mit ihrem Vorschlag bereits blamiert, weil die angeblich auserkorenen Modellstädte diesem Vorschlag gar nicht folgen wollen. Nachdem das Thema tot ist, springen Sie mit voller Begeisterung in die Fußstapfen der Bundesregierung. Grüne Ideologie; aber mit Praxis und Realitätssinn hat das nichts zu tun.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Bernd Baumann [AfD])

Natürlich können wir über saubere Luft diskutieren. Ich glaube, Sie finden keinen Parlamentarier hier im Plenum, der nicht saubere Luft will.

(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Doch! Die AfD!)

Aber angesichts Ihres Redebeitrags, Herr Hofreiter, habe ich gar nicht den Eindruck, dass es Ihnen wirklich um saubere Luft geht. Ich habe den Eindruck: Für Sie sind das Feindbild der Autofahrer und die individuelle Mobilität, und Sie wollen nicht ruhen, bis das letzte Auto stillgelegt ist.

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nicht zugehört!)

Das ist nicht unser Ansatz.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Das Schöne angesichts der vielen Fraktionen ist, dass man die Unterschiede gut sieht. Sie wollen mit dem Ökoholzhammer den Autofahrer – Ihr Feindbild – dazu erziehen, sein Auto stehen zu lassen. Wir wollen individuelle Freiheit ermöglichen und jedem Bürger die Entscheidung überlassen, wie und mit welchem Verkehrsmittel er sich fortbewegt.

(Beifall bei der FDP – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

– Sie lachen über Ihren eigenen Antrag, weil Sie jetzt merken, dass er keine Grundlage hat.

Wundern Sie sich eigentlich nicht, dass selbst die vorgeschlagenen Modellstädte den Vorschlag des zu 100 Prozent steuerfinanzierten ÖPNV ablehnen? Sie argumentieren zu Recht, dass es bei einem attraktiven ÖPNV um ganz andere Sachen geht. Es geht um kurze Taktzeiten. Es geht um moderne Fahrzeuge. Es geht um bequeme Umsteigemöglichkeiten. Es geht um eine einfache Tarifstruktur und um digitale Tickets. All das würde den ÖPNV viel attraktiver machen als die angebliche Kostenfreiheit.

(Beifall bei der FDP)

Im Übrigen folgen Ihnen nicht nur die besagten Städte nicht; auch die Verkehrsunternehmen selbst tun es nicht. Haben Sie das mal hinterfragt? Ich komme aus Dresden. Wir haben ein sehr leistungsfähiges Verkehrsunternehmen. Die Dresdner Verkehrsbetriebe gehören bundesweit zu den besten, und sie generieren viele Einnahmen über die Ticketverkäufe. Was sagt der DVB-Vorstand? Er sagt: Wir befürchten, dass die Kundenorientierung verloren geht, wenn wir kostenlos werden. Er sagt wortwörtlich:

Wir wollen durch Qualität punkten und nicht dadurch, kostenlos zu sein.

Recht hat der gute Mann.

(Beifall bei der FDP – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist der falsche Adressat!)

Wenn wir über saubere Luft reden, sollten wir vielleicht einmal in größerem Zusammenhang denken und nicht den Ökoholzhammer gegen Autofahrer und Autoindustrie schwingen. Setzen wir doch auf technische Innovationen statt auf Verbote! Setzen wir auf vernetzte Verkehre statt auf Autohass! Das ist genau der Unterschied zwischen Ihrem und unserem Ansatz.

(Beifall bei der FDP)

Wenn man vernetzt und größer denkt, dann merkt man, dass es ein ganzes Paket von Maßnahmen gibt, mit dem wir unsere Innenstädte noch attraktiver machen können. Natürlich gehört ein attraktiver ÖPNV dazu. Aber es gibt auch neue digitale Mobilitätskonzepte. Solange wir ein Personenbeförderungsgesetz haben, das diese neuen Angebote unterdrückt, müssen wir uns nicht wundern, dass die Gesamtattraktivität niedriger ist, als wir es uns vielleicht wünschen.

Herr Kollege Herbst, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber gerne.

Herr Kollege Herbst, eben hat der Kollege Krischer schon dargestellt, dass es sich bei dem Antrag um den Brief der Bundesregierung an die Europäische Union handelt. Wenn Sie nun aus diesem Antrag herleiten, dass die Grünen Autos hassen – das ergibt sich auch aus Ihren weiteren Ausführungen –, dann provozieren Sie die Frage, ob Sie der Bundesregierung die gleiche Einstellung unterstellen. Ich frage also: Wollen Sie behaupten, dass die Bundesregierung aus SPD und CDU/CSU, wie Sie es den Grünen unterstellen, das Auto hassen? Oder ist das Quatsch, den Sie geäußert haben, weil Sie noch Redezeit hatten?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Überlegen Sie sich die Antwort sehr gut!)

Die Antwort ist ganz einfach. Ich hätte zum einen von den Grünen erwartet, dass Sie mehr Kreativität haben. Stattdessen machen Sie Copy-and-paste mit einem Brief der Bundesregierung.

(Beifall bei der FDP)

Zum anderen finde ich, dass der kostenlose ÖPNV eine Schnapsidee der Bundesregierung war. Dass diese Idee bei den Kommunen, die als Modellkommunen vorgeschlagen wurden, auf Ablehnung gestoßen ist, spricht ja Bände.

(Beifall bei der FDP)

Wie ich gerade sagte, geht es darum, ein attraktives Gesamtpaket zu machen, mit dem wir zukünftig urbane Mobilität organisieren. Dazu gehört es eben auch, den Verkehr wieder rollen zu lassen. Aber es gehört nicht dazu, liebe Grüne, funktionierende Hauptstraßen zurückzubauen, weil dadurch Staus und mehr Emissionen entstehen. Wenn Fahrzeuge rollen, dann gibt es auch weniger Emissionen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Herbst. Ihre Redezeit ist bedauerlicherweise zu Ende. Sie haben noch einen letzten Satz.

Meine Damen und Herren, wir setzen nicht, wie gesagt, auf einen steuerfinanzierten, sondern auf einen besseren und leistungsfähigeren ÖPNV.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Für die Fraktion Die Linke spricht nun der Kollege Andreas Wagner. Es ist seine erste Parlamentsrede.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7205890
Wahlperiode 19
Sitzung 17
Tagesordnungspunkt Kostenloser Öffentlicher Nahverkehr
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