01.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 17 / Tagesordnungspunkt 11

Detlev SpangenbergAfD - Finanzielle Eigenanteile in Pflegeheimen

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „ Eigenanteile in Pflegeheimen senken – Menschen mit Pflegebedarf finanziell entlasten“ lautet die Überschrift des Antrags der Fraktion Die Linke.

Deutschland – ein Land, in dem wir gut und gerne leben: Wir kennen diesen Spruch alle.

Die Menschen, um die es hier geht, leben gerne in diesem Land. Offensichtlich leben sie aber nicht gut in diesem Land, zumindest einige oder relativ viele nicht. Es geht somit um Menschen, die besondere Hilfe im Alter benötigen. Dabei handelt es sich um ehemalige Leistungsträger der Gesellschaft, die das erwirtschaftet haben, was wir heute hier genießen. Insofern ist es eine Schande, dass wir über so etwas überhaupt reden müssen.

(Beifall bei der AfD)

Wir stimmen mit Ihnen überein, dass eine unwürdige Behandlung im Alter nicht hinzunehmen ist. Insofern ist der Antrag der Linken ehrenhaft. Die Vorschläge, die Sie darin machen, widersprechen aber allen betriebswirtschaftlichen Gesetzen.

Tatsache ist, dass ein Pflegeheim ein Privatunternehmen ist und somit gewinnorientiert arbeiten muss.

(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt gar nicht! Es gibt auch gemeinnütze und kommunale!)

Der Geldgeber, der ein Heim errichtet, muss natürlich eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals erreichen. Ansonsten würde er dieses Heim nicht bauen. Das haben Sie vermutlich übersehen. Vorzuschreiben, dass die Betreiber keine höheren Kosten ansetzen dürfen, obwohl diese vorhanden sind, ist, gelinde gesagt, betriebswirtschaftlicher Unsinn.

(Beifall bei der AfD)

Die Kostensteigerung resultiert auch aus der Erhöhung der Nebenkosten, verursacht durch den Staat, der somit für die höheren Belastungen auch verantwortlich ist.

Auf die nicht privaten Träger gehen Sie im Antrag erst gar nicht ein. Man könnte zwar überlegen, ob Pflegeheime nicht als Pflichtaufgabe ohne Gewinnerzielungsabsicht zu führen sind.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Das wäre doch etwas!)

Das würde aber dem Wettbewerbsgedanken widersprechen.

Welche Lösungen gibt es denn, um den Pflegebedürftigen zu helfen? Die Forderung, die Sie im Punkt 3 aufmachen

(Zuruf des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])

– hören Sie mir erst einmal zu; dann können Sie herummeckern –, nämlich die Übernahme der krankenpflegerischen Leistungen im Pflegeheim durch die Krankenkasse und nicht durch die Pflegeversicherung, ist richtig und nachvollziehbar, auch bezogen auf die Milliardenüberschüsse der Krankenkassen. Dazu gehören beispielsweise Wundbehandlungen, Blutentnahme, Blutdruckmessen, Insulin usw. usf. Wenn die hier genannten medizinischen Leistungen, die durch die Pflegekräfte erbracht werden, den Krankenkassen in Rechnung gestellt werden könnten, wäre das eine große Entlastung. Das würde die Kosten senken.

Darüber hinaus ist es natürlich auch nicht hinnehmbar, dass diejenigen Pflegebedürftigen, die auf Unterstützung angewiesen sind, weil zum Beispiel für einen Heimplatz, der 3 000 Euro kostet, die Rente nicht ausreicht, von ihrer Rente nur den sogenannten Barbetrag – gleich ein Taschengeld in Höhe von 112 Euro – selbst behalten dürfen. Meine Damen und Herren, das ist eine Schande. 112 Euro!

(Beifall bei der AfD)

112 Euro bekommen die Menschen, die dieses Land mit aufgebaut haben. Sie haben aber auch Bedürfnisse. Sie müssen zum Friseur; sie müssen etwas einkaufen; sie haben auch Enkel und wollen mal ein Geschenk machen.

112 Euro! Überlegen Sie sich das einmal. Ich glaube, einige von Ihnen denken sich: Ich komme ohnehin nicht in diese Lage. Was interessieren mich diese 112 Euro?

(Beifall bei der AfD – Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So eine Aussage ist einfach nur widerlich!)

Das Schonvermögen von 5 000 Euro ist bezogen auf die Lebensleistung dieser Personengruppe ebenfalls nicht akzeptabel.

(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Widerliche Unterstellungen!)

– Ich weiß nicht, warum Sie sich immer aufregen. Ich trage doch bloß Tatsachen vor.

Ein weiterer Punkt, auf den Sie nicht eingehen, sind die unterschiedlichen Pflegesätze für die häusliche Pflege. Die Pflegesätze der ambulanten Pflegedienste sind fast doppelt so hoch wie die Sätze für die Pflege zu Hause, also der nichtambulanten Pflege. Das heißt, der Unterschied ist gewaltig. Das bedeutet natürlich auch, dass die Angehörigen wenig Interesse an Pflege zu Hause haben – teilweise können sie es auch gar nicht –, weil sie durch die geringen Mittel, die ihnen zur Verfügung stehen, benachteiligt sind.

Hier ist es geboten, die Leistungssätze in § 37 Sozialgesetzbuch XI an die in § 36 Sozialgesetzbuch XI anzupassen: erstens aus Gründen der Gerechtigkeit gegenüber denjenigen, die zu Hause pflegen – man denke an die anfallende Belastung –, und zweitens, weil dadurch die gesamte Nachfrage nach Aufnahme in ein Pflegeheim verringert werden kann, was zu einer Senkung der Angebotspreise der Pflegeeinrichtungen führen könnte. Das scheinen Sie auch zu meinen, haben es aber nicht explizit aufgeführt; zumindest habe ich Ihren Antrag so verstanden.

Trotzdem bliebe ein Problem, welches wir generell im Gesundheitswesen haben: Die Beiträge werden hoheitlich eingetrieben, die Ausgaben aber werden durch Private getätigt – mit einer nur eingeschränkten Möglichkeit der Kontrolle, inwieweit die Kostenstruktur in den Pflegeheimen angemessen ist.

Fazit: Der Antrag ist in der Sache richtig, substanziell aber unzureichend. Das Problem zu hoher Eigenanteile muss aber angegangen werden, weil es hier um Menschen geht, die ein Recht darauf haben, anständig leben zu können. Nicht zu vergessen, meine Damen und Herren: Es könnte jeden von uns auch einmal treffen. Daran sollten wir ab und zu auch einmal denken.

Recht vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort hat die Abgeordnete Nicole Westig für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7205952
Wahlperiode 19
Sitzung 17
Tagesordnungspunkt Finanzielle Eigenanteile in Pflegeheimen
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