02.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 18 / Tagesordnungspunkt 14

Axel MüllerCDU/CSU - Deutsch als Landessprache

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Nein, das werde ich nicht tun. Aber ich möchte vorwegschicken, dass ich mich als Baden-Württemberger, als Schwabe darüber freue, hier zu dem Thema „Deutsch als Landessprache“ sprechen zu dürfen;

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)

denn wir können ja bekanntlich alles außer Hochdeutsch.

Zur Sache. Die AfD hat beantragt, dass Deutsch als Landessprache im Grundgesetz festgeschrieben wird. Inhaltsgleiche Anträge hat die AfD in den Landesparlamenten von Baden-Württemberg, Thüringen und Brandenburg gestellt, jeweils mit dem Ziel der Aufnahme in die jeweilige Landesverfassung. Diese Anträge sind gescheitert.

(Stephan Brandner [AfD]: Schade!)

Wenden wir uns dem heutigen Antrag zu. Im Grundgesetz – ich versuche, die Debatte etwas zu versachlichen – fehlt eine ausdrückliche Nennung einer Gesetzgebungskompetenz für Deutsch als Landessprache.

(Stephan Brandner [AfD]: Genau deshalb wollen wir es aufnehmen, Herr Kollege!)

Die Sprache kann jedoch in Ergänzung zu Artikel 22 des Grundgesetzes – das ist allgemeine Rechtsansicht, Herr Brandner; das müssten auch Sie wissen – neben dem Sitz der Landeshauptstadt und den Farben der Landesflagge aufgenommen werden. Ihr Verweis auf die Österreichische Verfassung erübrigt sich; denn – ein Kollege hat es vorhin schon gesagt –: Das Grundgesetz ist in Deutsch geschrieben, es wendet sich in zahlreichen Artikeln und an vielen Stellen an die Deutschen. Es ist also eine Selbstverständlichkeit, dass das Grundgesetz dem Deutschen einen Verfassungsrang zubilligt.

Es stellt sich die Frage, ob das, was Sie wollen, notwendig oder zweckmäßig ist, wenn damit lediglich – das ist das Ergebnis meiner Untersuchungen – eine Symbolik verbunden ist. Darüber lässt sich sicher trefflich streiten. Die CDU kam bei zwei Bundesparteitagen – 2008 und 2016 – zu dem Ergebnis, dass man dieser Symbolik Rechnung tragen solle und Deutsch ins Grundgesetz aufnehmen möge. Auch ich habe dem zugestimmt; das will ich nicht verhehlen. Ich habe damals zu Protokoll angemerkt, dass man dann Anglizismen bitte aus dem Parteiprogramm herausstreichen möge.

Eine Klarstellung, dass Deutsch Landessprache ist, ist aber nicht erforderlich; denn Deutsch ist die Sprache staatlichen Handelns. In § 184 des Gerichtsverfassungsgesetzes und § 23 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ist jeweils festgeschrieben, dass die Gerichts- und Amtssprache Deutsch ist. Ich bin als Vorsitzender Richter einer Strafkammer niemals davon abgewichen, abgesehen von vereinzeltem Abgleiten in den Dialekt.

Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass es Ihnen darauf ankommt, die Sprache als Medium unserer sprachlichen Kultur zu erhalten. In Anbetracht der vielfach um sich greifenden Anglizismen könnte dies sicherlich Sinn machen. Frühere AfD-Anträge haben das in ihren Begründungen ausdrücklich ausgeführt. Da muss ich Ihnen aber sagen, Herr Brandner: Fangen Sie bitte in Ihrem eigenen Wahlprogramm damit an! Dort finden sich Worte wie „Bodycam“, „Taser“, „Failed States“, Genderstudies“.

(Christian Dürr [FDP]: Was? Unglaublich! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das gibt es doch nicht! Parteiausschlussverfahren!)

Ja, eines Ihrer Mitglieder publiziert seit Jahren akademisch nur in englischer Sprache.

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Überhaupt wird Ihr Wahlprogramm als Verständigungsmittel der deutschen Sprache nur unzureichend gerecht. Eine Überprüfung Ihres Programms im Rahmen eines Vergleichs mit anderen Programmen durch die Universität Hohenheim im Jahr 2017 ergab, dass das AfD-Programm das am wenigsten verständliche ist. Auf einer Skala von 0 bis 20 erreichte Ihr Programm gerade einmal den Wert von 7,3. Gott sei Dank sind wir mit unserem Programm an der Spitze gewesen. Das liegt vielleicht auch daran, dass wir keine Sätze mit 63 Wörtern bilden, um zu erklären, wie wir uns den Strafvollzug ausländischer Strafgefangener vorstellen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In meiner Zweitausbildung als Mediator habe ich irgendwann einmal gelernt, dass man immer nach dem wahren Interesse eines Standpunktes oder einer Haltung fragen möge. Welche Ziele verfolgen Sie denn wirklich? Entgegen Ihrer Behauptung wollen Sie doch nicht die deutsche Sprache als verbindendes Element der in Deutschland lebenden Menschen in die Verfassung aufnehmen; denn im besonderen Teil Ihres Antrags führen Sie aus, dass künftig in der öffentlichen Kommunikation staatlichen Handelns den Institutionen Vorgaben gemacht werden können. Im gleichlautenden Antrag in Baden-Württemberg haben Sie ausdrücklich vermerkt, dass das die Rechtsgrundlage dafür bilden soll, dass beispielsweise Formulare staatlicher Behörden nicht mehr mehrsprachig ausgegeben werden.

Herr Kollege Müller, achten Sie bitte auf Ihre Redezeit.

Ich bin sofort fertig, Herr Präsident.

Danke.

Ziel Ihres Antrags ist es also, die Menschen, die kein oder nur unzureichend Deutsch sprechen, auszugrenzen, sie fernzuhalten von den Einrichtungen oder Leistungen dieses Staates. Das ist aber genau das Gegenteil dessen, was Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes festschreibt.

(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dort heißt es nämlich ausdrücklich, dass niemand wegen seiner Sprache benachteiligt werden darf . Daher unterstützen wir Ihren Antrag, weil er so nicht verfassungskonform ist, nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: War wohl ein Rohrkrepierer!)

Damit schließe ich die Aussprache.

Interfraktionell ist Überweisung des Gesetzentwurfs auf der Drucksache 19/951 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Dann rufe ich die Tagesordnungspunkte 15 a und 15 b auf:

a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Christian Lindner, Alexander Graf Lambsdorff, Michael Georg Link, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen vom 30. Oktober 2016 zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus Ernst, Fabio De Masi, Susanne Ferschl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Den Rechtsstaat stärken – Multilateralen Investitionsgerichtshof ablehnen und Paralleljustiz für Konzerne stoppen

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. – Mangels Widerspruch ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Kollegen Gerald Ullrich, FDP, zu seiner ersten Rede im Deutschen Bundestag.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7206232
Wahlperiode 19
Sitzung 18
Tagesordnungspunkt Deutsch als Landessprache
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